terschiedener Ursachen. Zum ersten kan ei- ner, der ohne Caractere ist, von allerhand Personen, Handwercks-Leuten, Kauf-Leuten und andern, manches erfahren, was hier und da vor Mißbräuche in einem und andern noch anzutreffen, die abgestellet werden solten, da sie einem Minister, oder andern ansehnlichen Mann, von dem sie sich einbilden, daß diese Nachrichten, die sie ihm ertheilen würden, ih- nen desavantageus seyn könten, nicht so leicht trauen. Denn es ist vielen Leuten in aller- hand Ständen mit der Unordnung und gewis- sen Mißbräuchen gedienet, und gleichwie sie ungern von einer Verbesserung hören, also ent- decken sie auch nicht leichtlich die arcana ihrer Professionen und negotien denenjenigen, von denen sie glauben, daß sie sich solcher informa- tionen zu gewissen Absichten, die ihrem inter- esse zuwider seyn, bedienen könten. Hinge- gen ein andter kan solche Leute treuhertzig ma- chen, daß sie ihm, wenn er mit ihnen discouri- ret, ungescheut allerhand offenbahren, und die ihnen vorgelegten Fragen beantworten, weil sie glauben, er wolle solches nur aus Couriosi- tät von ihnen wissen, um zu seiner Vergnügung von ihren Sachen Nachricht zu haben, und dencken, es habe mit einem solchen in der Welt nicht so gar viel zu bedeuten, und er werde ihnen
wohl
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terſchiedener Urſachen. Zum erſten kan ei- ner, der ohne Caractére iſt, von allerhand Perſonen, Handwercks-Leuten, Kauf-Leuten und andern, manches erfahren, was hier und da vor Mißbraͤuche in einem und andern noch anzutreffen, die abgeſtellet werden ſolten, da ſie einem Miniſter, oder andern anſehnlichen Mann, von dem ſie ſich einbilden, daß dieſe Nachrichten, die ſie ihm ertheilen wuͤrden, ih- nen desavantageus ſeyn koͤnten, nicht ſo leicht trauen. Denn es iſt vielen Leuten in aller- hand Staͤnden mit der Unordnung und gewiſ- ſen Mißbraͤuchen gedienet, und gleichwie ſie ungern von einer Verbeſſerung hoͤren, alſo ent- decken ſie auch nicht leichtlich die arcana ihrer Profeſſionen und negotien denenjenigen, von denen ſie glauben, daß ſie ſich ſolcher informa- tionen zu gewiſſen Abſichten, die ihrem inter- eſſe zuwider ſeyn, bedienen koͤnten. Hinge- gen ein andter kan ſolche Leute treuhertzig ma- chen, daß ſie ihm, wenn er mit ihnen discouri- ret, ungeſcheut allerhand offenbahren, und die ihnen vorgelegten Fragen beantworten, weil ſie glauben, er wolle ſolches nur aus Courioſi- taͤt von ihnen wiſſen, um zu ſeiner Vergnuͤgung von ihren Sachen Nachricht zu haben, und dencken, es habe mit einem ſolchen in der Welt nicht ſo gar viel zu bedeuten, und er werde ihnen
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terſchiedener Urſachen. Zum erſten kan ei-
ner, der ohne Caractére iſt, von allerhand
Perſonen, Handwercks-Leuten, Kauf-Leuten
und andern, manches erfahren, was hier und
da vor Mißbraͤuche in einem und andern noch
anzutreffen, die abgeſtellet werden ſolten, da ſie
einem Miniſter, oder andern anſehnlichen
Mann, von dem ſie ſich einbilden, daß dieſe
Nachrichten, die ſie ihm ertheilen wuͤrden, ih-
nen desavantageus ſeyn koͤnten, nicht ſo leicht
trauen. Denn es iſt vielen Leuten in aller-
hand Staͤnden mit der Unordnung und gewiſ-
ſen Mißbraͤuchen gedienet, und gleichwie ſie
ungern von einer Verbeſſerung hoͤren, alſo ent-
decken ſie auch nicht leichtlich die arcana ihrer
Profeſſionen und negotien denenjenigen, von
denen ſie glauben, daß ſie ſich ſolcher informa-
tionen zu gewiſſen Abſichten, die ihrem inter-
eſſe zuwider ſeyn, bedienen koͤnten. Hinge-
gen ein andter kan ſolche Leute treuhertzig ma-
chen, daß ſie ihm, wenn er mit ihnen discouri-
ret, ungeſcheut allerhand offenbahren, und die
ihnen vorgelegten Fragen beantworten, weil
ſie glauben, er wolle ſolches nur aus Courioſi-
taͤt von ihnen wiſſen, um zu ſeiner Vergnuͤgung
von ihren Sachen Nachricht zu haben, und
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/43>, abgerufen am 23.11.2024.
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