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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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corrumpiret worden, oder daß Satan sein
Spiel mit ihm habe, und er von demselben be-
sessen sey und also wider seinen Willen derglei-
chen agitationes und Verdrehungen des Leibes
ausstehen und solche Aussprachen haben müsse.
Denn nach diesem Unterscheid müssen die Lan-
des-Fürsten sich in ihren Verordnungen gegen
sie richten.

§. 25. Wenn nun gelehrte Theologi und
Medici ihrem besten Wissen und Gewissen
nach ihr judicium gefället, daß einige, die die
Propheceyungen und Aussprachen gehabt, sonst
guten gesunden Verstandes und auch in ihrem
Christenthum gar wohl unterrichtet sind und
vermuthlich solche Geberden nur aus Boßheit
und Leichtfertigkeit angenommen, so sind
dieselben, wenn dißfalls nicht der geringste
Zweifel mehr übrig ist, billich mit dem Schwerd
vom Leben zum Tode zu bringen. Es wird
diese Straffe vor solche Bösewichter nicht zu
scharff seyn, wenn man bedencket, daß die Got-
teslästerer nach Befindung der Umstände,
wenn sie enorme Gotteslästerungen geredet,
mit dieser Straffe beleget werden. Wie kan
aber die Gotteslästerung wohl höher steigen,
als wenn sich einer vor den grossen Jehovah
selbst ausgiebt und im Nahmen des Heiligen
Geistes lehrt? wenn er drohet, straffet, ver-

mahnt,



corrumpiret worden, oder daß Satan ſein
Spiel mit ihm habe, und er von demſelben be-
ſeſſen ſey und alſo wider ſeinen Willen derglei-
chen agitationes und Verdrehungen des Leibes
ausſtehen und ſolche Ausſprachen haben muͤſſe.
Denn nach dieſem Unterſcheid muͤſſen die Lan-
des-Fuͤrſten ſich in ihren Verordnungen gegen
ſie richten.

§. 25. Wenn nun gelehrte Theologi und
Medici ihrem beſten Wiſſen und Gewiſſen
nach ihr judicium gefaͤllet, daß einige, die die
Propheceyungen und Ausſprachen gehabt, ſonſt
guten geſunden Verſtandes und auch in ihrem
Chriſtenthum gar wohl unterrichtet ſind und
vermuthlich ſolche Geberden nur aus Boßheit
und Leichtfertigkeit angenommen, ſo ſind
dieſelben, wenn dißfalls nicht der geringſte
Zweifel mehr uͤbrig iſt, billich mit dem Schwerd
vom Leben zum Tode zu bringen. Es wird
dieſe Straffe vor ſolche Boͤſewichter nicht zu
ſcharff ſeyn, wenn man bedencket, daß die Got-
teslaͤſterer nach Befindung der Umſtaͤnde,
wenn ſie enorme Gotteslaͤſterungen geredet,
mit dieſer Straffe beleget werden. Wie kan
aber die Gotteslaͤſterung wohl hoͤher ſteigen,
als wenn ſich einer vor den groſſen Jehovah
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[362/0382] corrumpiret worden, oder daß Satan ſein Spiel mit ihm habe, und er von demſelben be- ſeſſen ſey und alſo wider ſeinen Willen derglei- chen agitationes und Verdrehungen des Leibes ausſtehen und ſolche Ausſprachen haben muͤſſe. Denn nach dieſem Unterſcheid muͤſſen die Lan- des-Fuͤrſten ſich in ihren Verordnungen gegen ſie richten. §. 25. Wenn nun gelehrte Theologi und Medici ihrem beſten Wiſſen und Gewiſſen nach ihr judicium gefaͤllet, daß einige, die die Propheceyungen und Ausſprachen gehabt, ſonſt guten geſunden Verſtandes und auch in ihrem Chriſtenthum gar wohl unterrichtet ſind und vermuthlich ſolche Geberden nur aus Boßheit und Leichtfertigkeit angenommen, ſo ſind dieſelben, wenn dißfalls nicht der geringſte Zweifel mehr uͤbrig iſt, billich mit dem Schwerd vom Leben zum Tode zu bringen. Es wird dieſe Straffe vor ſolche Boͤſewichter nicht zu ſcharff ſeyn, wenn man bedencket, daß die Got- teslaͤſterer nach Befindung der Umſtaͤnde, wenn ſie enorme Gotteslaͤſterungen geredet, mit dieſer Straffe beleget werden. Wie kan aber die Gotteslaͤſterung wohl hoͤher ſteigen, als wenn ſich einer vor den groſſen Jehovah ſelbſt ausgiebt und im Nahmen des Heiligen Geiſtes lehrt? wenn er drohet, ſtraffet, ver- mahnt,

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/382>, abgerufen am 22.11.2024.