Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



Denn wie können sie sonst andern anmuthen,
ihrem Wort, als dem Wort des einigen Gei-
stes, zu glauben, wenn sie selbst keine Gewiß-
heit davon haben. Jch verstehe aber durch
diese Versicherung nicht eine blosse Einbildung,
welche bißweilen freylich bey solchen Leuten
starck genung seyn kan, so gar, daß sie auch
offt natürliche Dinge vor Göttlich halten und
über solcher einmahl angenommenen Mey-
nung sich so zu reden todt schlagen liessen, son-
dern eine solche Uberzeugung des Hertzens
durch den Heil. Geist, dadurch wir wissen kön-
nen, was uns von GOtt vor Gaben gegeben
seyn, 1. Cor. 2, v. 12. 7.) Beweisen sie auch
sehr schlechte Früchte der Lehre und des Lebens,
daran sie zu erkennen sind. Denn sie erregen
Trennungen und Spaltungen in der Kirche,
verachten die Priester, mahnen die Leute von
dem Kirchengehen ab, haben in Sevennes einen
blutigen Krieg erreget und die armen Einwoh-
ner wider ihren König in die Waffen gebracht,
aus welchen der sanfftmüthige Geist Christi
wohl nicht abzunehmen ist. Sie haben wider
alles Natur- und Völcker-Recht ihre Zusagen
gebrochen und weder Treue noch Glauben ge-
halten, ja auch Ehebruch und andere Fleisches-
Wercke getrieben und vertheidiget, welches
wohl schwerlich von dem Geiste GOttes her-

rühren



Denn wie koͤnnen ſie ſonſt andern anmuthen,
ihrem Wort, als dem Wort des einigen Gei-
ſtes, zu glauben, wenn ſie ſelbſt keine Gewiß-
heit davon haben. Jch verſtehe aber durch
dieſe Verſicherung nicht eine bloſſe Einbildung,
welche bißweilen freylich bey ſolchen Leuten
ſtarck genung ſeyn kan, ſo gar, daß ſie auch
offt natuͤrliche Dinge vor Goͤttlich halten und
uͤber ſolcher einmahl angenommenen Mey-
nung ſich ſo zu reden todt ſchlagen lieſſen, ſon-
dern eine ſolche Uberzeugung des Hertzens
durch den Heil. Geiſt, dadurch wir wiſſen koͤn-
nen, was uns von GOtt vor Gaben gegeben
ſeyn, 1. Cor. 2, v. 12. 7.) Beweiſen ſie auch
ſehr ſchlechte Fruͤchte der Lehre und des Lebens,
daran ſie zu erkennen ſind. Denn ſie erregen
Trennungen und Spaltungen in der Kirche,
verachten die Prieſter, mahnen die Leute von
dem Kirchengehen ab, haben in Sevennes einen
blutigen Krieg erreget und die armen Einwoh-
ner wider ihren Koͤnig in die Waffen gebracht,
aus welchen der ſanfftmuͤthige Geiſt Chriſti
wohl nicht abzunehmen iſt. Sie haben wider
alles Natur- und Voͤlcker-Recht ihre Zuſagen
gebrochen und weder Treue noch Glauben ge-
halten, ja auch Ehebruch und andere Fleiſches-
Wercke getrieben und vertheidiget, welches
wohl ſchwerlich von dem Geiſte GOttes her-

ruͤhren
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0378" n="358"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> Denn wie ko&#x0364;nnen &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t andern anmuthen,<lb/>
ihrem Wort, als dem Wort des einigen Gei-<lb/>
&#x017F;tes, zu glauben, wenn &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t keine Gewiß-<lb/>
heit davon haben. Jch ver&#x017F;tehe aber durch<lb/>
die&#x017F;e Ver&#x017F;icherung nicht eine blo&#x017F;&#x017F;e Einbildung,<lb/>
welche bißweilen freylich bey &#x017F;olchen Leuten<lb/>
&#x017F;tarck genung &#x017F;eyn kan, &#x017F;o gar, daß &#x017F;ie auch<lb/>
offt natu&#x0364;rliche Dinge vor Go&#x0364;ttlich halten und<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;olcher einmahl angenommenen Mey-<lb/>
nung &#x017F;ich &#x017F;o zu reden todt &#x017F;chlagen lie&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;on-<lb/>
dern eine &#x017F;olche Uberzeugung des Hertzens<lb/>
durch den Heil. Gei&#x017F;t, dadurch wir wi&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;n-<lb/>
nen, was uns von GOtt vor Gaben gegeben<lb/>
&#x017F;eyn, 1. Cor. 2, v. 12. 7.) Bewei&#x017F;en &#x017F;ie auch<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;chlechte Fru&#x0364;chte der Lehre und des Lebens,<lb/>
daran &#x017F;ie zu erkennen &#x017F;ind. Denn &#x017F;ie erregen<lb/>
Trennungen und Spaltungen in der Kirche,<lb/>
verachten die Prie&#x017F;ter, mahnen die Leute von<lb/>
dem Kirchengehen ab, haben in <hi rendition="#aq">Sevennes</hi> einen<lb/>
blutigen Krieg erreget und die armen Einwoh-<lb/>
ner wider ihren Ko&#x0364;nig in die Waffen gebracht,<lb/>
aus welchen der &#x017F;anfftmu&#x0364;thige Gei&#x017F;t Chri&#x017F;ti<lb/>
wohl nicht abzunehmen i&#x017F;t. Sie haben wider<lb/>
alles Natur- und Vo&#x0364;lcker-Recht ihre Zu&#x017F;agen<lb/>
gebrochen und weder Treue noch Glauben ge-<lb/>
halten, ja auch Ehebruch und andere Flei&#x017F;ches-<lb/>
Wercke getrieben und vertheidiget, welches<lb/>
wohl &#x017F;chwerlich von dem Gei&#x017F;te GOttes her-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ru&#x0364;hren</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[358/0378] Denn wie koͤnnen ſie ſonſt andern anmuthen, ihrem Wort, als dem Wort des einigen Gei- ſtes, zu glauben, wenn ſie ſelbſt keine Gewiß- heit davon haben. Jch verſtehe aber durch dieſe Verſicherung nicht eine bloſſe Einbildung, welche bißweilen freylich bey ſolchen Leuten ſtarck genung ſeyn kan, ſo gar, daß ſie auch offt natuͤrliche Dinge vor Goͤttlich halten und uͤber ſolcher einmahl angenommenen Mey- nung ſich ſo zu reden todt ſchlagen lieſſen, ſon- dern eine ſolche Uberzeugung des Hertzens durch den Heil. Geiſt, dadurch wir wiſſen koͤn- nen, was uns von GOtt vor Gaben gegeben ſeyn, 1. Cor. 2, v. 12. 7.) Beweiſen ſie auch ſehr ſchlechte Fruͤchte der Lehre und des Lebens, daran ſie zu erkennen ſind. Denn ſie erregen Trennungen und Spaltungen in der Kirche, verachten die Prieſter, mahnen die Leute von dem Kirchengehen ab, haben in Sevennes einen blutigen Krieg erreget und die armen Einwoh- ner wider ihren Koͤnig in die Waffen gebracht, aus welchen der ſanfftmuͤthige Geiſt Chriſti wohl nicht abzunehmen iſt. Sie haben wider alles Natur- und Voͤlcker-Recht ihre Zuſagen gebrochen und weder Treue noch Glauben ge- halten, ja auch Ehebruch und andere Fleiſches- Wercke getrieben und vertheidiget, welches wohl ſchwerlich von dem Geiſte GOttes her- ruͤhren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/378
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/378>, abgerufen am 16.07.2024.