N001 selten hat man wohl an einem andern Orte Gelegen- N002 heit, so viel geschliffene und verarbeitetete Mineralien N003 und Gebirgsarten zu sehen, als eben hier. Der Reich- N004 thum der geschliffenen Edelsteine in dem Kaiserlichen N005 Schatze, wohin uns der Minister des Kaiserlichen N006 Hauses, Fürst Peter Wolchonski zu führen, die N007 besondere Güte hatte, ist ausserordentlich. Vorzüglich N008 ausgezeichnet sind die Diamanten, von denen der N009 grösste der ist, welcher sich an der Spitze des Kai- N010 serlichen Scepters befindet. Ich hatte Gelegenheit, ein N011 Modell von Blei von ihm zu erhalten, welches sich als N012 Doublette in der Mineraliensammlung der Akademie N013 der Wissenschaften befand, und habe danach die Zeich- N014 nung Taf. I, Fig. 1, 2, 3 gemacht, da mir nicht bekannt N015 ist, dass sonst schon eine solche von ihm genommen wor- N016 den ist. Die Zeichnung stellt ihn in seiner natürlichen N017 Grösse mit allen Unvollkommenheiten des Schliffs dar; N018 Fig. 3 ist die Ansicht von oben, Fig. I und 2 von N019 der vordern und hintern Seite. Er ist sehr unvortheil- N020 haft geschnitten und an seiner Oberfläche nur mit con- N021 centrischen Reihen von dreiseitigen Facetten und einer N022 untern Reihe von vierseitigen Facetten versehen, viel- N023 leicht um ihm so wenig als möglich von seiner Masse N024 zu nehmen; aber er ist vom ersten Wasser, von voll- N025 kommener Reinheit und dem lebhaftesten Glanze. Sein N026 Gewicht beträgt nach den Angaben, die man davon N027 hat, 194 3/4 Karat; sein grösster Durchmesser nach dem N028 Modelle 1 Zoll 31/2 Linien; seine Höhe 10 Linien. Er N029 stammt aus Ostindien und befand sich früher mit einem N030 ähnlichen in dem Thronsessel von Schach Nadir. Bei N031 dessen Ermordung wurde er geraubt und gerieth spä- N032 ter in die Hände des Armeniers Schafrass, der ihn N033 nebst mehreren andern werthvollen Edelsteinen, unter N034 denen sich ein grosser Smaragd und ein grosser Ru- N035 bin befanden, von einem Awganischen Anführer in Bag- N036 dad für die runde Summe von 50,000 Piastern kaufte. N037 Schafrass ging nach 12 Jahren damit nach Amsterdam,
N001 selten hat man wohl an einem andern Orte Gelegen- N002 heit, so viel geschliffene und verarbeitetete Mineralien N003 und Gebirgsarten zu sehen, als eben hier. Der Reich- N004 thum der geschliffenen Edelsteine in dem Kaiserlichen N005 Schatze, wohin uns der Minister des Kaiserlichen N006 Hauses, Fürst Peter Wolchonski zu führen, die N007 besondere Güte hatte, ist ausserordentlich. Vorzüglich N008 ausgezeichnet sind die Diamanten, von denen der N009 grösste der ist, welcher sich an der Spitze des Kai- N010 serlichen Scepters befindet. Ich hatte Gelegenheit, ein N011 Modell von Blei von ihm zu erhalten, welches sich als N012 Doublette in der Mineraliensammlung der Akademie N013 der Wissenschaften befand, und habe danach die Zeich- N014 nung Taf. I, Fig. 1, 2, 3 gemacht, da mir nicht bekannt N015 ist, dass sonst schon eine solche von ihm genommen wor- N016 den ist. Die Zeichnung stellt ihn in seiner natürlichen N017 Grösse mit allen Unvollkommenheiten des Schliffs dar; N018 Fig. 3 ist die Ansicht von oben, Fig. I und 2 von N019 der vordern und hintern Seite. Er ist sehr unvortheil- N020 haft geschnitten und an seiner Oberfläche nur mit con- N021 centrischen Reihen von dreiseitigen Facetten und einer N022 untern Reihe von vierseitigen Facetten versehen, viel- N023 leicht um ihm so wenig als möglich von seiner Masse N024 zu nehmen; aber er ist vom ersten Wasser, von voll- N025 kommener Reinheit und dem lebhaftesten Glanze. Sein N026 Gewicht beträgt nach den Angaben, die man davon N027 hat, 194 ¾ Karat; sein grösster Durchmesser nach dem N028 Modelle 1 Zoll 3½ Linien; seine Höhe 10 Linien. Er N029 stammt aus Ostindien und befand sich früher mit einem N030 ähnlichen in dem Thronsessel von Schach Nadir. Bei N031 dessen Ermordung wurde er geraubt und gerieth spä- N032 ter in die Hände des Armeniers Schafrass, der ihn N033 nebst mehreren andern werthvollen Edelsteinen, unter N034 denen sich ein grosser Smaragd und ein grosser Ru- N035 bin befanden, von einem Awganischen Anführer in Bag- N036 dad für die runde Summe von 50,000 Piastern kaufte. N037 Schafrass ging nach 12 Jahren damit nach Amsterdam,
<TEI><text><body><div><pbfacs="#f0084"xml:id="img_0084"n="50"/><p><lbn="N001"/>
selten hat man wohl an einem andern Orte Gelegen- <lbn="N002"/>
heit, so viel geschliffene und verarbeitetete Mineralien <lbn="N003"/>
und Gebirgsarten zu sehen, als eben hier. Der Reich- <lbn="N004"/>
thum der geschliffenen Edelsteine in dem Kaiserlichen <lbn="N005"/>
Schatze, wohin uns der Minister des Kaiserlichen <lbn="N006"/>
Hauses, Fürst Peter Wolchonski zu führen, die <lbn="N007"/>
besondere Güte hatte, ist ausserordentlich. Vorzüglich <lbn="N008"/>
ausgezeichnet sind die Diamanten, von denen der <lbn="N009"/>
grösste der ist, welcher sich an der Spitze des Kai- <lbn="N010"/>
serlichen Scepters befindet. Ich hatte Gelegenheit, ein <lbn="N011"/>
Modell von Blei von ihm zu erhalten, welches sich als <lbn="N012"/>
Doublette in der Mineraliensammlung der Akademie <lbn="N013"/>
der Wissenschaften befand, und habe danach die Zeich- <lbn="N014"/>
nung Taf. I, Fig. 1, 2, 3 gemacht, da mir nicht bekannt <lbn="N015"/>
ist, dass sonst schon eine solche von ihm genommen wor- <lbn="N016"/>
den ist. Die Zeichnung stellt ihn in seiner natürlichen <lbn="N017"/>
Grösse mit allen Unvollkommenheiten des Schliffs dar; <lbn="N018"/>
Fig. 3 ist die Ansicht von oben, Fig. I und 2 von <lbn="N019"/>
der vordern und hintern Seite. Er ist sehr unvortheil- <lbn="N020"/>
haft geschnitten und an seiner Oberfläche nur mit con- <lbn="N021"/>
centrischen Reihen von dreiseitigen Facetten und einer <lbn="N022"/>
untern Reihe von vierseitigen Facetten versehen, viel- <lbn="N023"/>
leicht um ihm so wenig als möglich von seiner Masse <lbn="N024"/>
zu nehmen; aber er ist vom ersten Wasser, von voll- <lbn="N025"/>
kommener Reinheit und dem lebhaftesten Glanze. Sein <lbn="N026"/>
Gewicht beträgt nach den Angaben, die man davon <lbn="N027"/>
hat, 194 ¾ Karat; sein grösster Durchmesser nach dem <lbn="N028"/>
Modelle 1 Zoll 3½ Linien; seine Höhe 10 Linien. Er <lbn="N029"/>
stammt aus Ostindien und befand sich früher mit einem <lbn="N030"/>
ähnlichen in dem Thronsessel von Schach Nadir. Bei <lbn="N031"/>
dessen Ermordung wurde er geraubt und gerieth spä- <lbn="N032"/>
ter in die Hände des Armeniers Schafrass, der ihn <lbn="N033"/>
nebst mehreren andern werthvollen Edelsteinen, unter <lbn="N034"/>
denen sich ein grosser Smaragd und ein grosser Ru- <lbn="N035"/>
bin befanden, von einem Awganischen Anführer in Bag- <lbn="N036"/>
dad für die runde Summe von 50,000 Piastern kaufte. <lbn="N037"/>
Schafrass ging nach 12 Jahren damit nach Amsterdam,</p></div></body></text></TEI>
[50/0084]
N001
selten hat man wohl an einem andern Orte Gelegen- N002
heit, so viel geschliffene und verarbeitetete Mineralien N003
und Gebirgsarten zu sehen, als eben hier. Der Reich- N004
thum der geschliffenen Edelsteine in dem Kaiserlichen N005
Schatze, wohin uns der Minister des Kaiserlichen N006
Hauses, Fürst Peter Wolchonski zu führen, die N007
besondere Güte hatte, ist ausserordentlich. Vorzüglich N008
ausgezeichnet sind die Diamanten, von denen der N009
grösste der ist, welcher sich an der Spitze des Kai- N010
serlichen Scepters befindet. Ich hatte Gelegenheit, ein N011
Modell von Blei von ihm zu erhalten, welches sich als N012
Doublette in der Mineraliensammlung der Akademie N013
der Wissenschaften befand, und habe danach die Zeich- N014
nung Taf. I, Fig. 1, 2, 3 gemacht, da mir nicht bekannt N015
ist, dass sonst schon eine solche von ihm genommen wor- N016
den ist. Die Zeichnung stellt ihn in seiner natürlichen N017
Grösse mit allen Unvollkommenheiten des Schliffs dar; N018
Fig. 3 ist die Ansicht von oben, Fig. I und 2 von N019
der vordern und hintern Seite. Er ist sehr unvortheil- N020
haft geschnitten und an seiner Oberfläche nur mit con- N021
centrischen Reihen von dreiseitigen Facetten und einer N022
untern Reihe von vierseitigen Facetten versehen, viel- N023
leicht um ihm so wenig als möglich von seiner Masse N024
zu nehmen; aber er ist vom ersten Wasser, von voll- N025
kommener Reinheit und dem lebhaftesten Glanze. Sein N026
Gewicht beträgt nach den Angaben, die man davon N027
hat, 194 ¾ Karat; sein grösster Durchmesser nach dem N028
Modelle 1 Zoll 3½ Linien; seine Höhe 10 Linien. Er N029
stammt aus Ostindien und befand sich früher mit einem N030
ähnlichen in dem Thronsessel von Schach Nadir. Bei N031
dessen Ermordung wurde er geraubt und gerieth spä- N032
ter in die Hände des Armeniers Schafrass, der ihn N033
nebst mehreren andern werthvollen Edelsteinen, unter N034
denen sich ein grosser Smaragd und ein grosser Ru- N035
bin befanden, von einem Awganischen Anführer in Bag- N036
dad für die runde Summe von 50,000 Piastern kaufte. N037
Schafrass ging nach 12 Jahren damit nach Amsterdam,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
OCR-D: Bereitstellung der Texttranskription.
(2019-10-24T14:49:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Dennis Dietrich, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2019-10-24T14:49:29Z)
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR ohne Nachkorrektur.
Die Transkription erfolgte nach den unter
http://www.ocr-d.de/gt_guidelines
formulierten Richtlinien und wurde in Richtung des Zielformats DTABf angepasst.
Der Textinhalt einzelner Tabellen wurde von der OCR nur teilweise erfasst.
Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/84>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.