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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Schlüsse gewinnen sie die Gemüther der Un-
terthanen, geben ihnen ihr gutes Vorhaben
und die darzu bewegenden Ursachen deutlicher
zu vernehmen, und verbinden dieselben zu desto
willigern Gehorsam, kan ihnen auch desto we-
niger verarget werden, wenn sie über solchen
Schlüssen eifrigst halten, und die Uberfahrer
desto schärffer ansehen, iedoch muß dabey auch
eine Maaße gehalten, und nicht dasjenige erst in
weitläufftige Uberlegung gebracht und rucht-
bar gemacht werden, was einer geschwinden,
heilsamen und unvermerckten Anordnung be-
darff, oder eine Kleinmüthigkeit und Miß-
trauen anzeiget, wenn man erst in solchen Fäl-
len Rath und Einwilligung begehrete, darinnen
die Vernunfft und die Rechte des Landes schon
klare Maaß geben.

§. 20. Es ist bekandt, wie einige Landes-
Fürsten unter einer verdeckten Person und in-
cognito
bißweilen bey ihren Unterthanen sich
aufgehalten, um auf diese Art ein-und andere
Wahrheit zu erfahren, hinter welche sie sonst,
wenn sie in ihren Fürstlichen Gemächern und
bey ihren Fürstlichen Habit geblieben, nicht so
leicht gekommen wären. Sie haben aber
dergleichen exploration auf unterschiedene Art
bewerckstelliget. Jn die erste Classe gehören
diejenigen, die in einem verdeckten Habit mit

Fleiß
D 4



Schluͤſſe gewinnen ſie die Gemuͤther der Un-
terthanen, geben ihnen ihr gutes Vorhaben
und die darzu bewegenden Urſachen deutlicher
zu vernehmen, und verbinden dieſelben zu deſto
willigern Gehorſam, kan ihnen auch deſto we-
niger verarget werden, wenn ſie uͤber ſolchen
Schluͤſſen eifrigſt halten, und die Uberfahrer
deſto ſchaͤrffer anſehen, iedoch muß dabey auch
eine Maaße gehalten, und nicht dasjenige erſt in
weitlaͤufftige Uberlegung gebracht und rucht-
bar gemacht werden, was einer geſchwinden,
heilſamen und unvermerckten Anordnung be-
darff, oder eine Kleinmuͤthigkeit und Miß-
trauen anzeiget, wenn man erſt in ſolchen Faͤl-
len Rath und Einwilligung begehrete, darinnen
die Vernunfft und die Rechte des Landes ſchon
klare Maaß geben.

§. 20. Es iſt bekandt, wie einige Landes-
Fuͤrſten unter einer verdeckten Perſon und in-
cognito
bißweilen bey ihren Unterthanen ſich
aufgehalten, um auf dieſe Art ein-und andere
Wahrheit zu erfahren, hinter welche ſie ſonſt,
wenn ſie in ihren Fuͤrſtlichen Gemaͤchern und
bey ihren Fuͤrſtlichen Habit geblieben, nicht ſo
leicht gekommen waͤren. Sie haben aber
dergleichen exploration auf unterſchiedene Art
bewerckſtelliget. Jn die erſte Claſſe gehoͤren
diejenigen, die in einem verdeckten Habit mit

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[55/0075] Schluͤſſe gewinnen ſie die Gemuͤther der Un- terthanen, geben ihnen ihr gutes Vorhaben und die darzu bewegenden Urſachen deutlicher zu vernehmen, und verbinden dieſelben zu deſto willigern Gehorſam, kan ihnen auch deſto we- niger verarget werden, wenn ſie uͤber ſolchen Schluͤſſen eifrigſt halten, und die Uberfahrer deſto ſchaͤrffer anſehen, iedoch muß dabey auch eine Maaße gehalten, und nicht dasjenige erſt in weitlaͤufftige Uberlegung gebracht und rucht- bar gemacht werden, was einer geſchwinden, heilſamen und unvermerckten Anordnung be- darff, oder eine Kleinmuͤthigkeit und Miß- trauen anzeiget, wenn man erſt in ſolchen Faͤl- len Rath und Einwilligung begehrete, darinnen die Vernunfft und die Rechte des Landes ſchon klare Maaß geben. §. 20. Es iſt bekandt, wie einige Landes- Fuͤrſten unter einer verdeckten Perſon und in- cognito bißweilen bey ihren Unterthanen ſich aufgehalten, um auf dieſe Art ein-und andere Wahrheit zu erfahren, hinter welche ſie ſonſt, wenn ſie in ihren Fuͤrſtlichen Gemaͤchern und bey ihren Fuͤrſtlichen Habit geblieben, nicht ſo leicht gekommen waͤren. Sie haben aber dergleichen exploration auf unterſchiedene Art bewerckſtelliget. Jn die erſte Claſſe gehoͤren diejenigen, die in einem verdeckten Habit mit Fleiß D 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/75>, abgerufen am 21.11.2024.