v. 18. Joh. XX. v. 23. Aber vom Binde- Schlüssel auf das Abweisen vom Beicht-Stuhl ist keine Folge, sondern es bestehet der Binde- und Löse-Schlüssel darinnen, daß ein Priester nach der Vorschrifft göttlichen Wortes denen unbußfertigen Sündern GOttes Straffe, de- nen bußfertigen aber Gnade ankündigen könne, und weil er das menschliche Hertze niemahls ge- wiß verstehet, so kan er keine eintzele Applica- tion machen, sondern muß allezeit zugleich den Bind- und Löse-Schlüssel unter Beding der Unbuß- oder Bußfertigkeit ausüben, jene aber GOtt und eines ieden Gewissen überlassen. Es solte auch billig von denen Evangelisch-Lu- therischen Landes-Herrn denen Priestern an- befohlen werden, daß sie allezeit unter Bedin- gung der Bußfertigkeit, wie der Heyland sol- ches vorgeschrieben, absolvirten, und denn die in Unbußfertigkeit stünden, davon aber nicht die Priester urtheilen können und müssen, sondern unser HErr GOtt, die Sünde behielten. S. hiervon mit mehrern des seel. Herrn Appellat. Raths Titii geistliches Recht p. 465. und in folgenden, da er dieses weitläufftig abhandelt. Es wäre solches eine sehr nothwendige Sache, und ist gewiß vor einen Fehler unserer Kirche, daß es hindan gesetzet wird, zu achten.
§. 21. Ob uns zwar unser Heyland von
dem
v. 18. Joh. XX. v. 23. Aber vom Binde- Schluͤſſel auf das Abweiſen vom Beicht-Stuhl iſt keine Folge, ſondern es beſtehet der Binde- und Loͤſe-Schluͤſſel darinnen, daß ein Prieſter nach der Vorſchrifft goͤttlichen Wortes denen unbußfertigen Suͤndern GOttes Straffe, de- nen bußfertigen aber Gnade ankuͤndigen koͤnne, und weil er das menſchliche Hertze niemahls ge- wiß verſtehet, ſo kan er keine eintzele Applica- tion machen, ſondern muß allezeit zugleich den Bind- und Loͤſe-Schluͤſſel unter Beding der Unbuß- oder Bußfertigkeit ausuͤben, jene aber GOtt und eines ieden Gewiſſen uͤberlaſſen. Es ſolte auch billig von denen Evangeliſch-Lu- theriſchen Landes-Herrn denen Prieſtern an- befohlen werden, daß ſie allezeit unter Bedin- gung der Bußfertigkeit, wie der Heyland ſol- ches vorgeſchrieben, abſolvirten, und denn die in Unbußfertigkeit ſtuͤnden, davon aber nicht die Prieſter urtheilen koͤnnen und muͤſſen, ſondern unſer HErr GOtt, die Suͤnde behielten. S. hiervon mit mehrern des ſeel. Herrn Appellat. Raths Titii geiſtliches Recht p. 465. und in folgenden, da er dieſes weitlaͤufftig abhandelt. Es waͤre ſolches eine ſehr nothwendige Sache, und iſt gewiß vor einen Fehler unſerer Kirche, daß es hindan geſetzet wird, zu achten.
§. 21. Ob uns zwar unſer Heyland von
dem
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v. 18. Joh. XX. v. 23. Aber vom Binde-
Schluͤſſel auf das Abweiſen vom Beicht-Stuhl
iſt keine Folge, ſondern es beſtehet der Binde-
und Loͤſe-Schluͤſſel darinnen, daß ein Prieſter
nach der Vorſchrifft goͤttlichen Wortes denen
unbußfertigen Suͤndern GOttes Straffe, de-
nen bußfertigen aber Gnade ankuͤndigen koͤnne,
und weil er das menſchliche Hertze niemahls ge-
wiß verſtehet, ſo kan er keine eintzele Applica-
tion machen, ſondern muß allezeit zugleich den
Bind- und Loͤſe-Schluͤſſel unter Beding der
Unbuß- oder Bußfertigkeit ausuͤben, jene aber
GOtt und eines ieden Gewiſſen uͤberlaſſen.
Es ſolte auch billig von denen Evangeliſch-Lu-
theriſchen Landes-Herrn denen Prieſtern an-
befohlen werden, daß ſie allezeit unter Bedin-
gung der Bußfertigkeit, wie der Heyland ſol-
ches vorgeſchrieben, abſolvirten, und denn die
in Unbußfertigkeit ſtuͤnden, davon aber nicht die
Prieſter urtheilen koͤnnen und muͤſſen, ſondern
unſer HErr GOtt, die Suͤnde behielten. S.
hiervon mit mehrern des ſeel. Herrn Appellat.
Raths Titii geiſtliches Recht p. 465. und in
folgenden, da er dieſes weitlaͤufftig abhandelt.
Es waͤre ſolches eine ſehr nothwendige Sache,
und iſt gewiß vor einen Fehler unſerer Kirche,
daß es hindan geſetzet wird, zu achten.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/294>, abgerufen am 21.11.2024.
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