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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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ge geleget, ob er gleich den gantzen ambitum ei-
ner gewissen Facultät nicht innen hätte, wenn
also einer von Adel oder auch ein anderer, z. E.
das Jus publicum oder einen andern Partem ju-
ris
rechtschaffen excolirte, und bey dem Exa-
mine
wohl bestanden, ob er sich schon um die
übrigen Theile des Rechtens wenig oder gar
nichts bekümmert, so könte er doch vor einen ge-
lehrten Menschen passiren, und so mit denen
übrigen Disciplinen. Zum dritten müste
auch die Sprach-Erkänntniß passiren, weil
Leute, die etwas rechts in Sprachen gethan
und sonst einen guten natürlichen Verstand
darbey haben, auch ein gut Concept zu machen
geschickt, in der Welt gar wohl zu gebrauchen.
Zum vierdten müste es eben nicht drauf ankom-
men, daß einer sehr fertig in der lateinischen
Sprache wäre, sondern erlaubt seyn, sich auch
bißweilen auf teutsch zu expliciren, wenn er nur
erwiesen, daß er die Sache verstünde. Zum
fünfften müste man auch einiger Maßen Gedult
haben mit denjenigen, die zwar Lust zum Studiis
hätten, und sichs sehr sauer werden lassen, aber
wegen ihres langsamen und unglücklichen Na-
turells nicht allzugrosse Profectus machen kön-
ten. Ob zwar solche Leute besser thäten, daß
sie gar nicht studirten und sich auf etwas anders
applicirten, weil sie aber dennoch zu den Wis-

sen-
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ge geleget, ob er gleich den gantzen ambitum ei-
ner gewiſſen Facultaͤt nicht innen haͤtte, wenn
alſo einer von Adel oder auch ein anderer, z. E.
das Jus publicum oder einen andern Partem ju-
ris
rechtſchaffen excolirte, und bey dem Exa-
mine
wohl beſtanden, ob er ſich ſchon um die
uͤbrigen Theile des Rechtens wenig oder gar
nichts bekuͤmmert, ſo koͤnte er doch vor einen ge-
lehrten Menſchen paſſiren, und ſo mit denen
uͤbrigen Diſciplinen. Zum dritten muͤſte
auch die Sprach-Erkaͤnntniß paſſiren, weil
Leute, die etwas rechts in Sprachen gethan
und ſonſt einen guten natuͤrlichen Verſtand
darbey haben, auch ein gut Concept zu machen
geſchickt, in der Welt gar wohl zu gebrauchen.
Zum vierdten muͤſte es eben nicht drauf ankom-
men, daß einer ſehr fertig in der lateiniſchen
Sprache waͤre, ſondern erlaubt ſeyn, ſich auch
bißweilen auf teutſch zu expliciren, wenn er nur
erwieſen, daß er die Sache verſtuͤnde. Zum
fuͤnfften muͤſte man auch einiger Maßen Gedult
haben mit denjenigen, die zwar Luſt zum Studiis
haͤtten, und ſichs ſehr ſauer werden laſſen, aber
wegen ihres langſamen und ungluͤcklichen Na-
turells nicht allzugroſſe Profectus machen koͤn-
ten. Ob zwar ſolche Leute beſſer thaͤten, daß
ſie gar nicht ſtudirten und ſich auf etwas anders
applicirten, weil ſie aber dennoch zu den Wiſ-

ſen-
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[423/0443] ge geleget, ob er gleich den gantzen ambitum ei- ner gewiſſen Facultaͤt nicht innen haͤtte, wenn alſo einer von Adel oder auch ein anderer, z. E. das Jus publicum oder einen andern Partem ju- ris rechtſchaffen excolirte, und bey dem Exa- mine wohl beſtanden, ob er ſich ſchon um die uͤbrigen Theile des Rechtens wenig oder gar nichts bekuͤmmert, ſo koͤnte er doch vor einen ge- lehrten Menſchen paſſiren, und ſo mit denen uͤbrigen Diſciplinen. Zum dritten muͤſte auch die Sprach-Erkaͤnntniß paſſiren, weil Leute, die etwas rechts in Sprachen gethan und ſonſt einen guten natuͤrlichen Verſtand darbey haben, auch ein gut Concept zu machen geſchickt, in der Welt gar wohl zu gebrauchen. Zum vierdten muͤſte es eben nicht drauf ankom- men, daß einer ſehr fertig in der lateiniſchen Sprache waͤre, ſondern erlaubt ſeyn, ſich auch bißweilen auf teutſch zu expliciren, wenn er nur erwieſen, daß er die Sache verſtuͤnde. Zum fuͤnfften muͤſte man auch einiger Maßen Gedult haben mit denjenigen, die zwar Luſt zum Studiis haͤtten, und ſichs ſehr ſauer werden laſſen, aber wegen ihres langſamen und ungluͤcklichen Na- turells nicht allzugroſſe Profectus machen koͤn- ten. Ob zwar ſolche Leute beſſer thaͤten, daß ſie gar nicht ſtudirten und ſich auf etwas anders applicirten, weil ſie aber dennoch zu den Wiſ- ſen- D d 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/443>, abgerufen am 16.07.2024.