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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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bracht werden, wenn es auch noch so einen gros-
sen Schein der Andacht hätte, in welchen man
entweder falsche und irrige Lehren mit klaren
und deutlichen Worten fürgetragen findet, oder
doch zweydeutige, verfängliche und verdächtige
Redens-Arten antrifft. Denn obgleich et-
wan der einfältige Leser sobald dieselben nicht
mercket, und ein solch Lied in seiner Einfalt da-
hin singet, so leidet doch, wenn ihm der Glau-
bens-Jrrthum, so in dergleichen Liede enthal-
ten, gezeiget wird, seine Seele entweder einen
empfindlichen Anstoß, oder er wird zu Bey-
pflichtung desselben Jrrthums nichts destowe-
niger verleitet, und läst es sich hier nicht thun,
daß man eine und andere Redens-Arten, wenn
das Lied von einem kundbar irrigen Verfasser
gesetzt worden, meinet mit Liebe zu bemänteln
und zu entschuldigen.

§. 15. Es sind die Melodeyen bey einem Ev-
angelischen Lutherischen Gesangbuch dergestalt
zu ordiniren, daß die Gesänge so wohl in ihrem
metro als darauff gesetzten composition und
Noten etwas ernsthafftes, andächtiges und
gottseliges in sich fassen, nicht aber auff eine üp-
pige, leichte und fast liederliche Art derweltl.
Gesänge hinaus lauffen. Denn es ist aller-
dings in der Music, darein die Lieder gesetzt sind
und gesungen werden, etwas, wodurch das

mensch-



bracht werden, wenn es auch noch ſo einen groſ-
ſen Schein der Andacht haͤtte, in welchen man
entweder falſche und irrige Lehren mit klaren
und deutlichen Worten fuͤrgetragen findet, oder
doch zweydeutige, verfaͤngliche und verdaͤchtige
Redens-Arten antrifft. Denn obgleich et-
wan der einfaͤltige Leſer ſobald dieſelben nicht
mercket, und ein ſolch Lied in ſeiner Einfalt da-
hin ſinget, ſo leidet doch, wenn ihm der Glau-
bens-Jrrthum, ſo in dergleichen Liede enthal-
ten, gezeiget wird, ſeine Seele entweder einen
empfindlichen Anſtoß, oder er wird zu Bey-
pflichtung deſſelben Jrrthums nichts deſtowe-
niger verleitet, und laͤſt es ſich hier nicht thun,
daß man eine und andere Redens-Arten, wenn
das Lied von einem kundbar irrigen Verfaſſer
geſetzt worden, meinet mit Liebe zu bemaͤnteln
und zu entſchuldigen.

§. 15. Es ſind die Melodeyen bey einem Ev-
angeliſchen Lutheriſchen Geſangbuch dergeſtalt
zu ordiniren, daß die Geſaͤnge ſo wohl in ihrem
metro als darauff geſetzten compoſition und
Noten etwas ernſthafftes, andaͤchtiges und
gottſeliges in ſich faſſen, nicht aber auff eine uͤp-
pige, leichte und faſt liederliche Art derweltl.
Geſaͤnge hinaus lauffen. Denn es iſt aller-
dings in der Muſic, darein die Lieder geſetzt ſind
und geſungen werden, etwas, wodurch das

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[269/0289] bracht werden, wenn es auch noch ſo einen groſ- ſen Schein der Andacht haͤtte, in welchen man entweder falſche und irrige Lehren mit klaren und deutlichen Worten fuͤrgetragen findet, oder doch zweydeutige, verfaͤngliche und verdaͤchtige Redens-Arten antrifft. Denn obgleich et- wan der einfaͤltige Leſer ſobald dieſelben nicht mercket, und ein ſolch Lied in ſeiner Einfalt da- hin ſinget, ſo leidet doch, wenn ihm der Glau- bens-Jrrthum, ſo in dergleichen Liede enthal- ten, gezeiget wird, ſeine Seele entweder einen empfindlichen Anſtoß, oder er wird zu Bey- pflichtung deſſelben Jrrthums nichts deſtowe- niger verleitet, und laͤſt es ſich hier nicht thun, daß man eine und andere Redens-Arten, wenn das Lied von einem kundbar irrigen Verfaſſer geſetzt worden, meinet mit Liebe zu bemaͤnteln und zu entſchuldigen. §. 15. Es ſind die Melodeyen bey einem Ev- angeliſchen Lutheriſchen Geſangbuch dergeſtalt zu ordiniren, daß die Geſaͤnge ſo wohl in ihrem metro als darauff geſetzten compoſition und Noten etwas ernſthafftes, andaͤchtiges und gottſeliges in ſich faſſen, nicht aber auff eine uͤp- pige, leichte und faſt liederliche Art derweltl. Geſaͤnge hinaus lauffen. Denn es iſt aller- dings in der Muſic, darein die Lieder geſetzt ſind und geſungen werden, etwas, wodurch das menſch-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/289>, abgerufen am 21.11.2024.