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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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wohl in allen Evangelischen Lutherischen Lan-
den Gesetze und Edicta haben, die wider alle
Schwärmereyen und Phantastische Principia
gar sehr eyffern und dieselben auff das strengeste
verbiethen, und wenn auch dergleichen schon
nicht wäre, so könte ihnen doch wohl, wie oben
gemeldet, ihr Gewissen und die gesunde Ver-
nunfft sagen, daß dergleichen unrecht wäre.

§. 9. Wann ich nun ein wenig untersuche,
warum doch dergleichen Leute bey uns in
Teutschland bißher gedultet und nicht recht be-
straffet, sondern ziemlich gelinde tractiret wor-
den, so halte davor, daß vielleicht folgende Rai-
sons,
warum man es unterlassen, fundiret sind.
Zum ersten haben viele von solchen schwärme-
rischen Leuten einen ziemlichen Schein eines
gottseligen Wesens, ob sie gleich deßen Krafft
verläugnen, und weil sie sich äußerlich ziemlich
fromm und heilig anstellen, so nehmen sie man-
che Leute ein, daß sie dieselben nicht vor so gott-
lose halten, als sie wohl in der That sind, son-
dern dencken, daß alles aus einem rechtmäßigen
Eyfer bey ihnen herrühre. Wenn sie schon
unterschiedene Excesse an ihnen gewahr wer-
den, so halten sie ihnen doch dieselben zu gute,
da sie zumahl erkennen, daß in manchen Stü-
cken eines und das andere bey dem Evangelisch-
Lutherischen Gottesdienst verbessert werden

könte,



wohl in allen Evangeliſchen Lutheriſchen Lan-
den Geſetze und Edicta haben, die wider alle
Schwaͤrmereyen und Phantaſtiſche Principia
gar ſehꝛ eyffern und dieſelben auff das ſtrengeſte
verbiethen, und wenn auch dergleichen ſchon
nicht waͤre, ſo koͤnte ihnen doch wohl, wie oben
gemeldet, ihr Gewiſſen und die geſunde Ver-
nunfft ſagen, daß dergleichen unrecht waͤre.

§. 9. Wann ich nun ein wenig unterſuche,
warum doch dergleichen Leute bey uns in
Teutſchland bißher gedultet und nicht recht be-
ſtraffet, ſondern ziemlich gelinde tractiret wor-
den, ſo halte davor, daß vielleicht folgende Rai-
ſons,
warum man es unterlaſſen, fundiret ſind.
Zum erſten haben viele von ſolchen ſchwaͤrme-
riſchen Leuten einen ziemlichen Schein eines
gottſeligen Weſens, ob ſie gleich deßen Krafft
verlaͤugnen, und weil ſie ſich aͤußerlich ziemlich
fromm und heilig anſtellen, ſo nehmen ſie man-
che Leute ein, daß ſie dieſelben nicht vor ſo gott-
loſe halten, als ſie wohl in der That ſind, ſon-
dern dencken, daß alles aus einem rechtmaͤßigen
Eyfer bey ihnen herruͤhre. Wenn ſie ſchon
unterſchiedene Exceſſe an ihnen gewahr wer-
den, ſo halten ſie ihnen doch dieſelben zu gute,
da ſie zumahl erkennen, daß in manchen Stuͤ-
cken eines und das andere bey dem Evangeliſch-
Lutheriſchen Gottesdienſt verbeſſert werden

koͤnte,
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[332/0352] wohl in allen Evangeliſchen Lutheriſchen Lan- den Geſetze und Edicta haben, die wider alle Schwaͤrmereyen und Phantaſtiſche Principia gar ſehꝛ eyffern und dieſelben auff das ſtrengeſte verbiethen, und wenn auch dergleichen ſchon nicht waͤre, ſo koͤnte ihnen doch wohl, wie oben gemeldet, ihr Gewiſſen und die geſunde Ver- nunfft ſagen, daß dergleichen unrecht waͤre. §. 9. Wann ich nun ein wenig unterſuche, warum doch dergleichen Leute bey uns in Teutſchland bißher gedultet und nicht recht be- ſtraffet, ſondern ziemlich gelinde tractiret wor- den, ſo halte davor, daß vielleicht folgende Rai- ſons, warum man es unterlaſſen, fundiret ſind. Zum erſten haben viele von ſolchen ſchwaͤrme- riſchen Leuten einen ziemlichen Schein eines gottſeligen Weſens, ob ſie gleich deßen Krafft verlaͤugnen, und weil ſie ſich aͤußerlich ziemlich fromm und heilig anſtellen, ſo nehmen ſie man- che Leute ein, daß ſie dieſelben nicht vor ſo gott- loſe halten, als ſie wohl in der That ſind, ſon- dern dencken, daß alles aus einem rechtmaͤßigen Eyfer bey ihnen herruͤhre. Wenn ſie ſchon unterſchiedene Exceſſe an ihnen gewahr wer- den, ſo halten ſie ihnen doch dieſelben zu gute, da ſie zumahl erkennen, daß in manchen Stuͤ- cken eines und das andere bey dem Evangeliſch- Lutheriſchen Gottesdienſt verbeſſert werden koͤnte,

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/352>, abgerufen am 22.11.2024.