Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

N001
men lässt. Hier fanden wir neben Trollius europaeus N002
und Dracocephalum nutans den schönen Orobus lathy- N003
roides in voller Blüthe, und Lilium Martagon mit schwel- N004
lenden Knospen. Unter der Waldung waren grosse N005
Strecken von den Blüthen verschiedener Cypripedien N006
auf das prachtvollste verziert. Die grossen glocken- N007
artigen Blumen des Cypripedium Calceolus, guttatum N008
und Macranthus bildeten oft einen abwechselnd gelben, N009
blauen und rothen Teppich von der überraschendsten N010
Schönheit. Welch ein schneller Wechsel vom Winter N011
zum Sommer! Die Newa hatten wir noch im Eisgange N012
verlassen, und am Ural finden wir drei Wochen später N013
schon alle Kräuter in der vollsten Blüthe. Das Wetter N014
des heutigen Tages war das heiterste von der Welt; N015
auf die kalte Nacht war ein sonnenklarer warmer Tag N016
gefolgt, und erhöhte noch den Eindruck, den dieser N017
erste Eintritt in den Ural auf uns machte. Es war N018
Sonntag; in Klenowskaja wurde das Pfingstfest gefeiert; N019
alle Welt war vor den Thüren und freute sich des N020
Festes und des Tages.

N001
Grobowskoje, die dritte Station von Bisserskaja N002
erreichten wir erst mitten in der Nacht. Hier ändert N003
sich nach Hermann 1) das Gestein; es findet sich ein N004
Kalkstein ein, den wir zwar selbst in der Nacht an N005
Ort und Stelle nicht gesehen haben, der aber nach N006
der Beschreibung von Hermann und nach den Stücken N007
zu urtheilen, die sich von dieser Stelle in der Her- N008
mannschen Gebirgsarten-Sammlung finden, zum Ueber- N009
gangskalk gehört. Er ist nach diesen Stücken von N010
grauer Farbe, dichtem Bruche und enthält Versteine- N011
rungen von Productus.

N001
Bei anbrechendem Morgen setzten wir über die N002
Tschussowaja 2), und erreichten bald darauf die nur

[footnote reference] [footnote reference]
[footnote reference] N001
1 ) Mineralogische Reise in Sibirien vom Jahr 1783-1796. Peters- N002
burg, 1797. Th. I, S. 51.
[footnote reference] N001
2) Die Tschussowaja ist ein für diesen Theil des Urals sehr wich- N002
tiger Fluss, da er sehr bald nach seinem Ursprunge, wenigstens im

N001
men lässt. Hier fanden wir neben Trollius europaeus N002
und Dracocephalum nutans den schönen Orobus lathy- N003
roides in voller Blüthe, und Lilium Martagon mit schwel- N004
lenden Knospen. Unter der Waldung waren grosse N005
Strecken von den Blüthen verschiedener Cypripedien N006
auf das prachtvollste verziert. Die grossen glocken- N007
artigen Blumen des Cypripedium Calceolus, guttatum N008
und Macranthus bildeten oft einen abwechselnd gelben, N009
blauen und rothen Teppich von der überraschendsten N010
Schönheit. Welch ein schneller Wechsel vom Winter N011
zum Sommer! Die Newa hatten wir noch im Eisgange N012
verlassen, und am Ural finden wir drei Wochen später N013
schon alle Kräuter in der vollsten Blüthe. Das Wetter N014
des heutigen Tages war das heiterste von der Welt; N015
auf die kalte Nacht war ein sonnenklarer warmer Tag N016
gefolgt, und erhöhte noch den Eindruck, den dieser N017
erste Eintritt in den Ural auf uns machte. Es war N018
Sonntag; in Klenowskaja wurde das Pfingstfest gefeiert; N019
alle Welt war vor den Thüren und freute sich des N020
Festes und des Tages.

N001
Grobowskoje, die dritte Station von Bisserskaja N002
erreichten wir erst mitten in der Nacht. Hier ändert N003
sich nach Hermann 1) das Gestein; es findet sich ein N004
Kalkstein ein, den wir zwar selbst in der Nacht an N005
Ort und Stelle nicht gesehen haben, der aber nach N006
der Beschreibung von Hermann und nach den Stücken N007
zu urtheilen, die sich von dieser Stelle in der Her- N008
mannschen Gebirgsarten-Sammlung finden, zum Ueber- N009
gangskalk gehört. Er ist nach diesen Stücken von N010
grauer Farbe, dichtem Bruche und enthält Versteine- N011
rungen von Productus.

N001
Bei anbrechendem Morgen setzten wir über die N002
Tschussowaja 2), und erreichten bald darauf die nur

[footnote reference] [footnote reference]
[footnote reference] N001
1 ) Mineralogische Reise in Sibirien vom Jahr 1783-1796. Peters- N002
burg, 1797. Th. I, S. 51.
[footnote reference] N001
2) Die Tschussowaja ist ein für diesen Theil des Urals sehr wich- N002
tiger Fluss, da er sehr bald nach seinem Ursprunge, wenigstens im
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0157" xml:id="img_0157" n="123"/>
        <p><lb n="N001"/>
men lässt. Hier fanden wir neben Trollius europaeus              <lb n="N002"/>
und Dracocephalum nutans den schönen Orobus lathy- <lb n="N003"/>
roides in voller Blüthe, und Lilium Martagon mit schwel-             <lb n="N004"/>
lenden Knospen. Unter der Waldung waren grosse             <lb n="N005"/>
Strecken von den Blüthen verschiedener Cypripedien             <lb n="N006"/>
auf das prachtvollste verziert. Die grossen glocken-             <lb n="N007"/>
artigen Blumen des Cypripedium Calceolus, guttatum             <lb n="N008"/>
und Macranthus bildeten oft einen abwechselnd gelben,             <lb n="N009"/>
blauen und rothen Teppich von der überraschendsten             <lb n="N010"/>
Schönheit. Welch ein schneller Wechsel vom Winter             <lb n="N011"/>
zum Sommer! Die Newa hatten wir noch im Eisgange <lb n="N012"/>
verlassen, und am Ural finden wir drei Wochen später             <lb n="N013"/>
schon alle Kräuter in der vollsten Blüthe. Das Wetter             <lb n="N014"/>
des heutigen Tages war das heiterste von der Welt;             <lb n="N015"/>
auf die kalte Nacht war ein sonnenklarer warmer Tag             <lb n="N016"/>
gefolgt, und erhöhte noch den Eindruck, den dieser             <lb n="N017"/>
erste Eintritt in den Ural auf uns machte. Es war             <lb n="N018"/>
Sonntag; in Klenowskaja wurde das Pfingstfest gefeiert;             <lb n="N019"/>
alle Welt war vor den Thüren und freute sich des             <lb n="N020"/>
Festes und des Tages.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Grobowskoje, die dritte Station von Bisserskaja             <lb n="N002"/>
erreichten wir erst mitten in der Nacht. Hier ändert             <lb n="N003"/>
sich nach Hermann 1) das Gestein; es findet sich ein             <lb n="N004"/>
Kalkstein ein, den wir zwar selbst in der Nacht an             <lb n="N005"/>
Ort und Stelle nicht gesehen haben, der aber nach             <lb n="N006"/>
der Beschreibung von Hermann und nach den Stücken             <lb n="N007"/>
zu urtheilen, die sich von dieser Stelle in der Her-             <lb n="N008"/>
mannschen Gebirgsarten-Sammlung finden, zum Ueber- <lb n="N009"/>
gangskalk gehört. Er ist nach diesen Stücken von             <lb n="N010"/>
grauer Farbe, dichtem Bruche und enthält Versteine-             <lb n="N011"/>
rungen von Productus.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Bei anbrechendem Morgen setzten wir über die             <lb n="N002"/>
Tschussowaja 2), und erreichten bald darauf die nur</p>
        <note place="foot" n="[footnote reference]"><lb n="N001"/>
1 ) Mineralogische Reise in Sibirien vom Jahr 1783-1796. Peters-             <lb n="N002"/>
burg, 1797. Th. I, S. 51.</note>
        <note place="foot" n="[footnote reference]"><lb n="N001"/>
2) Die Tschussowaja ist ein für diesen Theil des Urals sehr wich-             <lb n="N002"/>
tiger Fluss, da er sehr bald nach seinem Ursprunge, wenigstens im</note>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0157] N001 men lässt. Hier fanden wir neben Trollius europaeus N002 und Dracocephalum nutans den schönen Orobus lathy- N003 roides in voller Blüthe, und Lilium Martagon mit schwel- N004 lenden Knospen. Unter der Waldung waren grosse N005 Strecken von den Blüthen verschiedener Cypripedien N006 auf das prachtvollste verziert. Die grossen glocken- N007 artigen Blumen des Cypripedium Calceolus, guttatum N008 und Macranthus bildeten oft einen abwechselnd gelben, N009 blauen und rothen Teppich von der überraschendsten N010 Schönheit. Welch ein schneller Wechsel vom Winter N011 zum Sommer! Die Newa hatten wir noch im Eisgange N012 verlassen, und am Ural finden wir drei Wochen später N013 schon alle Kräuter in der vollsten Blüthe. Das Wetter N014 des heutigen Tages war das heiterste von der Welt; N015 auf die kalte Nacht war ein sonnenklarer warmer Tag N016 gefolgt, und erhöhte noch den Eindruck, den dieser N017 erste Eintritt in den Ural auf uns machte. Es war N018 Sonntag; in Klenowskaja wurde das Pfingstfest gefeiert; N019 alle Welt war vor den Thüren und freute sich des N020 Festes und des Tages. N001 Grobowskoje, die dritte Station von Bisserskaja N002 erreichten wir erst mitten in der Nacht. Hier ändert N003 sich nach Hermann 1) das Gestein; es findet sich ein N004 Kalkstein ein, den wir zwar selbst in der Nacht an N005 Ort und Stelle nicht gesehen haben, der aber nach N006 der Beschreibung von Hermann und nach den Stücken N007 zu urtheilen, die sich von dieser Stelle in der Her- N008 mannschen Gebirgsarten-Sammlung finden, zum Ueber- N009 gangskalk gehört. Er ist nach diesen Stücken von N010 grauer Farbe, dichtem Bruche und enthält Versteine- N011 rungen von Productus. N001 Bei anbrechendem Morgen setzten wir über die N002 Tschussowaja 2), und erreichten bald darauf die nur [footnote reference] [footnote reference] [footnote reference] N001 1 ) Mineralogische Reise in Sibirien vom Jahr 1783-1796. Peters- N002 burg, 1797. Th. I, S. 51. [footnote reference] N001 2) Die Tschussowaja ist ein für diesen Theil des Urals sehr wich- N002 tiger Fluss, da er sehr bald nach seinem Ursprunge, wenigstens im

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

OCR-D: Bereitstellung der Texttranskription. (2019-10-24T14:49:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Dennis Dietrich, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2019-10-24T14:49:29Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR ohne Nachkorrektur.

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.ocr-d.de/gt_guidelines formulierten Richtlinien und wurde in Richtung des Zielformats DTABf angepasst.

Der Textinhalt einzelner Tabellen wurde von der OCR nur teilweise erfasst.

Weitere Textphänomene wurden wie folgt behandelt:

  • Bogensignaturen: gekennzeichnet;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: dokumentiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: wie Vorlage;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/157
Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/157>, abgerufen am 23.11.2024.