§. 30. Es hat aber ein Landes-Fürst, wenn er eine Messe oder Jahrmarckt an einem Orte einführen will, vorhero folgende Stücke sich wohl bekandt zu machen, und auf den Ort quae- stionis zu appliciren, an welchem die neue Mes- se angeleget werden soll. Er muß erwägen, wie der Meß-Ort, oder diejenige Stadt, in welcher eine Messe oder ein grosser Jahrmarckt ange- richtet werden soll, seiner Situation, Climate und Constitution nach beschaffen sey, ob ra- tione der Situation derselbe in einer fruchtba- ren oder unfruchtbaren, bergichten oder ebenen Gegend, an Schiff-reichen Wassern oder Seen gelegen sey, daß die häuffig ankommenden fremden Käuffer und Verkäuffer Lebens-Mit- tel vor sich und ihre Pferde oder ander Vieh ge- nugsam finden können, ob die Waaren durch sandigte unebene böse Wege, über Berg und Thal, oder auf einer Eben und guten Wege, vermittelst der Rivier- oder Seefarth gemächt- lich, und sonderlich die groben Waaren ohne grosse Kosten zu Schiffe dahin können trans- portiret werden; wie des Orts Clima beschaf- fen, ob es um die Zeit des bestimmten Meß-Ter- mins hitziger oder kalter, neblichter oder regen- hafftiger, dicker, ungesunder oder heiterer Lufft unterworffen, ob ratione situs politici und na- turalis derselbe in einem centro und nicht viel
unglei-
§. 30. Es hat aber ein Landes-Fuͤrſt, wenn er eine Meſſe oder Jahrmarckt an einem Orte einfuͤhren will, vorhero folgende Stuͤcke ſich wohl bekandt zu machen, und auf den Ort quæ- ſtionis zu appliciren, an welchem die neue Meſ- ſe angeleget werden ſoll. Er muß erwaͤgen, wie der Meß-Ort, oder diejenige Stadt, in welcher eine Meſſe oder ein groſſer Jahrmarckt ange- richtet werden ſoll, ſeiner Situation, Climate und Conſtitution nach beſchaffen ſey, ob ra- tione der Situation derſelbe in einer fruchtba- ren oder unfruchtbaren, bergichten oder ebenen Gegend, an Schiff-reichen Waſſern oder Seen gelegen ſey, daß die haͤuffig ankommenden fremden Kaͤuffer und Verkaͤuffer Lebens-Mit- tel vor ſich und ihre Pferde oder ander Vieh ge- nugſam finden koͤnnen, ob die Waaren durch ſandigte unebene boͤſe Wege, uͤber Berg und Thal, oder auf einer Eben und guten Wege, vermittelſt der Rivier- oder Seefarth gemaͤcht- lich, und ſonderlich die groben Waaren ohne groſſe Koſten zu Schiffe dahin koͤnnen trans- portiret werden; wie des Orts Clima beſchaf- fen, ob es um die Zeit des beſtimmten Meß-Ter- mins hitziger oder kalter, neblichter oder regen- hafftiger, dicker, ungeſunder oder heiterer Lufft unterworffen, ob ratione ſitus politici und na- turalis derſelbe in einem centro und nicht viel
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§. 30. Es hat aber ein Landes-Fuͤrſt, wenn
er eine Meſſe oder Jahrmarckt an einem Orte
einfuͤhren will, vorhero folgende Stuͤcke ſich
wohl bekandt zu machen, und auf den Ort quæ-
ſtionis zu appliciren, an welchem die neue Meſ-
ſe angeleget werden ſoll. Er muß erwaͤgen, wie
der Meß-Ort, oder diejenige Stadt, in welcher
eine Meſſe oder ein groſſer Jahrmarckt ange-
richtet werden ſoll, ſeiner Situation, Climate
und Conſtitution nach beſchaffen ſey, ob ra-
tione der Situation derſelbe in einer fruchtba-
ren oder unfruchtbaren, bergichten oder ebenen
Gegend, an Schiff-reichen Waſſern oder Seen
gelegen ſey, daß die haͤuffig ankommenden
fremden Kaͤuffer und Verkaͤuffer Lebens-Mit-
tel vor ſich und ihre Pferde oder ander Vieh ge-
nugſam finden koͤnnen, ob die Waaren durch
ſandigte unebene boͤſe Wege, uͤber Berg und
Thal, oder auf einer Eben und guten Wege,
vermittelſt der Rivier- oder Seefarth gemaͤcht-
lich, und ſonderlich die groben Waaren ohne
groſſe Koſten zu Schiffe dahin koͤnnen trans-
portiret werden; wie des Orts Clima beſchaf-
fen, ob es um die Zeit des beſtimmten Meß-Ter-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 946. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/966>, abgerufen am 22.11.2024.
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