ten, wo eben die Handlung nicht sonderlich starck florirte, daß man ihnen mit Raspeln des Brasi- lien-Holtzes, Zubereitung der Wolle, u. s. w. nichts zu thun geben könte, schon andere Arbeit verschaffen, so daß man fast durch diesen Ver- dienst die Leute bey ihrer geringen Kost erhal- ten möchte. Also könten sie in den Städten allerhand Taglöhner-Arbeit, wenn z. E. Ge- bäude verfertiget würden, mit Handlangen, Holtz machen, Bier tragen, u. s. w. verrichten, und man müste ihnen weniger geben, als den übrigen Taglöhnern, damit sie die Leute in Diensten auch gebrauchten. Eine gleiche Be- schaffenheit hat es mit denen, die auf den Fe- stungs-Bau condemniret sind, und auch da- selbst allerhand saure Arbeit verrichten müssen.
§. 28. Es sind manche Laster in der Re- public, auf die die Landes-Obrigkeiten keine Straffe setzen können, theils, weil die Republic mehr in Unordnung gesetzet würde, wenn ein Landes-Herr in Bestraffung der lasterhafften Dinge allzu accurat seyn wolte, theils auch, weil sie sich unter die Masque der Tugenden so verstecken, daß man ihre wahre Gestalt gar schwerlich entdecken kan. Also verstecket sich der Geitz unter der Sparsamkeit, die Heuche- ley unter der Gottesfurcht, der Ehrgeitz unter einer rechtschaffenen Conduite, da man sich
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ten, wo eben die Handlung nicht ſonderlich ſtarck florirte, daß man ihnen mit Raſpeln des Braſi- lien-Holtzes, Zubereitung der Wolle, u. ſ. w. nichts zu thun geben koͤnte, ſchon andere Arbeit verſchaffen, ſo daß man faſt durch dieſen Ver- dienſt die Leute bey ihrer geringen Koſt erhal- ten moͤchte. Alſo koͤnten ſie in den Staͤdten allerhand Tagloͤhner-Arbeit, wenn z. E. Ge- baͤude verfertiget wuͤrden, mit Handlangen, Holtz machen, Bier tragen, u. ſ. w. verrichten, und man muͤſte ihnen weniger geben, als den uͤbrigen Tagloͤhnern, damit ſie die Leute in Dienſten auch gebrauchten. Eine gleiche Be- ſchaffenheit hat es mit denen, die auf den Fe- ſtungs-Bau condemniret ſind, und auch da- ſelbſt allerhand ſaure Arbeit verrichten muͤſſen.
§. 28. Es ſind manche Laſter in der Re- public, auf die die Landes-Obrigkeiten keine Straffe ſetzen koͤnnen, theils, weil die Republic mehr in Unordnung geſetzet wuͤrde, wenn ein Landes-Herr in Beſtraffung der laſterhafften Dinge allzu accurat ſeyn wolte, theils auch, weil ſie ſich unter die Maſque der Tugenden ſo verſtecken, daß man ihre wahre Geſtalt gar ſchwerlich entdecken kan. Alſo verſtecket ſich der Geitz unter der Sparſamkeit, die Heuche- ley unter der Gottesfurcht, der Ehrgeitz unter einer rechtſchaffenen Conduite, da man ſich
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ten, wo eben die Handlung nicht ſonderlich ſtarck
florirte, daß man ihnen mit Raſpeln des Braſi-
lien-Holtzes, Zubereitung der Wolle, u. ſ. w.
nichts zu thun geben koͤnte, ſchon andere Arbeit
verſchaffen, ſo daß man faſt durch dieſen Ver-
dienſt die Leute bey ihrer geringen Koſt erhal-
ten moͤchte. Alſo koͤnten ſie in den Staͤdten
allerhand Tagloͤhner-Arbeit, wenn z. E. Ge-
baͤude verfertiget wuͤrden, mit Handlangen,
Holtz machen, Bier tragen, u. ſ. w. verrichten,
und man muͤſte ihnen weniger geben, als den
uͤbrigen Tagloͤhnern, damit ſie die Leute in
Dienſten auch gebrauchten. Eine gleiche Be-
ſchaffenheit hat es mit denen, die auf den Fe-
ſtungs-Bau condemniret ſind, und auch da-
ſelbſt allerhand ſaure Arbeit verrichten muͤſſen.
§. 28. Es ſind manche Laſter in der Re-
public, auf die die Landes-Obrigkeiten keine
Straffe ſetzen koͤnnen, theils, weil die Republic
mehr in Unordnung geſetzet wuͤrde, wenn ein
Landes-Herr in Beſtraffung der laſterhafften
Dinge allzu accurat ſeyn wolte, theils auch,
weil ſie ſich unter die Maſque der Tugenden ſo
verſtecken, daß man ihre wahre Geſtalt gar
ſchwerlich entdecken kan. Alſo verſtecket ſich
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ley unter der Gottesfurcht, der Ehrgeitz unter
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/565>, abgerufen am 22.11.2024.
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