Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



Es muß in allen Sachen einmahl ein Anfang
seyn, und alle alten Geschlechte sind erstlich neu
gewesen, und in einem oder ein par Seculis sind
diese auch alt. Da einige gantz und gar aus-
gehen, und absterben, so ist es ja nicht unrecht,
wenn andere an ihre Stelle kommen.

§. 19. Jedoch hat ein Landes-Fürst hierbey
in Acht zu nehmen, daß er solchen Leuten, wenn
sie nicht Güter haben, oder groß Vermögen be-
sitzen, den Adel-Stand lieber als eine Perso-
nal-Dignität conferiren, als ihn auf die Nach-
kommen mit conferire. Denn weil die Kin-
der der berühmten Leute nicht allezeit zu patrissi-
ren, und in die väterlichen Fußtapffen zu treten
pflegen, so sind denn diejenigen, die weder Ver-
mögen noch merita und Geschickligkeit haben,
und doch als Junckern in der Welt leben sollen
und wollen, hernach gar verachtete und unglück-
liche Leute.

§. 20. Es muß sich aber einer, wenn er des
Adel-Standes sich mit Recht würdig machen
will, durch etwas sonderliches hervor thun, es
sey nun, daß er im Kriege eine bravoure erwei-
set, und hauptsächlich eclatante Action vor-
nimmt, und durch meriten sich von dem Mous-
quetirer
biß zur Obristen- oder General-Char-
ge
schwinget, oder in Civil-Verrichtungen ei-
nem Landes-Fürsten und dem Lande sehr er-

sprieß-
D d d 5



Es muß in allen Sachen einmahl ein Anfang
ſeyn, und alle alten Geſchlechte ſind erſtlich neu
geweſen, und in einem oder ein par Seculis ſind
dieſe auch alt. Da einige gantz und gar aus-
gehen, und abſterben, ſo iſt es ja nicht unrecht,
wenn andere an ihre Stelle kommen.

§. 19. Jedoch hat ein Landes-Fuͤrſt hierbey
in Acht zu nehmen, daß er ſolchen Leuten, wenn
ſie nicht Guͤter haben, oder groß Vermoͤgen be-
ſitzen, den Adel-Stand lieber als eine Perſo-
nal-Dignitaͤt conferiren, als ihn auf die Nach-
kommen mit conferire. Denn weil die Kin-
der der beruͤhmten Leute nicht allezeit zu patriſſi-
ren, und in die vaͤterlichen Fußtapffen zu treten
pflegen, ſo ſind denn diejenigen, die weder Ver-
moͤgen noch merita und Geſchickligkeit haben,
und doch als Junckern in der Welt leben ſollen
und wollen, hernach gar verachtete und ungluͤck-
liche Leute.

§. 20. Es muß ſich aber einer, wenn er des
Adel-Standes ſich mit Recht wuͤrdig machen
will, durch etwas ſonderliches hervor thun, es
ſey nun, daß er im Kriege eine bravoure erwei-
ſet, und hauptſaͤchlich eclatante Action vor-
nimmt, und durch meriten ſich von dem Mous-
quetirer
biß zur Obriſten- oder General-Char-
ge
ſchwinget, oder in Civil-Verrichtungen ei-
nem Landes-Fuͤrſten und dem Lande ſehr er-

ſprieß-
D d d 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0813" n="793"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> Es muß in allen Sachen einmahl ein Anfang<lb/>
&#x017F;eyn, und alle alten Ge&#x017F;chlechte &#x017F;ind er&#x017F;tlich neu<lb/>
gewe&#x017F;en, und in einem oder ein par <hi rendition="#aq">Seculis</hi> &#x017F;ind<lb/>
die&#x017F;e auch alt. Da einige gantz und gar aus-<lb/>
gehen, und ab&#x017F;terben, &#x017F;o i&#x017F;t es ja nicht unrecht,<lb/>
wenn andere an ihre Stelle kommen.</p><lb/>
        <p>§. 19. Jedoch hat ein Landes-Fu&#x0364;r&#x017F;t hierbey<lb/>
in Acht zu nehmen, daß er &#x017F;olchen Leuten, wenn<lb/>
&#x017F;ie nicht Gu&#x0364;ter haben, oder groß Vermo&#x0364;gen be-<lb/>
&#x017F;itzen, den Adel-Stand lieber als eine Per&#x017F;o-<lb/>
nal-<hi rendition="#aq">Dignit</hi>a&#x0364;t <hi rendition="#aq">conferi</hi>ren, als ihn auf die Nach-<lb/>
kommen mit <hi rendition="#aq">conferi</hi>re. Denn weil die Kin-<lb/>
der der beru&#x0364;hmten Leute nicht allezeit zu <hi rendition="#aq">patri&#x017F;&#x017F;i-</hi><lb/>
ren, und in die va&#x0364;terlichen Fußtapffen zu treten<lb/>
pflegen, &#x017F;o &#x017F;ind denn diejenigen, die weder Ver-<lb/>
mo&#x0364;gen noch <hi rendition="#aq">merita</hi> und Ge&#x017F;chickligkeit haben,<lb/>
und doch als Junckern in der Welt leben &#x017F;ollen<lb/>
und wollen, hernach gar verachtete und unglu&#x0364;ck-<lb/>
liche Leute.</p><lb/>
        <p>§. 20. Es muß &#x017F;ich aber einer, wenn er des<lb/>
Adel-Standes &#x017F;ich mit Recht wu&#x0364;rdig machen<lb/>
will, durch etwas &#x017F;onderliches hervor thun, es<lb/>
&#x017F;ey nun, daß er im Kriege eine <hi rendition="#aq">bravoure</hi> erwei-<lb/>
&#x017F;et, und haupt&#x017F;a&#x0364;chlich <hi rendition="#aq">eclatante Action</hi> vor-<lb/>
nimmt, und durch <hi rendition="#aq">merit</hi>en &#x017F;ich von dem <hi rendition="#aq">Mous-<lb/>
quetirer</hi> biß zur Obri&#x017F;ten- oder General-<hi rendition="#aq">Char-<lb/>
ge</hi> &#x017F;chwinget, oder in Civil-Verrichtungen ei-<lb/>
nem Landes-Fu&#x0364;r&#x017F;ten und dem Lande &#x017F;ehr er-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d d 5</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;prieß-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[793/0813] Es muß in allen Sachen einmahl ein Anfang ſeyn, und alle alten Geſchlechte ſind erſtlich neu geweſen, und in einem oder ein par Seculis ſind dieſe auch alt. Da einige gantz und gar aus- gehen, und abſterben, ſo iſt es ja nicht unrecht, wenn andere an ihre Stelle kommen. §. 19. Jedoch hat ein Landes-Fuͤrſt hierbey in Acht zu nehmen, daß er ſolchen Leuten, wenn ſie nicht Guͤter haben, oder groß Vermoͤgen be- ſitzen, den Adel-Stand lieber als eine Perſo- nal-Dignitaͤt conferiren, als ihn auf die Nach- kommen mit conferire. Denn weil die Kin- der der beruͤhmten Leute nicht allezeit zu patriſſi- ren, und in die vaͤterlichen Fußtapffen zu treten pflegen, ſo ſind denn diejenigen, die weder Ver- moͤgen noch merita und Geſchickligkeit haben, und doch als Junckern in der Welt leben ſollen und wollen, hernach gar verachtete und ungluͤck- liche Leute. §. 20. Es muß ſich aber einer, wenn er des Adel-Standes ſich mit Recht wuͤrdig machen will, durch etwas ſonderliches hervor thun, es ſey nun, daß er im Kriege eine bravoure erwei- ſet, und hauptſaͤchlich eclatante Action vor- nimmt, und durch meriten ſich von dem Mous- quetirer biß zur Obriſten- oder General-Char- ge ſchwinget, oder in Civil-Verrichtungen ei- nem Landes-Fuͤrſten und dem Lande ſehr er- ſprieß- D d d 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/813
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 793. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/813>, abgerufen am 22.11.2024.