che bey dem neuen Corpore juris oder Gesetz- Buche allerdings zu vermeiden wäre.
§. 16. Es wäre zwar zu wünschen, daß son- derlich das Römische Corpus juris durch Lan- desherrl. Autorität verbessert werden möchte, als welches meines Erachtens eher einer Refor- me vonnöthen hat, denn die Land- und Provin- cial-Rechte. Allein es wird dieser Wunsch wohl gar schwerlich in seine Erfüllung gehen, sondern unter die pia desideria zu rechnen seyn. Der Neid, Geitz, Ehrgeitz und andere Absich- ten werden wohl verhindern, daß solche Consi- lia wie gut und heilsam sie sind, nicht zur Exe- cution gebracht werden und zwar aus folgen- den raisons: Es sind diejenigen Leute gar rar, die in die Gesetze des natürlichen Rechts eine rechte tieffe Einsicht haben: Die meisten Stu- diosi haben ihren Zweck erreicht, wenn sie bey ihren juristischen und legulejistischen Cram, den sie von Universitäten mit wegtragen, Brod erwerben können und weil sie wohl wissen, daß die liebe güldene Praxis auff den Pfeiler der al- ten Römischen Gesetze gegründet, so meynen sie, es sey ihrem Interesse zuwider, wenn sie an demselbigen solten zu rütteln anfangen. Dar- um bleiben sie bey dem alten Schlendrian, wie sie es von ihren Praeceptoribus, deren Seelen bey manchen sich in ein argumentum legis Ro-
manae
che bey dem neuen Corpore juris oder Geſetz- Buche allerdings zu vermeiden waͤre.
§. 16. Es waͤre zwar zu wuͤnſchen, daß ſon- derlich das Roͤmiſche Corpus juris durch Lan- desherrl. Autoritaͤt verbeſſert werden moͤchte, als welches meines Erachtens eher einer Refor- me vonnoͤthen hat, denn die Land- und Provin- cial-Rechte. Allein es wird dieſer Wunſch wohl gar ſchwerlich in ſeine Erfuͤllung gehen, ſondern unter die pia deſideria zu rechnen ſeyn. Der Neid, Geitz, Ehrgeitz und andere Abſich- ten werden wohl verhindern, daß ſolche Conſi- lia wie gut und heilſam ſie ſind, nicht zur Exe- cution gebracht werden und zwar aus folgen- den raiſons: Es ſind diejenigen Leute gar rar, die in die Geſetze des natuͤrlichen Rechts eine rechte tieffe Einſicht haben: Die meiſten Stu- dioſi haben ihren Zweck erreicht, wenn ſie bey ihren juriſtiſchen und legulejiſtiſchen Cram, den ſie von Univerſitaͤten mit wegtragen, Brod erwerben koͤnnen und weil ſie wohl wiſſen, daß die liebe guͤldene Praxis auff den Pfeiler der al- ten Roͤmiſchen Geſetze gegruͤndet, ſo meynen ſie, es ſey ihrem Intereſſe zuwider, wenn ſie an demſelbigen ſolten zu ruͤtteln anfangen. Dar- um bleiben ſie bey dem alten Schlendrian, wie ſie es von ihren Præceptoribus, deren Seelen bey manchen ſich in ein argumentum legis Ro-
manæ
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che bey dem neuen Corpore juris oder Geſetz-
Buche allerdings zu vermeiden waͤre.
§. 16. Es waͤre zwar zu wuͤnſchen, daß ſon-
derlich das Roͤmiſche Corpus juris durch Lan-
desherrl. Autoritaͤt verbeſſert werden moͤchte,
als welches meines Erachtens eher einer Refor-
me vonnoͤthen hat, denn die Land- und Provin-
cial-Rechte. Allein es wird dieſer Wunſch
wohl gar ſchwerlich in ſeine Erfuͤllung gehen,
ſondern unter die pia deſideria zu rechnen ſeyn.
Der Neid, Geitz, Ehrgeitz und andere Abſich-
ten werden wohl verhindern, daß ſolche Conſi-
lia wie gut und heilſam ſie ſind, nicht zur Exe-
cution gebracht werden und zwar aus folgen-
den raiſons: Es ſind diejenigen Leute gar rar,
die in die Geſetze des natuͤrlichen Rechts eine
rechte tieffe Einſicht haben: Die meiſten Stu-
dioſi haben ihren Zweck erreicht, wenn ſie bey
ihren juriſtiſchen und legulejiſtiſchen Cram,
den ſie von Univerſitaͤten mit wegtragen, Brod
erwerben koͤnnen und weil ſie wohl wiſſen, daß
die liebe guͤldene Praxis auff den Pfeiler der al-
ten Roͤmiſchen Geſetze gegruͤndet, ſo meynen ſie,
es ſey ihrem Intereſſe zuwider, wenn ſie an
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/607>, abgerufen am 22.11.2024.
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