entweder erkennen, daß dieselben Gesetze ihre und der übrigen Unterthanen Glückseeligkeit befördern helffen, oder in ihrem Gewissen, ver- möge des Göttlichen Befehls, der Obrigkeit zu gehorchen verbunden, so ist doch die An- zahl derjenigen, die die gehörige Reflexion hier- innen zu machen pflegen, sehr klein, und hinge- gen die meisten werden zu Beobachtung der Gesetze durch nichts anders, als durch die in denselben denen andern Ubertretern gedroheten Straffe angetrieben.
§. 5. Da einem gantzen Lande daran ge- legen, daß die Straffen gegen die Missethäter nicht allein exequiret, sondern auch den Regeln der Gerechtigkeit und der Klugheit nach einge- richtet werden, so hat eine hohe Landes-Obrig- keit Ursache besorget zu seyn, daß sie den recht- mäßigen Endzweck der Straffen erhalten mö- ge. Die Absicht bey den Straffen muß seyn, daß entweder die Verbrecher gebessert und das Böse inskünfftige unterlassen werde, oder man sie gantz und gar aus dem Wege räume, damit sie ihren Nächsten weder hier noch anderswo beleidigen, und andere von Begehung derglei- chen Missethaten hierdurch abgeschreckt wer- den. Wenn man nun diese Endzwecke verab- säumet, und die Leute nicht gehöriger Massen bestrafft, so degeneriret der rechtmäßige Ge-
brauch
K k 3
entweder erkennen, daß dieſelben Geſetze ihre und der uͤbrigen Unterthanen Gluͤckſeeligkeit befoͤrdern helffen, oder in ihrem Gewiſſen, ver- moͤge des Goͤttlichen Befehls, der Obrigkeit zu gehorchen verbunden, ſo iſt doch die An- zahl derjenigen, die die gehoͤrige Reflexion hier- innen zu machen pflegen, ſehr klein, und hinge- gen die meiſten werden zu Beobachtung der Geſetze durch nichts anders, als durch die in denſelben denen andern Ubertretern gedroheten Straffe angetrieben.
§. 5. Da einem gantzen Lande daran ge- legen, daß die Straffen gegen die Miſſethaͤter nicht allein exequiret, ſondern auch den Regeln der Gerechtigkeit und der Klugheit nach einge- richtet werden, ſo hat eine hohe Landes-Obrig- keit Urſache beſorget zu ſeyn, daß ſie den recht- maͤßigen Endzweck der Straffen erhalten moͤ- ge. Die Abſicht bey den Straffen muß ſeyn, daß entweder die Verbrecher gebeſſert und das Boͤſe inskuͤnfftige unterlaſſen werde, oder man ſie gantz und gar aus dem Wege raͤume, damit ſie ihren Naͤchſten weder hier noch anderswo beleidigen, und andere von Begehung derglei- chen Miſſethaten hierdurch abgeſchreckt wer- den. Wenn man nun dieſe Endzwecke verab- ſaͤumet, und die Leute nicht gehoͤriger Maſſen beſtrafft, ſo degeneriret der rechtmaͤßige Ge-
brauch
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entweder erkennen, daß dieſelben Geſetze ihre
und der uͤbrigen Unterthanen Gluͤckſeeligkeit
befoͤrdern helffen, oder in ihrem Gewiſſen, ver-
moͤge des Goͤttlichen Befehls, der Obrigkeit
zu gehorchen verbunden, ſo iſt doch die An-
zahl derjenigen, die die gehoͤrige Reflexion hier-
innen zu machen pflegen, ſehr klein, und hinge-
gen die meiſten werden zu Beobachtung der
Geſetze durch nichts anders, als durch die in
denſelben denen andern Ubertretern gedroheten
Straffe angetrieben.
§. 5. Da einem gantzen Lande daran ge-
legen, daß die Straffen gegen die Miſſethaͤter
nicht allein exequiret, ſondern auch den Regeln
der Gerechtigkeit und der Klugheit nach einge-
richtet werden, ſo hat eine hohe Landes-Obrig-
keit Urſache beſorget zu ſeyn, daß ſie den recht-
maͤßigen Endzweck der Straffen erhalten moͤ-
ge. Die Abſicht bey den Straffen muß ſeyn,
daß entweder die Verbrecher gebeſſert und das
Boͤſe inskuͤnfftige unterlaſſen werde, oder man
ſie gantz und gar aus dem Wege raͤume, damit
ſie ihren Naͤchſten weder hier noch anderswo
beleidigen, und andere von Begehung derglei-
chen Miſſethaten hierdurch abgeſchreckt wer-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/537>, abgerufen am 22.11.2024.
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