nicht erwehnet. Da nun solche Leute andern, die einmahl wieder in der Republic Juristen abge- ben sollen, dergleichen principia beybringen, und die allerwenigsten die Landes-Gesetze und Verordnungen selbst durchlesen, so siehet man gar leicht, auff was vor Art ein Gesetze, dessen Autorität und Gültigkeit bey den Unterthanen, so lange es von dem Landes-Fürsten nicht abge- schafft wird, stetswährend seyn soll, in Ver- gessenheit, Verachtung und Entwohnheit kom- men könne. Sie können auch hier keine recht- mäßige Entschuldigung vorwenden, durch wel- che sie beybrächten, daß diese Boßheit zu par- doniren wäre. Denn an der Autorität der- selben Constitutionum zu zweifeln, ist leichtfer- tig, und zu fingiren, daß der Landes-Fürst zu dieser privat-Abschaffung der Gesetze seinen Consens drein gegeben, wäre abgeschmackt und einfältig. Also stehe in den Gedancken, daß alle diese Gesetze, der contrairen observantien ungeachtet, noch beständig und gültig seyn.
§. 29. Es erhellet gantz klar und deutlich, daß derjenigen Meynung, die die observantien und Auffsätze der Vorfahren unter die species juris mitzehlen wollen, schädlich und irrig sey, und man eben nicht nöthig habe, sich um die Ge- setze zu bekümmern, die die observantien ver- werffen, indem die argumenta der gesunden
Ver-
nicht erwehnet. Da nun ſolche Leute andern, die einmahl wieder in der Republic Juriſten abge- ben ſollen, dergleichen principia beybringen, und die allerwenigſten die Landes-Geſetze und Verordnungen ſelbſt durchleſen, ſo ſiehet man gar leicht, auff was vor Art ein Geſetze, deſſen Autoritaͤt und Guͤltigkeit bey den Unterthanen, ſo lange es von dem Landes-Fuͤrſten nicht abge- ſchafft wird, ſtetswaͤhrend ſeyn ſoll, in Ver- geſſenheit, Verachtung und Entwohnheit kom- men koͤnne. Sie koͤnnen auch hier keine recht- maͤßige Entſchuldigung vorwenden, durch wel- che ſie beybraͤchten, daß dieſe Boßheit zu par- doniren waͤre. Denn an der Autoritaͤt der- ſelben Conſtitutionum zu zweifeln, iſt leichtfer- tig, und zu fingiren, daß der Landes-Fuͤrſt zu dieſer privat-Abſchaffung der Geſetze ſeinen Conſens drein gegeben, waͤre abgeſchmackt und einfaͤltig. Alſo ſtehe in den Gedancken, daß alle dieſe Geſetze, der contrairen obſervantien ungeachtet, noch beſtaͤndig und guͤltig ſeyn.
§. 29. Es erhellet gantz klar und deutlich, daß derjenigen Meynung, die die obſervantien und Auffſaͤtze der Vorfahren unter die ſpecies juris mitzehlen wollen, ſchaͤdlich und irrig ſey, und man eben nicht noͤthig habe, ſich um die Ge- ſetze zu bekuͤmmern, die die obſervantien ver- werffen, indem die argumenta der geſunden
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nicht erwehnet. Da nun ſolche Leute andern, die
einmahl wieder in der Republic Juriſten abge-
ben ſollen, dergleichen principia beybringen,
und die allerwenigſten die Landes-Geſetze und
Verordnungen ſelbſt durchleſen, ſo ſiehet man
gar leicht, auff was vor Art ein Geſetze, deſſen
Autoritaͤt und Guͤltigkeit bey den Unterthanen,
ſo lange es von dem Landes-Fuͤrſten nicht abge-
ſchafft wird, ſtetswaͤhrend ſeyn ſoll, in Ver-
geſſenheit, Verachtung und Entwohnheit kom-
men koͤnne. Sie koͤnnen auch hier keine recht-
maͤßige Entſchuldigung vorwenden, durch wel-
che ſie beybraͤchten, daß dieſe Boßheit zu par-
doniren waͤre. Denn an der Autoritaͤt der-
ſelben Conſtitutionum zu zweifeln, iſt leichtfer-
tig, und zu fingiren, daß der Landes-Fuͤrſt zu
dieſer privat-Abſchaffung der Geſetze ſeinen
Conſens drein gegeben, waͤre abgeſchmackt und
einfaͤltig. Alſo ſtehe in den Gedancken, daß
alle dieſe Geſetze, der contrairen obſervantien
ungeachtet, noch beſtaͤndig und guͤltig ſeyn.
§. 29. Es erhellet gantz klar und deutlich,
daß derjenigen Meynung, die die obſervantien
und Auffſaͤtze der Vorfahren unter die ſpecies
juris mitzehlen wollen, ſchaͤdlich und irrig ſey,
und man eben nicht noͤthig habe, ſich um die Ge-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/623>, abgerufen am 22.11.2024.
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