Wahrheit der Sache wäre mehr zu sehen, als auf die Zierlichkeit des Libells, an Statt des- sen simplex facti species praemisso vel anne- xo petito genung seyn könte, wenn nur die dienlichen Umstände, woraus ein bündiger Schluß gemacht werden mag, darinnen anzu- treffen, die Wörter und Termini mögen im übrigen lauten, wie sie wollen, und muß auf die Wörter einlassen, antworten, Kriegrechtens befestigen, recognosciren, u. s. w. keine diffe- rentia processus gebauet werden, genung daß der Beklagte das medium concludendi und die Documenta entweder einzuräumen oder zu negiren, auch bey Straffe angehalten werden kan.
§. 31. Kein Libell soll ohne deutliche Mel- dung der Ursache und Beyfügen, wie es besser einzurichten, verworffen, auch zugleich allemahl eventualiter auf die responsion oder recogni- tion sub praejudicio interloquiret werden. Aeussert sich aber der defect im Libell sehr spät, darff man nur denselben sodann mit der dazu gehörigen Probation ohne neuen Proceß sup- pliren.
§. 32. Wenn es ein Richter verstehet, und Lust dazu hat, kan er fast alles Gezäncke und Unkosten super inepto libello, auch die meisten Zänckereyen und Unkosten super incompeten-
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Wahrheit der Sache waͤre mehr zu ſehen, als auf die Zierlichkeit des Libells, an Statt deſ- ſen ſimplex facti ſpecies præmiſſo vel anne- xo petito genung ſeyn koͤnte, wenn nur die dienlichen Umſtaͤnde, woraus ein buͤndiger Schluß gemacht werden mag, darinnen anzu- treffen, die Woͤrter und Termini moͤgen im uͤbrigen lauten, wie ſie wollen, und muß auf die Woͤrter einlaſſen, antworten, Kriegrechtens befeſtigen, recognoſciren, u. ſ. w. keine diffe- rentia proceſſus gebauet werden, genung daß der Beklagte das medium concludendi und die Documenta entweder einzuraͤumen oder zu negiren, auch bey Straffe angehalten werden kan.
§. 31. Kein Libell ſoll ohne deutliche Mel- dung der Urſache und Beyfuͤgen, wie es beſſer einzurichten, verworffen, auch zugleich allemahl eventualiter auf die reſponſion oder recogni- tion ſub præjudicio interloquiret werden. Aeuſſert ſich aber der defect im Libell ſehr ſpaͤt, darff man nur denſelben ſodann mit der dazu gehoͤrigen Probation ohne neuen Proceß ſup- pliren.
§. 32. Wenn es ein Richter verſtehet, und Luſt dazu hat, kan er faſt alles Gezaͤncke und Unkoſten ſuper inepto libello, auch die meiſten Zaͤnckereyen und Unkoſten ſuper incompeten-
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Wahrheit der Sache waͤre mehr zu ſehen, als
auf die Zierlichkeit des Libells, an Statt deſ-
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xo petito genung ſeyn koͤnte, wenn nur die
dienlichen Umſtaͤnde, woraus ein buͤndiger
Schluß gemacht werden mag, darinnen anzu-
treffen, die Woͤrter und Termini moͤgen im
uͤbrigen lauten, wie ſie wollen, und muß auf die
Woͤrter einlaſſen, antworten, Kriegrechtens
befeſtigen, recognoſciren, u. ſ. w. keine diffe-
rentia proceſſus gebauet werden, genung daß
der Beklagte das medium concludendi und
die Documenta entweder einzuraͤumen oder zu
negiren, auch bey Straffe angehalten werden
kan.
§. 31. Kein Libell ſoll ohne deutliche Mel-
dung der Urſache und Beyfuͤgen, wie es beſſer
einzurichten, verworffen, auch zugleich allemahl
eventualiter auf die reſponſion oder recogni-
tion ſub præjudicio interloquiret werden.
Aeuſſert ſich aber der defect im Libell ſehr ſpaͤt,
darff man nur denſelben ſodann mit der dazu
gehoͤrigen Probation ohne neuen Proceß ſup-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 727. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/747>, abgerufen am 22.11.2024.
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