ge geleget, ob er gleich den gantzen ambitum ei- ner gewissen Facultät nicht innen hätte, wenn also einer von Adel oder auch ein anderer, z. E. das Jus publicum oder einen andern Partem ju- ris rechtschaffen excolirte, und bey dem Exa- mine wohl bestanden, ob er sich schon um die übrigen Theile des Rechtens wenig oder gar nichts bekümmert, so könte er doch vor einen ge- lehrten Menschen passiren, und so mit denen übrigen Disciplinen. Zum dritten müste auch die Sprach-Erkänntniß passiren, weil Leute, die etwas rechts in Sprachen gethan und sonst einen guten natürlichen Verstand darbey haben, auch ein gut Concept zu machen geschickt, in der Welt gar wohl zu gebrauchen. Zum vierdten müste es eben nicht drauf ankom- men, daß einer sehr fertig in der lateinischen Sprache wäre, sondern erlaubt seyn, sich auch bißweilen auf teutsch zu expliciren, wenn er nur erwiesen, daß er die Sache verstünde. Zum fünfften müste man auch einiger Maßen Gedult haben mit denjenigen, die zwar Lust zum Studiis hätten, und sichs sehr sauer werden lassen, aber wegen ihres langsamen und unglücklichen Na- turells nicht allzugrosse Profectus machen kön- ten. Ob zwar solche Leute besser thäten, daß sie gar nicht studirten und sich auf etwas anders applicirten, weil sie aber dennoch zu den Wis-
sen-
D d 4
ge geleget, ob er gleich den gantzen ambitum ei- ner gewiſſen Facultaͤt nicht innen haͤtte, wenn alſo einer von Adel oder auch ein anderer, z. E. das Jus publicum oder einen andern Partem ju- ris rechtſchaffen excolirte, und bey dem Exa- mine wohl beſtanden, ob er ſich ſchon um die uͤbrigen Theile des Rechtens wenig oder gar nichts bekuͤmmert, ſo koͤnte er doch vor einen ge- lehrten Menſchen paſſiren, und ſo mit denen uͤbrigen Diſciplinen. Zum dritten muͤſte auch die Sprach-Erkaͤnntniß paſſiren, weil Leute, die etwas rechts in Sprachen gethan und ſonſt einen guten natuͤrlichen Verſtand darbey haben, auch ein gut Concept zu machen geſchickt, in der Welt gar wohl zu gebrauchen. Zum vierdten muͤſte es eben nicht drauf ankom- men, daß einer ſehr fertig in der lateiniſchen Sprache waͤre, ſondern erlaubt ſeyn, ſich auch bißweilen auf teutſch zu expliciren, wenn er nur erwieſen, daß er die Sache verſtuͤnde. Zum fuͤnfften muͤſte man auch einiger Maßen Gedult haben mit denjenigen, die zwar Luſt zum Studiis haͤtten, und ſichs ſehr ſauer werden laſſen, aber wegen ihres langſamen und ungluͤcklichen Na- turells nicht allzugroſſe Profectus machen koͤn- ten. Ob zwar ſolche Leute beſſer thaͤten, daß ſie gar nicht ſtudirten und ſich auf etwas anders applicirten, weil ſie aber dennoch zu den Wiſ-
ſen-
D d 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0443"n="423"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> ge geleget, ob er gleich den gantzen <hirendition="#aq">ambitum</hi> ei-<lb/>
ner gewiſſen <hirendition="#aq">Facul</hi>taͤt nicht innen haͤtte, wenn<lb/>
alſo einer von Adel oder auch ein anderer, z. E.<lb/>
das <hirendition="#aq">Jus publicum</hi> oder einen andern <hirendition="#aq">Partem ju-<lb/>
ris</hi> rechtſchaffen <hirendition="#aq">excoli</hi>rte, und bey dem <hirendition="#aq">Exa-<lb/>
mine</hi> wohl beſtanden, ob er ſich ſchon um die<lb/>
uͤbrigen Theile des Rechtens wenig oder gar<lb/>
nichts bekuͤmmert, ſo koͤnte er doch vor einen ge-<lb/>
lehrten Menſchen <hirendition="#aq">paſſi</hi>ren, und ſo mit denen<lb/>
uͤbrigen <hirendition="#aq">Diſciplin</hi>en. Zum dritten muͤſte<lb/>
auch die Sprach-Erkaͤnntniß <hirendition="#aq">paſſi</hi>ren, weil<lb/>
Leute, die etwas rechts in Sprachen gethan<lb/>
und ſonſt einen guten natuͤrlichen Verſtand<lb/>
darbey haben, auch ein gut Concept zu machen<lb/>
geſchickt, in der Welt gar wohl zu gebrauchen.<lb/>
Zum vierdten muͤſte es eben nicht drauf ankom-<lb/>
men, daß einer ſehr fertig in der lateiniſchen<lb/>
Sprache waͤre, ſondern erlaubt ſeyn, ſich auch<lb/>
bißweilen auf teutſch zu <hirendition="#aq">explici</hi>ren, wenn er nur<lb/>
erwieſen, daß er die Sache verſtuͤnde. Zum<lb/>
fuͤnfften muͤſte man auch einiger Maßen Gedult<lb/>
haben mit denjenigen, die zwar Luſt zum <hirendition="#aq">Studiis</hi><lb/>
haͤtten, und ſichs ſehr ſauer werden laſſen, aber<lb/>
wegen ihres langſamen und ungluͤcklichen Na-<lb/>
turells nicht allzugroſſe <hirendition="#aq">Profectus</hi> machen koͤn-<lb/>
ten. Ob zwar ſolche Leute beſſer thaͤten, daß<lb/>ſie gar nicht ſtudirten und ſich auf etwas anders<lb/><hirendition="#aq">applici</hi>rten, weil ſie aber dennoch zu den Wiſ-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">D d 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſen-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[423/0443]
ge geleget, ob er gleich den gantzen ambitum ei-
ner gewiſſen Facultaͤt nicht innen haͤtte, wenn
alſo einer von Adel oder auch ein anderer, z. E.
das Jus publicum oder einen andern Partem ju-
ris rechtſchaffen excolirte, und bey dem Exa-
mine wohl beſtanden, ob er ſich ſchon um die
uͤbrigen Theile des Rechtens wenig oder gar
nichts bekuͤmmert, ſo koͤnte er doch vor einen ge-
lehrten Menſchen paſſiren, und ſo mit denen
uͤbrigen Diſciplinen. Zum dritten muͤſte
auch die Sprach-Erkaͤnntniß paſſiren, weil
Leute, die etwas rechts in Sprachen gethan
und ſonſt einen guten natuͤrlichen Verſtand
darbey haben, auch ein gut Concept zu machen
geſchickt, in der Welt gar wohl zu gebrauchen.
Zum vierdten muͤſte es eben nicht drauf ankom-
men, daß einer ſehr fertig in der lateiniſchen
Sprache waͤre, ſondern erlaubt ſeyn, ſich auch
bißweilen auf teutſch zu expliciren, wenn er nur
erwieſen, daß er die Sache verſtuͤnde. Zum
fuͤnfften muͤſte man auch einiger Maßen Gedult
haben mit denjenigen, die zwar Luſt zum Studiis
haͤtten, und ſichs ſehr ſauer werden laſſen, aber
wegen ihres langſamen und ungluͤcklichen Na-
turells nicht allzugroſſe Profectus machen koͤn-
ten. Ob zwar ſolche Leute beſſer thaͤten, daß
ſie gar nicht ſtudirten und ſich auf etwas anders
applicirten, weil ſie aber dennoch zu den Wiſ-
ſen-
D d 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/443>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.