Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



als sie sonst, ehe sie auf die Universitäten gezo-
gen, gewust, sondern wohl noch gar dasjenige,
was sie mit dahin gebracht, vergessen. Da
nun hierdurch die armen Eltern ihres Geldes
verlustig, und in ihrer Hoffnung elendiglich be-
trogen werden, die Intention der durchlauch-
tigsten Stiffter der Universitäten negligiret
und die Republic mit unnützen Erd-Schwäm-
men angefüllet wird, so solten hohe Landes-
Obrigkeiten billig anbefehlen, daß keiner von
denen Studiosis von Universitäten ziehen solte,
er habe denn zuvor ein Examen in denjenigen
Wissenschafften, die er hat excoliren wollen
und sollen, ausgestanden, und deshalben von
dem Professore ein Testimonium erhalten.
Ob zwar das Examen nicht so scharff eingerich-
tet wäre, als diejenigen, so academische Digni-
täten verlangeten, so müsten sie doch so viel wis-
sen, als ihnen in derjenigen Lebens-Art, die sie
vermuthlich ergreiffen könten und wolten, gnug
wäre. Und wären hiervon die Edelleute so
wenig auszuschliessen, als die vom bürgerlichen
Stande. Es wären auch die Herren Profes-
sores
bey Antretung ihres Amts zu verpflich-
ten, daß sie ohne Ansehung der Person weder
um Freundschafft, Feindschafft noch einigen an-
dern Ursachen willen ihre Testimonia abfassen
wolten. Es wären nach dem Unterscheid der

Ca-
D d 2



als ſie ſonſt, ehe ſie auf die Univerſitaͤten gezo-
gen, gewuſt, ſondern wohl noch gar dasjenige,
was ſie mit dahin gebracht, vergeſſen. Da
nun hierdurch die armen Eltern ihres Geldes
verluſtig, und in ihrer Hoffnung elendiglich be-
trogen werden, die Intention der durchlauch-
tigſten Stiffter der Univerſitaͤten negligiret
und die Republic mit unnuͤtzen Erd-Schwaͤm-
men angefuͤllet wird, ſo ſolten hohe Landes-
Obrigkeiten billig anbefehlen, daß keiner von
denen Studioſis von Univerſitaͤten ziehen ſolte,
er habe denn zuvor ein Examen in denjenigen
Wiſſenſchafften, die er hat excoliren wollen
und ſollen, ausgeſtanden, und deshalben von
dem Profeſſore ein Teſtimonium erhalten.
Ob zwar das Examen nicht ſo ſcharff eingerich-
tet waͤre, als diejenigen, ſo academiſche Digni-
taͤten verlangeten, ſo muͤſten ſie doch ſo viel wiſ-
ſen, als ihnen in derjenigen Lebens-Art, die ſie
vermuthlich ergreiffen koͤnten und wolten, gnug
waͤre. Und waͤren hiervon die Edelleute ſo
wenig auszuſchlieſſen, als die vom buͤrgerlichen
Stande. Es waͤren auch die Herren Profes-
ſores
bey Antretung ihres Amts zu verpflich-
ten, daß ſie ohne Anſehung der Perſon weder
um Freundſchafft, Feindſchafft noch einigen an-
dern Urſachen willen ihre Teſtimonia abfaſſen
wolten. Es waͤren nach dem Unterſcheid der

Ca-
D d 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0439" n="419"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> als &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t, ehe &#x017F;ie auf die Univer&#x017F;ita&#x0364;ten gezo-<lb/>
gen, gewu&#x017F;t, &#x017F;ondern wohl noch gar dasjenige,<lb/>
was &#x017F;ie mit dahin gebracht, verge&#x017F;&#x017F;en. Da<lb/>
nun hierdurch die armen Eltern ihres Geldes<lb/>
verlu&#x017F;tig, und in ihrer Hoffnung elendiglich be-<lb/>
trogen werden, die <hi rendition="#aq">Intention</hi> der durchlauch-<lb/>
tig&#x017F;ten Stiffter der Univer&#x017F;ita&#x0364;ten <hi rendition="#aq">negligi</hi>ret<lb/>
und die <hi rendition="#aq">Republic</hi> mit unnu&#x0364;tzen Erd-Schwa&#x0364;m-<lb/>
men angefu&#x0364;llet wird, &#x017F;o &#x017F;olten hohe Landes-<lb/>
Obrigkeiten billig anbefehlen, daß keiner von<lb/>
denen <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;is</hi> von Univer&#x017F;ita&#x0364;ten ziehen &#x017F;olte,<lb/>
er habe denn zuvor ein Examen in denjenigen<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften, die er hat <hi rendition="#aq">excoli</hi>ren wollen<lb/>
und &#x017F;ollen, ausge&#x017F;tanden, und deshalben von<lb/>
dem <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ore</hi> ein <hi rendition="#aq">Te&#x017F;timonium</hi> erhalten.<lb/>
Ob zwar das Examen nicht &#x017F;o &#x017F;charff eingerich-<lb/>
tet wa&#x0364;re, als diejenigen, &#x017F;o <hi rendition="#aq">academi</hi>&#x017F;che <hi rendition="#aq">Digni-</hi><lb/>
ta&#x0364;ten verlangeten, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;ie doch &#x017F;o viel wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, als ihnen in derjenigen Lebens-Art, die &#x017F;ie<lb/>
vermuthlich ergreiffen ko&#x0364;nten und wolten, gnug<lb/>
wa&#x0364;re. Und wa&#x0364;ren hiervon die Edelleute &#x017F;o<lb/>
wenig auszu&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, als die vom bu&#x0364;rgerlichen<lb/>
Stande. Es wa&#x0364;ren auch die Herren <hi rendition="#aq">Profes-<lb/>
&#x017F;ores</hi> bey Antretung ihres Amts zu verpflich-<lb/>
ten, daß &#x017F;ie ohne An&#x017F;ehung der Per&#x017F;on weder<lb/>
um Freund&#x017F;chafft, Feind&#x017F;chafft noch einigen an-<lb/>
dern Ur&#x017F;achen willen ihre <hi rendition="#aq">Te&#x017F;timonia</hi> abfa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wolten. Es wa&#x0364;ren nach dem Unter&#x017F;cheid der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Ca-</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[419/0439] als ſie ſonſt, ehe ſie auf die Univerſitaͤten gezo- gen, gewuſt, ſondern wohl noch gar dasjenige, was ſie mit dahin gebracht, vergeſſen. Da nun hierdurch die armen Eltern ihres Geldes verluſtig, und in ihrer Hoffnung elendiglich be- trogen werden, die Intention der durchlauch- tigſten Stiffter der Univerſitaͤten negligiret und die Republic mit unnuͤtzen Erd-Schwaͤm- men angefuͤllet wird, ſo ſolten hohe Landes- Obrigkeiten billig anbefehlen, daß keiner von denen Studioſis von Univerſitaͤten ziehen ſolte, er habe denn zuvor ein Examen in denjenigen Wiſſenſchafften, die er hat excoliren wollen und ſollen, ausgeſtanden, und deshalben von dem Profeſſore ein Teſtimonium erhalten. Ob zwar das Examen nicht ſo ſcharff eingerich- tet waͤre, als diejenigen, ſo academiſche Digni- taͤten verlangeten, ſo muͤſten ſie doch ſo viel wiſ- ſen, als ihnen in derjenigen Lebens-Art, die ſie vermuthlich ergreiffen koͤnten und wolten, gnug waͤre. Und waͤren hiervon die Edelleute ſo wenig auszuſchlieſſen, als die vom buͤrgerlichen Stande. Es waͤren auch die Herren Profes- ſores bey Antretung ihres Amts zu verpflich- ten, daß ſie ohne Anſehung der Perſon weder um Freundſchafft, Feindſchafft noch einigen an- dern Urſachen willen ihre Teſtimonia abfaſſen wolten. Es waͤren nach dem Unterſcheid der Ca- D d 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/439
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/439>, abgerufen am 16.07.2024.