menschliche Hertz so wohl in Freude als Trau- ren gesetzt, und also durch eine gewisse springen- de und tantzende Art von Melodeyen wohl gar in eine empfindliche Veränderung und Anfang einer Raserey gebracht werden kan; Da denn diese und andere mehrere Umstände es nicht wohl verstatten wollen, solche springende, hüpf- fende und leichtsinnige Lieder so wohl in der Kirche singen zu lassen, als denen Leuten zu ihrer Hauß-Andacht zu recommendiren und in die Hände zu legen, maßen solches so wohl wieder die gravität und Hoheit der Sache, als auch der Gewohnheit der alten und bißherigen Evan- gelischen Lieder läufft, als welche viel von einer andächtigen und gravitätischen Melodey ge- halten. S. der löbl. Theologischen Facultät zu Wittenberg Bedencken über das zu Glaucha an Halle 1703. im Waysen-Hause daselbst e- dirte Gesang-Buch.
§. 16. Dieses, was ich von den Gesang-Bü- chern gesagt, ist auch auff die Gebet-Bücher zu appliciren, als bey deren Edirung allerdings auch dahin zu sehen, daß sie von solchen Män- nern verfertiget werden, die nicht wegen einer irrigen Lehre verdächtig seyn, sondern vielmehr reine Lehre und heiliges Leben beständigst, so viel als in dieser Unvollkommenheit möglich ist, mit einander zu vereinigen suchen.
§. 17.
menſchliche Hertz ſo wohl in Freude als Trau- ren geſetzt, und alſo durch eine gewiſſe ſpringen- de und tantzende Art von Melodeyen wohl gar in eine empfindliche Veraͤnderung und Anfang einer Raſerey gebracht werden kan; Da denn dieſe und andere mehrere Umſtaͤnde es nicht wohl verſtatten wollen, ſolche ſpringende, huͤpf- fende und leichtſinnige Lieder ſo wohl in der Kirche ſingen zu laſſen, als denen Leuten zu ihrer Hauß-Andacht zu recommendiren und in die Haͤnde zu legen, maßen ſolches ſo wohl wieder die gravitaͤt und Hoheit der Sache, als auch der Gewohnheit der alten und bißherigen Evan- geliſchen Lieder laͤufft, als welche viel von einer andaͤchtigen und gravitaͤtiſchen Melodey ge- halten. S. der loͤbl. Theologiſchen Facultaͤt zu Wittenberg Bedencken uͤber das zu Glaucha an Halle 1703. im Wayſen-Hauſe daſelbſt e- dirte Geſang-Buch.
§. 16. Dieſes, was ich von den Geſang-Buͤ- chern geſagt, iſt auch auff die Gebet-Buͤcher zu appliciren, als bey deren Edirung allerdings auch dahin zu ſehen, daß ſie von ſolchen Maͤn- nern verfertiget werden, die nicht wegen einer irrigen Lehre verdaͤchtig ſeyn, ſondern vielmehr reine Lehre und heiliges Leben beſtaͤndigſt, ſo viel als in dieſer Unvollkommenheit moͤglich iſt, mit einander zu vereinigen ſuchen.
§. 17.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0290"n="270"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> menſchliche Hertz ſo wohl in Freude als Trau-<lb/>
ren geſetzt, und alſo durch eine gewiſſe ſpringen-<lb/>
de und tantzende Art von Melodeyen wohl gar<lb/>
in eine empfindliche Veraͤnderung und Anfang<lb/>
einer Raſerey gebracht werden kan; Da denn<lb/>
dieſe und andere mehrere Umſtaͤnde es nicht<lb/>
wohl verſtatten wollen, ſolche ſpringende, huͤpf-<lb/>
fende und leichtſinnige Lieder ſo wohl in der<lb/>
Kirche ſingen zu laſſen, als denen Leuten zu ihrer<lb/>
Hauß-Andacht zu <hirendition="#aq">recommendi</hi>ren und in die<lb/>
Haͤnde zu legen, maßen ſolches ſo wohl wieder<lb/>
die <hirendition="#aq">gravi</hi>taͤt und Hoheit der Sache, als auch<lb/>
der Gewohnheit der alten und bißherigen Evan-<lb/>
geliſchen Lieder laͤufft, als welche viel von einer<lb/>
andaͤchtigen und <hirendition="#aq">gravi</hi>taͤtiſchen Melodey ge-<lb/>
halten. S. der loͤbl. <hirendition="#aq">Theologi</hi>ſchen <hirendition="#aq">Facul</hi>taͤt<lb/>
zu Wittenberg Bedencken uͤber das zu Glaucha<lb/>
an Halle 1703. im Wayſen-Hauſe daſelbſt <hirendition="#aq">e-<lb/>
di</hi>rte Geſang-Buch.</p><lb/><p>§. 16. Dieſes, was ich von den Geſang-Buͤ-<lb/>
chern geſagt, iſt auch auff die Gebet-Buͤcher<lb/>
zu <hirendition="#aq">applici</hi>ren, als bey deren <hirendition="#aq">Edi</hi>rung allerdings<lb/>
auch dahin zu ſehen, daß ſie von ſolchen Maͤn-<lb/>
nern verfertiget werden, die nicht wegen einer<lb/>
irrigen Lehre verdaͤchtig ſeyn, ſondern vielmehr<lb/>
reine Lehre und heiliges Leben beſtaͤndigſt, ſo<lb/>
viel als in dieſer Unvollkommenheit moͤglich iſt,<lb/>
mit einander zu vereinigen ſuchen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 17.</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[270/0290]
menſchliche Hertz ſo wohl in Freude als Trau-
ren geſetzt, und alſo durch eine gewiſſe ſpringen-
de und tantzende Art von Melodeyen wohl gar
in eine empfindliche Veraͤnderung und Anfang
einer Raſerey gebracht werden kan; Da denn
dieſe und andere mehrere Umſtaͤnde es nicht
wohl verſtatten wollen, ſolche ſpringende, huͤpf-
fende und leichtſinnige Lieder ſo wohl in der
Kirche ſingen zu laſſen, als denen Leuten zu ihrer
Hauß-Andacht zu recommendiren und in die
Haͤnde zu legen, maßen ſolches ſo wohl wieder
die gravitaͤt und Hoheit der Sache, als auch
der Gewohnheit der alten und bißherigen Evan-
geliſchen Lieder laͤufft, als welche viel von einer
andaͤchtigen und gravitaͤtiſchen Melodey ge-
halten. S. der loͤbl. Theologiſchen Facultaͤt
zu Wittenberg Bedencken uͤber das zu Glaucha
an Halle 1703. im Wayſen-Hauſe daſelbſt e-
dirte Geſang-Buch.
§. 16. Dieſes, was ich von den Geſang-Buͤ-
chern geſagt, iſt auch auff die Gebet-Buͤcher
zu appliciren, als bey deren Edirung allerdings
auch dahin zu ſehen, daß ſie von ſolchen Maͤn-
nern verfertiget werden, die nicht wegen einer
irrigen Lehre verdaͤchtig ſeyn, ſondern vielmehr
reine Lehre und heiliges Leben beſtaͤndigſt, ſo
viel als in dieſer Unvollkommenheit moͤglich iſt,
mit einander zu vereinigen ſuchen.
§. 17.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/290>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.