Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



dem Fluch des Gesetzes und den Ceremonien
des Levitischen Gottesdienstes, nicht weniger
von allen menschlichen mit Zwang des Gewis-
sens eingeführten unnöthigen, unnützen und der
heiligen Schrifft widersprechenden Satzun-
gen befreyet hat, so stehet dennoch nicht einem
jedweden privato in unserer Evangelisch-Luthe-
rischen Kirche en particuler frey, seine
Freyheit über die nach GOttes Wort einge-
führten und von hoher Christlicher Landes-
Obrigkeit regulirte Kirchen-Ordnungen zu ex-
tendi
ren, solcher Gestalt, daß er ohne Absicht
auff solche Ordnungen seines Gefallens leben
und seine, wider solche wohlgegründete Ord-
nungen lauffende, vielmahls auch den Nächsten
zum Aergerniß gereichende Unternehmungen
mit dem Vorwand seiner Christl. Freyheit
gnugsam entschuldigen könne. S. Johann
Ernst Schulenburgs Unterricht vom Gebrauch
und Mißbrauch der Christl. Freyheit in äußer-
lichen Kirchen-Ceremonien und Ordnungen.

§. 22. Es ist leider mehr als zu bekannt,
durch was vor Wege einige Studiosi Theolo-
giae,
die sich dennoch hernach beruffene und ver-
ordnete Diener des Worts nennen, in das
Predigt-Amt gelangen. Manchen wird un-
ter den Fuß gegeben, daß sie etwa ein Cammer-
Mädgen, so bey dem Edelmann gedienet und

die
S 2



dem Fluch des Geſetzes und den Ceremonien
des Levitiſchen Gottesdienſtes, nicht weniger
von allen menſchlichen mit Zwang des Gewiſ-
ſens eingefuͤhrten unnoͤthigen, unnuͤtzen und der
heiligen Schrifft widerſprechenden Satzun-
gen befreyet hat, ſo ſtehet dennoch nicht einem
jedweden privato in unſerer Evangeliſch-Luthe-
riſchen Kirche en particuler frey, ſeine
Freyheit uͤber die nach GOttes Wort einge-
fuͤhrten und von hoher Chriſtlicher Landes-
Obrigkeit regulirte Kirchen-Ordnungen zu ex-
tendi
ren, ſolcher Geſtalt, daß er ohne Abſicht
auff ſolche Ordnungen ſeines Gefallens leben
und ſeine, wider ſolche wohlgegruͤndete Ord-
nungen lauffende, vielmahls auch den Naͤchſten
zum Aergerniß gereichende Unternehmungen
mit dem Vorwand ſeiner Chriſtl. Freyheit
gnugſam entſchuldigen koͤnne. S. Johann
Ernſt Schulenburgs Unterricht vom Gebrauch
und Mißbrauch der Chriſtl. Freyheit in aͤußer-
lichen Kirchen-Ceremonien und Ordnungen.

§. 22. Es iſt leider mehr als zu bekannt,
durch was vor Wege einige Studioſi Theolo-
giæ,
die ſich dennoch hernach beruffene und ver-
ordnete Diener des Worts nennen, in das
Predigt-Amt gelangen. Manchen wird un-
ter den Fuß gegeben, daß ſie etwa ein Cammer-
Maͤdgen, ſo bey dem Edelmann gedienet und

die
S 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0295" n="275"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> dem Fluch des Ge&#x017F;etzes und den Ceremonien<lb/>
des Leviti&#x017F;chen Gottesdien&#x017F;tes, nicht weniger<lb/>
von allen men&#x017F;chlichen mit Zwang des Gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ens eingefu&#x0364;hrten unno&#x0364;thigen, unnu&#x0364;tzen und der<lb/>
heiligen Schrifft wider&#x017F;prechenden Satzun-<lb/>
gen befreyet hat, &#x017F;o &#x017F;tehet dennoch nicht einem<lb/>
jedweden <hi rendition="#aq">privato</hi> in un&#x017F;erer Evangeli&#x017F;ch-Luthe-<lb/>
ri&#x017F;chen Kirche <hi rendition="#aq">en particuler</hi> frey, &#x017F;eine<lb/>
Freyheit u&#x0364;ber die nach GOttes Wort einge-<lb/>
fu&#x0364;hrten und von hoher Chri&#x017F;tlicher Landes-<lb/>
Obrigkeit <hi rendition="#aq">reguli</hi>rte Kirchen-Ordnungen zu <hi rendition="#aq">ex-<lb/>
tendi</hi>ren, &#x017F;olcher Ge&#x017F;talt, daß er ohne Ab&#x017F;icht<lb/>
auff &#x017F;olche Ordnungen &#x017F;eines Gefallens leben<lb/>
und &#x017F;eine, wider &#x017F;olche wohlgegru&#x0364;ndete Ord-<lb/>
nungen lauffende, vielmahls auch den Na&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
zum Aergerniß gereichende Unternehmungen<lb/>
mit dem Vorwand &#x017F;einer Chri&#x017F;tl. Freyheit<lb/>
gnug&#x017F;am ent&#x017F;chuldigen ko&#x0364;nne. S. Johann<lb/>
Ern&#x017F;t Schulenburgs Unterricht vom Gebrauch<lb/>
und Mißbrauch der Chri&#x017F;tl. Freyheit in a&#x0364;ußer-<lb/>
lichen Kirchen-Ceremonien und Ordnungen.</p><lb/>
        <p>§. 22. Es i&#x017F;t leider mehr als zu bekannt,<lb/>
durch was vor Wege einige <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;i Theolo-<lb/>
giæ,</hi> die &#x017F;ich dennoch hernach beruffene und ver-<lb/>
ordnete Diener des Worts nennen, in das<lb/>
Predigt-Amt gelangen. Manchen wird un-<lb/>
ter den Fuß gegeben, daß &#x017F;ie etwa ein Cammer-<lb/>
Ma&#x0364;dgen, &#x017F;o bey dem Edelmann gedienet und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 2</fw><fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0295] dem Fluch des Geſetzes und den Ceremonien des Levitiſchen Gottesdienſtes, nicht weniger von allen menſchlichen mit Zwang des Gewiſ- ſens eingefuͤhrten unnoͤthigen, unnuͤtzen und der heiligen Schrifft widerſprechenden Satzun- gen befreyet hat, ſo ſtehet dennoch nicht einem jedweden privato in unſerer Evangeliſch-Luthe- riſchen Kirche en particuler frey, ſeine Freyheit uͤber die nach GOttes Wort einge- fuͤhrten und von hoher Chriſtlicher Landes- Obrigkeit regulirte Kirchen-Ordnungen zu ex- tendiren, ſolcher Geſtalt, daß er ohne Abſicht auff ſolche Ordnungen ſeines Gefallens leben und ſeine, wider ſolche wohlgegruͤndete Ord- nungen lauffende, vielmahls auch den Naͤchſten zum Aergerniß gereichende Unternehmungen mit dem Vorwand ſeiner Chriſtl. Freyheit gnugſam entſchuldigen koͤnne. S. Johann Ernſt Schulenburgs Unterricht vom Gebrauch und Mißbrauch der Chriſtl. Freyheit in aͤußer- lichen Kirchen-Ceremonien und Ordnungen. §. 22. Es iſt leider mehr als zu bekannt, durch was vor Wege einige Studioſi Theolo- giæ, die ſich dennoch hernach beruffene und ver- ordnete Diener des Worts nennen, in das Predigt-Amt gelangen. Manchen wird un- ter den Fuß gegeben, daß ſie etwa ein Cammer- Maͤdgen, ſo bey dem Edelmann gedienet und die S 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/295
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/295>, abgerufen am 24.11.2024.