get seyn. Er muß nicht allein wissen, wie er mit Verstand und Vorsichtigkeit sich bey sei- nem Heyrathen, Erziehung der Fürstl. Kinder, Schlüssung der Contracte, Oeconomie- Wesen und Aufrichtung der Testamente, u. s. w. bezeigen, sondern auch Land und Leute weiß- lich beherrschen soll. Gleichwie ein Landes- Fürst zwey moralische Personen praesentirt, erstlich eine Privat-Person, die in manchen actionen sich andern Privat-Leuten conformi- ren muß, hernach aber auch als ein Fürst zu- consideriren ist, der die Handlungen seiner Unterthanen zu dirigiren hat; Also muß er, will er anders seine Regenten-Pflicht gehöri ger Maßen in Acht nehmen, in prudentia priva- ta & publica wohl versiret seyn.
§. 2. Das Haupt-Werck der Klugheit eines Regenten beruhet darauf, daß er allezeit seine Glückseeligkeit mit der Glückseligkeit sei- ner Unterthanen zu vereinbahren suchet und be- dencket, daß dieselbe niemahls von einander ab- gesondert werden könne. Das Glück eines Regenten, so nicht auf das Wohl des Landes mit gegründet, ist von keiner Daure, wie sol- ches aus vielen alten und neuen Historien ab- zusehen. Er muß bey allen seinen actionen das Glück seiner Unterthanen zur Absicht ma- chen und nichts vornehmen, was mit solchen
nicht
get ſeyn. Er muß nicht allein wiſſen, wie er mit Verſtand und Vorſichtigkeit ſich bey ſei- nem Heyrathen, Erziehung der Fuͤrſtl. Kinder, Schluͤſſung der Contracte, Oeconomie- Weſen und Aufrichtung der Teſtamente, u. ſ. w. bezeigen, ſondern auch Land und Leute weiß- lich beherrſchen ſoll. Gleichwie ein Landes- Fuͤrſt zwey moraliſche Perſonen præſentirt, erſtlich eine Privat-Perſon, die in manchen actionen ſich andern Privat-Leuten conformi- ren muß, hernach aber auch als ein Fuͤrſt zu- conſideriren iſt, der die Handlungen ſeiner Unterthanen zu dirigiren hat; Alſo muß er, will er anders ſeine Regenten-Pflicht gehoͤri ger Maßen in Acht nehmen, in prudentia priva- ta & publica wohl verſiret ſeyn.
§. 2. Das Haupt-Werck der Klugheit eines Regenten beruhet darauf, daß er allezeit ſeine Gluͤckſeeligkeit mit der Gluͤckſeligkeit ſei- ner Unterthanen zu vereinbahren ſuchet und be- dencket, daß dieſelbe niemahls von einander ab- geſondert werden koͤnne. Das Gluͤck eines Regenten, ſo nicht auf das Wohl des Landes mit gegruͤndet, iſt von keiner Daure, wie ſol- ches aus vielen alten und neuen Hiſtorien ab- zuſehen. Er muß bey allen ſeinen actionen das Gluͤck ſeiner Unterthanen zur Abſicht ma- chen und nichts vornehmen, was mit ſolchen
nicht
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get ſeyn. Er muß nicht allein wiſſen, wie er
mit Verſtand und Vorſichtigkeit ſich bey ſei-
nem Heyrathen, Erziehung der Fuͤrſtl. Kinder,
Schluͤſſung der Contracte, Oeconomie-
Weſen und Aufrichtung der Teſtamente, u. ſ.
w. bezeigen, ſondern auch Land und Leute weiß-
lich beherrſchen ſoll. Gleichwie ein Landes-
Fuͤrſt zwey moraliſche Perſonen præſentirt,
erſtlich eine Privat-Perſon, die in manchen
actionen ſich andern Privat-Leuten conformi-
ren muß, hernach aber auch als ein Fuͤrſt zu-
conſideriren iſt, der die Handlungen ſeiner
Unterthanen zu dirigiren hat; Alſo muß er,
will er anders ſeine Regenten-Pflicht gehoͤri
ger Maßen in Acht nehmen, in prudentia priva-
ta & publica wohl verſiret ſeyn.
§. 2. Das Haupt-Werck der Klugheit
eines Regenten beruhet darauf, daß er allezeit
ſeine Gluͤckſeeligkeit mit der Gluͤckſeligkeit ſei-
ner Unterthanen zu vereinbahren ſuchet und be-
dencket, daß dieſelbe niemahls von einander ab-
geſondert werden koͤnne. Das Gluͤck eines
Regenten, ſo nicht auf das Wohl des Landes
mit gegruͤndet, iſt von keiner Daure, wie ſol-
ches aus vielen alten und neuen Hiſtorien ab-
zuſehen. Er muß bey allen ſeinen actionen
das Gluͤck ſeiner Unterthanen zur Abſicht ma-
chen und nichts vornehmen, was mit ſolchen
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/54>, abgerufen am 21.11.2024.
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