werden. Es werden dergleichen übelbeschaf- fene Regierungs-Arten unterschiedene Benen- nungen beygelegt. Also wird eine böse Mo- narchie eine Tyranney genennt, eine lasterhaff- te Regierung einiger von denen Vornehmsten eine oligarchie, eine übel eingerichtete Regie- rung des Volcks eine ochlocratie. Wiewohl auch gar öffters durch dergleichen Benennun- gen diejenige, die sich deren bedienen, nicht so wohl eine gebrechliche und mangelhaffte Re- gierungs-Form, als ihren Verdruß und jalou- sie gegen die gegenwärtige Regierung exprimi- ren. Denn wenn ein gewisser Souverain ih- nen nicht recht anstehet, so nennen sie auch wohl einen rechtschaffenen und vernünfftigen Regen- ten, der seine Verordnungen ein wenig scharff oxequiret, einen Tyrannen: Also wenn auch einer aus einen gewissen Reichs-Senat excludi- ret wird, da er doch meynet, er sey den übrigen entweder an Qualitäten gleich oder übertreffe sie noch wohl gar, so hält er die andern vor solche Leute, die nur aus Ehrgeitz über die andern herrschten. Jngleichen mocquiren sich auch einige über die Democratien, wenn sie sehen, daß solche gemeine Leute bey den Regierungs- Sachen so viel mit zu sagen haben, da sie den- cken, sie seyn weit vernünfftiger und geschickter als sie.
§. 15.
werden. Es werden dergleichen uͤbelbeſchaf- fene Regierungs-Arten unterſchiedene Benen- nungen beygelegt. Alſo wird eine boͤſe Mo- narchie eine Tyranney genennt, eine laſterhaff- te Regierung einiger von denen Vornehmſten eine oligarchie, eine uͤbel eingerichtete Regie- rung des Volcks eine ochlocratie. Wiewohl auch gar oͤffters durch dergleichen Benennun- gen diejenige, die ſich deren bedienen, nicht ſo wohl eine gebrechliche und mangelhaffte Re- gierungs-Form, als ihren Verdruß und jalou- ſie gegen die gegenwaͤrtige Regierung exprimi- ren. Denn wenn ein gewiſſer Souverain ih- nen nicht recht anſtehet, ſo nennen ſie auch wohl einen rechtſchaffenen und vernuͤnfftigen Regen- ten, der ſeine Verordnungen ein wenig ſcharff oxequiret, einen Tyrannen: Alſo wenn auch einer aus einen gewiſſen Reichs-Senat excludi- ret wird, da er doch meynet, er ſey den uͤbrigen entweder an Qualitaͤten gleich oder uͤbertreffe ſie noch wohl gar, ſo haͤlt er die andern vor ſolche Leute, die nur aus Ehrgeitz uͤber die andern herrſchten. Jngleichen mocquiren ſich auch einige uͤber die Democratien, wenn ſie ſehen, daß ſolche gemeine Leute bey den Regierungs- Sachen ſo viel mit zu ſagen haben, da ſie den- cken, ſie ſeyn weit vernuͤnfftiger und geſchickter als ſie.
§. 15.
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werden. Es werden dergleichen uͤbelbeſchaf-
fene Regierungs-Arten unterſchiedene Benen-
nungen beygelegt. Alſo wird eine boͤſe Mo-
narchie eine Tyranney genennt, eine laſterhaff-
te Regierung einiger von denen Vornehmſten
eine oligarchie, eine uͤbel eingerichtete Regie-
rung des Volcks eine ochlocratie. Wiewohl
auch gar oͤffters durch dergleichen Benennun-
gen diejenige, die ſich deren bedienen, nicht ſo
wohl eine gebrechliche und mangelhaffte Re-
gierungs-Form, als ihren Verdruß und jalou-
ſie gegen die gegenwaͤrtige Regierung exprimi-
ren. Denn wenn ein gewiſſer Souverain ih-
nen nicht recht anſtehet, ſo nennen ſie auch wohl
einen rechtſchaffenen und vernuͤnfftigen Regen-
ten, der ſeine Verordnungen ein wenig ſcharff
oxequiret, einen Tyrannen: Alſo wenn auch
einer aus einen gewiſſen Reichs-Senat excludi-
ret wird, da er doch meynet, er ſey den uͤbrigen
entweder an Qualitaͤten gleich oder uͤbertreffe
ſie noch wohl gar, ſo haͤlt er die andern vor ſolche
Leute, die nur aus Ehrgeitz uͤber die andern
herrſchten. Jngleichen mocquiren ſich auch
einige uͤber die Democratien, wenn ſie ſehen,
daß ſolche gemeine Leute bey den Regierungs-
Sachen ſo viel mit zu ſagen haben, da ſie den-
cken, ſie ſeyn weit vernuͤnfftiger und geſchickter
als ſie.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/274>, abgerufen am 21.11.2024.
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