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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837.

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übungen verrichtet hatte, als wir mit unserer Besich- N002
tigung fertig waren. --

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Was wir von der Geschichte der Bulgharen wis- N002
sen, ist von Erdmann in seiner medicinischen Topo- N003
graphie des Gouvernements Kasan S. 291-305 zusam- N004
mengefasst worden. Hiernach bildeten die Bulgharen N005
schon im siebenten Jahrhundert ein unabhängiges Volk, N006
das sich auf der Ostseite der Wolga vom Einflusse N007
der Sura in dieselbe bis zum Kaspischen Meere aus- N008
breitete, mit den Russen in beständigem Kriege lebte, N009
und Auswanderungen nach dem Schwarzen Meere und N010
dem südlichen Ufer der Donau unternahm. Herr Aka- N011
demiker Frähn, dessen gelehrten Forschungen wir N012
die wichtigsten Aufschlüsse über die Bulgharen zu N013
verdanken haben, glaubt, dass dieselben ihren Namen N014
von der Wolga, deren Ufer sie bewohnten, erhalten N015
hätten, und dass sie ursprünglich zum grossen Finni- N016
schen Stamm gehörten, dass sie aber bald mit Slawen N017
und Türken gemengt wurden, und an der Wolga nach N018
und nach zu Türken, an der Donau zu Slawen wur- N019
den. Klaproth 1 ) hat dieselbe Meinung ausgesprochen, N020
indem er die Bulgharen zu dem östlichen oder Urali- N021
schen grossen Völkerstamm rechnet.

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Das Reich der Bulgharen blühte besonders zu Ende N002
des 12ten Jahrhunderts, nach welcher Zeit es von den N003
Einfällen der Mongolisch - Tatarischen Völkerschaften N004
sehr zu leiden hatte, bis es endlich von Batü Chan, N005
dem Enkel von Dschingis Chan, 1236 völlig unter- N006
worfen und dem Kaptschakischen Reiche einverleibt N007
wurde. Die Nachkommen Dschingis Chans in diesem N008
Reiche, die von den Russen die Chane der Goldnen N009
Horde genannt wurden, erwählten Bulghar zu ihrer N010
Sommer-Residenz, und Serai an der untern Wolga zu N011
ihrer Winter-Residenz. In der erstern hielten sich

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1 ) Asia polyglotta , 1823, S. 189 und Tableau hist. de l' Asie 1826, N002
S. 281.

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übungen verrichtet hatte, als wir mit unserer Besich- N002
tigung fertig waren. —

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Was wir von der Geschichte der Bulgharen wis- N002
sen, ist von Erdmann in seiner medicinischen Topo- N003
graphie des Gouvernements Kasan S. 291-305 zusam- N004
mengefasst worden. Hiernach bildeten die Bulgharen N005
schon im siebenten Jahrhundert ein unabhängiges Volk, N006
das sich auf der Ostseite der Wolga vom Einflusse N007
der Sura in dieselbe bis zum Kaspischen Meere aus- N008
breitete, mit den Russen in beständigem Kriege lebte, N009
und Auswanderungen nach dem Schwarzen Meere und N010
dem südlichen Ufer der Donau unternahm. Herr Aka- N011
demiker Frähn, dessen gelehrten Forschungen wir N012
die wichtigsten Aufschlüsse über die Bulgharen zu N013
verdanken haben, glaubt, dass dieselben ihren Namen N014
von der Wolga, deren Ufer sie bewohnten, erhalten N015
hätten, und dass sie ursprünglich zum grossen Finni- N016
schen Stamm gehörten, dass sie aber bald mit Slawen N017
und Türken gemengt wurden, und an der Wolga nach N018
und nach zu Türken, an der Donau zu Slawen wur- N019
den. Klaproth 1 ) hat dieselbe Meinung ausgesprochen, N020
indem er die Bulgharen zu dem östlichen oder Urali- N021
schen grossen Völkerstamm rechnet.

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Das Reich der Bulgharen blühte besonders zu Ende N002
des 12ten Jahrhunderts, nach welcher Zeit es von den N003
Einfällen der Mongolisch - Tatarischen Völkerschaften N004
sehr zu leiden hatte, bis es endlich von Batü Chan, N005
dem Enkel von Dschingis Chan, 1236 völlig unter- N006
worfen und dem Kaptschakischen Reiche einverleibt N007
wurde. Die Nachkommen Dschingis Chans in diesem N008
Reiche, die von den Russen die Chane der Goldnen N009
Horde genannt wurden, erwählten Bulghar zu ihrer N010
Sommer-Residenz, und Serai an der untern Wolga zu N011
ihrer Winter-Residenz. In der erstern hielten sich

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1 ) Asia polyglotta , 1823, S. 189 und Tableau hist. de l' Asie 1826, N002
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[101/0135] N001 übungen verrichtet hatte, als wir mit unserer Besich- N002 tigung fertig waren. — N001 Was wir von der Geschichte der Bulgharen wis- N002 sen, ist von Erdmann in seiner medicinischen Topo- N003 graphie des Gouvernements Kasan S. 291-305 zusam- N004 mengefasst worden. Hiernach bildeten die Bulgharen N005 schon im siebenten Jahrhundert ein unabhängiges Volk, N006 das sich auf der Ostseite der Wolga vom Einflusse N007 der Sura in dieselbe bis zum Kaspischen Meere aus- N008 breitete, mit den Russen in beständigem Kriege lebte, N009 und Auswanderungen nach dem Schwarzen Meere und N010 dem südlichen Ufer der Donau unternahm. Herr Aka- N011 demiker Frähn, dessen gelehrten Forschungen wir N012 die wichtigsten Aufschlüsse über die Bulgharen zu N013 verdanken haben, glaubt, dass dieselben ihren Namen N014 von der Wolga, deren Ufer sie bewohnten, erhalten N015 hätten, und dass sie ursprünglich zum grossen Finni- N016 schen Stamm gehörten, dass sie aber bald mit Slawen N017 und Türken gemengt wurden, und an der Wolga nach N018 und nach zu Türken, an der Donau zu Slawen wur- N019 den. Klaproth 1 ) hat dieselbe Meinung ausgesprochen, N020 indem er die Bulgharen zu dem östlichen oder Urali- N021 schen grossen Völkerstamm rechnet. N001 Das Reich der Bulgharen blühte besonders zu Ende N002 des 12ten Jahrhunderts, nach welcher Zeit es von den N003 Einfällen der Mongolisch - Tatarischen Völkerschaften N004 sehr zu leiden hatte, bis es endlich von Batü Chan, N005 dem Enkel von Dschingis Chan, 1236 völlig unter- N006 worfen und dem Kaptschakischen Reiche einverleibt N007 wurde. Die Nachkommen Dschingis Chans in diesem N008 Reiche, die von den Russen die Chane der Goldnen N009 Horde genannt wurden, erwählten Bulghar zu ihrer N010 Sommer-Residenz, und Serai an der untern Wolga zu N011 ihrer Winter-Residenz. In der erstern hielten sich [footnote reference] [footnote reference] N001 1 ) Asia polyglotta , 1823, S. 189 und Tableau hist. de l' Asie 1826, N002 S. 281.

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/135>, abgerufen am 18.05.2024.