Würden nun hierüber die Hinterhaltungen der Wahrheit bestrafft, wie auch die vexae judicia- les, und mit denen Eydes-delationen und prae- stationen kurtze Arbeit gemacht, auch schleunige execution gethan, so kan es nicht fehlen, es müste um die Justiz besser stehen als es ietzo lei- der! gethan ist. Und es würde dem Publico ohngezweiffelt mehr zu tragen, und eine gute Policey gründen und befördern, weil dieselbe einig und allein auff denen beyden Grundsätzen der Gottesfurcht und der Gerechtigkeit be- ruhet.
§. 50. Die vielen Proceß-Ordnungen, häuffigen Commentarii und beschriebenen Proceße müssen nothwendig eine Confusion und merckliche Verhinderung in der Justiz ab- geben. Und kan man an keinem Orte klagen, oder sich und die Seinigen defendiren, wenn man sich die Observanzen und Proceß-Ord- nungen desselben Judicii nicht bekandt gemacht. Nun aber sind gar offt in einem kleinen district von 4. oder 5. Meilen, wo man nemlich an de- nen Grentzen wohnet vier biß fünfferley unter- schiedene Ordnungen in denen Gerichten; da- her ist es denn kommen, daß man auch gewisse Advocaten zu denen Gerichten verpflichtet, welche der Ordnungen kundig wären, die ein Fremder nicht weiß, wenn er auch noch so ge-
schickt
Wuͤrden nun hieruͤber die Hinterhaltungen der Wahrheit beſtrafft, wie auch die vexæ judicia- les, und mit denen Eydes-delationen und præ- ſtationen kurtze Arbeit gemacht, auch ſchleunige execution gethan, ſo kan es nicht fehlen, es muͤſte um die Juſtiz beſſer ſtehen als es ietzo lei- der! gethan iſt. Und es wuͤrde dem Publico ohngezweiffelt mehr zu tragen, und eine gute Policey gruͤnden und befoͤrdern, weil dieſelbe einig und allein auff denen beyden Grundſaͤtzen der Gottesfurcht und der Gerechtigkeit be- ruhet.
§. 50. Die vielen Proceß-Ordnungen, haͤuffigen Commentarii und beſchriebenen Proceße muͤſſen nothwendig eine Confuſion und merckliche Verhinderung in der Juſtiz ab- geben. Und kan man an keinem Orte klagen, oder ſich und die Seinigen defendiren, wenn man ſich die Obſervanzen und Proceß-Ord- nungen deſſelben Judicii nicht bekandt gemacht. Nun aber ſind gar offt in einem kleinen diſtrict von 4. oder 5. Meilen, wo man nemlich an de- nen Grentzen wohnet vier biß fuͤnfferley unter- ſchiedene Ordnungen in denen Gerichten; da- her iſt es denn kommen, daß man auch gewiſſe Advocaten zu denen Gerichten verpflichtet, welche der Ordnungen kundig waͤren, die ein Fremder nicht weiß, wenn er auch noch ſo ge-
ſchickt
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0762"n="742"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> Wuͤrden nun hieruͤber die Hinterhaltungen der<lb/>
Wahrheit beſtrafft, wie auch die <hirendition="#aq">vexæ judicia-<lb/>
les,</hi> und mit denen Eydes-<hirendition="#aq">delatio</hi>nen und <hirendition="#aq">præ-<lb/>ſtatio</hi>nen kurtze Arbeit gemacht, auch ſchleunige<lb/><hirendition="#aq">execution</hi> gethan, ſo kan es nicht fehlen, es<lb/>
muͤſte um die <hirendition="#aq">Juſtiz</hi> beſſer ſtehen als es ietzo lei-<lb/>
der! gethan iſt. Und es wuͤrde dem <hirendition="#aq">Publico</hi><lb/>
ohngezweiffelt mehr zu tragen, und eine gute<lb/>
Policey gruͤnden und befoͤrdern, weil dieſelbe<lb/>
einig und allein auff denen beyden Grundſaͤtzen<lb/>
der Gottesfurcht und der Gerechtigkeit be-<lb/>
ruhet.</p><lb/><p>§. 50. Die vielen Proceß-Ordnungen,<lb/>
haͤuffigen <hirendition="#aq">Commentarii</hi> und beſchriebenen<lb/>
Proceße muͤſſen nothwendig eine <hirendition="#aq">Confuſion</hi><lb/>
und merckliche Verhinderung in der <hirendition="#aq">Juſtiz</hi> ab-<lb/>
geben. Und kan man an keinem Orte klagen,<lb/>
oder ſich und die Seinigen <hirendition="#aq">defendi</hi>ren, wenn<lb/>
man ſich die <hirendition="#aq">Obſervanz</hi>en und Proceß-Ord-<lb/>
nungen deſſelben <hirendition="#aq">Judicii</hi> nicht bekandt gemacht.<lb/>
Nun aber ſind gar offt in einem kleinen <hirendition="#aq">diſtrict</hi><lb/>
von 4. oder 5. Meilen, wo man nemlich an de-<lb/>
nen Grentzen wohnet vier biß fuͤnfferley unter-<lb/>ſchiedene Ordnungen in denen Gerichten; da-<lb/>
her iſt es denn kommen, daß man auch gewiſſe<lb/>
Advocaten zu denen Gerichten verpflichtet,<lb/>
welche der Ordnungen kundig waͤren, die ein<lb/>
Fremder nicht weiß, wenn er auch noch ſo ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchickt</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[742/0762]
Wuͤrden nun hieruͤber die Hinterhaltungen der
Wahrheit beſtrafft, wie auch die vexæ judicia-
les, und mit denen Eydes-delationen und præ-
ſtationen kurtze Arbeit gemacht, auch ſchleunige
execution gethan, ſo kan es nicht fehlen, es
muͤſte um die Juſtiz beſſer ſtehen als es ietzo lei-
der! gethan iſt. Und es wuͤrde dem Publico
ohngezweiffelt mehr zu tragen, und eine gute
Policey gruͤnden und befoͤrdern, weil dieſelbe
einig und allein auff denen beyden Grundſaͤtzen
der Gottesfurcht und der Gerechtigkeit be-
ruhet.
§. 50. Die vielen Proceß-Ordnungen,
haͤuffigen Commentarii und beſchriebenen
Proceße muͤſſen nothwendig eine Confuſion
und merckliche Verhinderung in der Juſtiz ab-
geben. Und kan man an keinem Orte klagen,
oder ſich und die Seinigen defendiren, wenn
man ſich die Obſervanzen und Proceß-Ord-
nungen deſſelben Judicii nicht bekandt gemacht.
Nun aber ſind gar offt in einem kleinen diſtrict
von 4. oder 5. Meilen, wo man nemlich an de-
nen Grentzen wohnet vier biß fuͤnfferley unter-
ſchiedene Ordnungen in denen Gerichten; da-
her iſt es denn kommen, daß man auch gewiſſe
Advocaten zu denen Gerichten verpflichtet,
welche der Ordnungen kundig waͤren, die ein
Fremder nicht weiß, wenn er auch noch ſo ge-
ſchickt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 742. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/762>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.