Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



Provintz abgesondert werde. Und ob gleich in
den Fundamental-Gesetzen alle Veräusserung
verbothen wäre, so ist doch die Alienation bey
diesem Nothfall vor zuläßig zu achten, weil die
Tranquillität der Republic auf keine andere
Art herzustellen. Nachdem nun ein solch ab-
gerissen Volck zu seiner Freyheit wieder gedie-
hen, so exeriren sich die Völcker-Rechte bey ei-
nem solchen Volck, und dem vorigen Landes-
Herrn steht gar kein Recht zu, dieses Volck,
wenn es einmahl dimittirt, wieder unter seine
Bothmäßigkeit zu bringen. Nun scheinet wohl
im Wege zu stehen, daß diese Provintz sich un-
rechtmäßiger Weise loß gerissen, und also die-
ses Pactum nicht obligatorisch sey. Allein
es wird dieses Vitium durch das nachfolgende
Pactum wieder weggenommen, und die Regeln
von dem gezwungenen Versprechen lassen sich
hieher nicht gar wohl appliciren.

§. 20. Wenn ein Landes-Fürst sich ge-
gen seine Unterthanen freundlich und vernünff-
tig aufführet, und gegen sie so bezeuget, daß sie
mit Recht erkennen, wie sie einen Landes-Va-
ter an Jhm haben, und Er auf ihr wahres
Wohlseyn sein Absehen richte, auch davor hal-
te, daß seine Glückseeligkeit allezeit mit der ih-
rigen vergesellschafftet seyn müste, so wird
Er nicht Ursach haben, sich vor Rebellionen zu

fürch-



Provintz abgeſondert werde. Und ob gleich in
den Fundamental-Geſetzen alle Veraͤuſſerung
verbothen waͤre, ſo iſt doch die Alienation bey
dieſem Nothfall vor zulaͤßig zu achten, weil die
Tranquillitaͤt der Republic auf keine andere
Art herzuſtellen. Nachdem nun ein ſolch ab-
geriſſen Volck zu ſeiner Freyheit wieder gedie-
hen, ſo exeriren ſich die Voͤlcker-Rechte bey ei-
nem ſolchen Volck, und dem vorigen Landes-
Herrn ſteht gar kein Recht zu, dieſes Volck,
wenn es einmahl dimittirt, wieder unter ſeine
Bothmaͤßigkeit zu bringen. Nun ſcheinet wohl
im Wege zu ſtehen, daß dieſe Provintz ſich un-
rechtmaͤßiger Weiſe loß geriſſen, und alſo die-
ſes Pactum nicht obligatoriſch ſey. Allein
es wird dieſes Vitium durch das nachfolgende
Pactum wieder weggenommen, und die Regeln
von dem gezwungenen Verſprechen laſſen ſich
hieher nicht gar wohl appliciren.

§. 20. Wenn ein Landes-Fuͤrſt ſich ge-
gen ſeine Unterthanen freundlich und vernuͤnff-
tig auffuͤhret, und gegen ſie ſo bezeuget, daß ſie
mit Recht erkennen, wie ſie einen Landes-Va-
ter an Jhm haben, und Er auf ihr wahres
Wohlſeyn ſein Abſehen richte, auch davor hal-
te, daß ſeine Gluͤckſeeligkeit allezeit mit der ih-
rigen vergeſellſchafftet ſeyn muͤſte, ſo wird
Er nicht Urſach haben, ſich vor Rebellionen zu

fuͤrch-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0584" n="564"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> Provintz abge&#x017F;ondert werde. Und ob gleich in<lb/>
den Fundamental-Ge&#x017F;etzen alle Vera&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erung<lb/>
verbothen wa&#x0364;re, &#x017F;o i&#x017F;t doch die <hi rendition="#aq">Alienation</hi> bey<lb/>
die&#x017F;em Nothfall vor zula&#x0364;ßig zu achten, weil die<lb/><hi rendition="#aq">Tranquilli</hi>ta&#x0364;t der Republic auf keine andere<lb/>
Art herzu&#x017F;tellen. Nachdem nun ein &#x017F;olch ab-<lb/>
geri&#x017F;&#x017F;en Volck zu &#x017F;einer Freyheit wieder gedie-<lb/>
hen, &#x017F;o <hi rendition="#aq">exeri</hi>ren &#x017F;ich die Vo&#x0364;lcker-Rechte bey ei-<lb/>
nem &#x017F;olchen Volck, und dem vorigen Landes-<lb/>
Herrn &#x017F;teht gar kein Recht zu, die&#x017F;es Volck,<lb/>
wenn es einmahl <hi rendition="#aq">dimitti</hi>rt, wieder unter &#x017F;eine<lb/>
Bothma&#x0364;ßigkeit zu bringen. Nun &#x017F;cheinet wohl<lb/>
im Wege zu &#x017F;tehen, daß die&#x017F;e Provintz &#x017F;ich un-<lb/>
rechtma&#x0364;ßiger Wei&#x017F;e loß geri&#x017F;&#x017F;en, und al&#x017F;o die-<lb/>
&#x017F;es <hi rendition="#aq">Pactum</hi> nicht <hi rendition="#aq">obligatori</hi>&#x017F;ch &#x017F;ey. Allein<lb/>
es wird die&#x017F;es <hi rendition="#aq">Vitium</hi> durch das nachfolgende<lb/><hi rendition="#aq">Pactum</hi> wieder weggenommen, und die Regeln<lb/>
von dem gezwungenen Ver&#x017F;prechen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
hieher nicht gar wohl <hi rendition="#aq">applici</hi>ren.</p><lb/>
        <p>§. 20. Wenn ein Landes-Fu&#x0364;r&#x017F;t &#x017F;ich ge-<lb/>
gen &#x017F;eine Unterthanen freundlich und vernu&#x0364;nff-<lb/>
tig auffu&#x0364;hret, und gegen &#x017F;ie &#x017F;o bezeuget, daß &#x017F;ie<lb/>
mit Recht erkennen, wie &#x017F;ie einen Landes-Va-<lb/>
ter an Jhm haben, und Er auf ihr wahres<lb/>
Wohl&#x017F;eyn &#x017F;ein Ab&#x017F;ehen richte, auch davor hal-<lb/>
te, daß &#x017F;eine Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit allezeit mit der ih-<lb/>
rigen verge&#x017F;ell&#x017F;chafftet &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;te, &#x017F;o wird<lb/>
Er nicht Ur&#x017F;ach haben, &#x017F;ich vor Rebellionen zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fu&#x0364;rch-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[564/0584] Provintz abgeſondert werde. Und ob gleich in den Fundamental-Geſetzen alle Veraͤuſſerung verbothen waͤre, ſo iſt doch die Alienation bey dieſem Nothfall vor zulaͤßig zu achten, weil die Tranquillitaͤt der Republic auf keine andere Art herzuſtellen. Nachdem nun ein ſolch ab- geriſſen Volck zu ſeiner Freyheit wieder gedie- hen, ſo exeriren ſich die Voͤlcker-Rechte bey ei- nem ſolchen Volck, und dem vorigen Landes- Herrn ſteht gar kein Recht zu, dieſes Volck, wenn es einmahl dimittirt, wieder unter ſeine Bothmaͤßigkeit zu bringen. Nun ſcheinet wohl im Wege zu ſtehen, daß dieſe Provintz ſich un- rechtmaͤßiger Weiſe loß geriſſen, und alſo die- ſes Pactum nicht obligatoriſch ſey. Allein es wird dieſes Vitium durch das nachfolgende Pactum wieder weggenommen, und die Regeln von dem gezwungenen Verſprechen laſſen ſich hieher nicht gar wohl appliciren. §. 20. Wenn ein Landes-Fuͤrſt ſich ge- gen ſeine Unterthanen freundlich und vernuͤnff- tig auffuͤhret, und gegen ſie ſo bezeuget, daß ſie mit Recht erkennen, wie ſie einen Landes-Va- ter an Jhm haben, und Er auf ihr wahres Wohlſeyn ſein Abſehen richte, auch davor hal- te, daß ſeine Gluͤckſeeligkeit allezeit mit der ih- rigen vergeſellſchafftet ſeyn muͤſte, ſo wird Er nicht Urſach haben, ſich vor Rebellionen zu fuͤrch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/584
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/584>, abgerufen am 26.06.2024.