N001 die Luft nur eine Temperatur von 3° R. Viel weni- N002 ger war das Wasser der Wolga erkaltet, es hatte N003 noch eine Temperatur von 7°,5, und bewirkte durch N004 Erwärmung der über ihm stehenden Luftschicht eine N005 Luftspiegelung, die so ausgezeichnet war, wie wir N006 sie nur mitten im Sommer in den Steppen des Altai N007 gesehen hatten. Die höhern Gegenstände des gegen- N008 überliegenden Ufers schienen uns dadurch gehoben N009 und nach unten zu verkehrt, wie wenn sich ein Ge- N010 genstand im Wasser spiegelt. Wir fuhren bei meh- N011 ren mit Pappeln und Weiden besetzten Inseln vorüber N012 und hielten endlich in ziemlicher Entfernung vom jen- N013 seitigen Ufer still, denn bis zum Ufer selbst konnten N014 wir in dem Boote, wegen der Seichtigkeit des Was- N015 sers an dem Landungsplätze nicht gelangen. Die N016 Kalmücken, unsere Ruderer sprangen daher ins Was- N017 ser, und trugen uns, je zwei einen Sessel mit ihren N018 Händen bildend, ans Ufer. Hier erwartete unserer N019 schon eine vierspännige und eine zweispännige Kut- N020 sche, sowie eine Menge Reit-Pferde, die uns Fürst N021 Sered-Dschab entgegen geschickt hatte, in der N022 Meinung, dass Herr von Humboldt in einem viel N023 grösseren Gefolge ankommen würde.
N001 Tumeniewka, die Residenz des Fürsten, liegt von N002 unserem Landungsplatze noch 12 Werste weiter auf- N003 wärts an der Wolga. Sie hat schon ziemlich das N004 Ansehen eines russischen Dorfes und besteht aus ei- N005 ner Menge unregelmässig stehender hölzerner Häuser N006 und Kibitken, über welchen allen das hölzerne Schloss N007 des Fürsten hervorragt, ein etwa 30 Schritt langes N008 Gebäude von 2 Stockwerken, dessen zweites Stock- N009 werk gegen das untere etwas zurücktritt, und hier N010 mit einem Geländer umgeben, in der Mitte aber mit N011 einer gläsernen Kuppel versehen ist. Die umgebenden N012 Kibitken werden von Kalmücken, die hölzernen Häu- N013 ser aber meistens von Russen bewohnt, die sich bei
N001 die Luft nur eine Temperatur von 3° R. Viel weni- N002 ger war das Wasser der Wolga erkaltet, es hatte N003 noch eine Temperatur von 7°,5, und bewirkte durch N004 Erwärmung der über ihm stehenden Luftschicht eine N005 Luftspiegelung, die so ausgezeichnet war, wie wir N006 sie nur mitten im Sommer in den Steppen des Altai N007 gesehen hatten. Die höhern Gegenstände des gegen- N008 überliegenden Ufers schienen uns dadurch gehoben N009 und nach unten zu verkehrt, wie wenn sich ein Ge- N010 genstand im Wasser spiegelt. Wir fuhren bei meh- N011 ren mit Pappeln und Weiden besetzten Inseln vorüber N012 und hielten endlich in ziemlicher Entfernung vom jen- N013 seitigen Ufer still, denn bis zum Ufer selbst konnten N014 wir in dem Boote, wegen der Seichtigkeit des Was- N015 sers an dem Landungsplätze nicht gelangen. Die N016 Kalmücken, unsere Ruderer sprangen daher ins Was- N017 ser, und trugen uns, je zwei einen Sessel mit ihren N018 Händen bildend, ans Ufer. Hier erwartete unserer N019 schon eine vierspännige und eine zweispännige Kut- N020 sche, sowie eine Menge Reit-Pferde, die uns Fürst N021 Sered-Dschab entgegen geschickt hatte, in der N022 Meinung, dass Herr von Humboldt in einem viel N023 grösseren Gefolge ankommen würde.
N001 Tumeniewka, die Residenz des Fürsten, liegt von N002 unserem Landungsplatze noch 12 Werste weiter auf- N003 wärts an der Wolga. Sie hat schon ziemlich das N004 Ansehen eines russischen Dorfes und besteht aus ei- N005 ner Menge unregelmässig stehender hölzerner Häuser N006 und Kibitken, über welchen allen das hölzerne Schloss N007 des Fürsten hervorragt, ein etwa 30 Schritt langes N008 Gebäude von 2 Stockwerken, dessen zweites Stock- N009 werk gegen das untere etwas zurücktritt, und hier N010 mit einem Geländer umgeben, in der Mitte aber mit N011 einer gläsernen Kuppel versehen ist. Die umgebenden N012 Kibitken werden von Kalmücken, die hölzernen Häu- N013 ser aber meistens von Russen bewohnt, die sich bei
<TEI><text><body><div><pbfacs="#f0354"xml:id="img_0352"n="336"/><p><lbn="N001"/>
die Luft nur eine Temperatur von 3° R. Viel weni- <lbn="N002"/>
ger war das Wasser der Wolga erkaltet, es hatte <lbn="N003"/>
noch eine Temperatur von 7°,5, und bewirkte durch <lbn="N004"/>
Erwärmung der über ihm stehenden Luftschicht eine <lbn="N005"/>
Luftspiegelung, die so ausgezeichnet war, wie wir <lbn="N006"/>
sie nur mitten im Sommer in den Steppen des Altai <lbn="N007"/>
gesehen hatten. Die höhern Gegenstände des gegen- <lbn="N008"/>
überliegenden Ufers schienen uns dadurch gehoben <lbn="N009"/>
und nach unten zu verkehrt, wie wenn sich ein Ge- <lbn="N010"/>
genstand im Wasser spiegelt. Wir fuhren bei meh- <lbn="N011"/>
ren mit Pappeln und Weiden besetzten Inseln vorüber <lbn="N012"/>
und hielten endlich in ziemlicher Entfernung vom jen- <lbn="N013"/>
seitigen Ufer still, denn bis zum Ufer selbst konnten <lbn="N014"/>
wir in dem Boote, wegen der Seichtigkeit des Was- <lbn="N015"/>
sers an dem Landungsplätze nicht gelangen. Die <lbn="N016"/>
Kalmücken, unsere Ruderer sprangen daher ins Was- <lbn="N017"/>
ser, und trugen uns, je zwei einen Sessel mit ihren <lbn="N018"/>
Händen bildend, ans Ufer. Hier erwartete unserer <lbn="N019"/>
schon eine vierspännige und eine zweispännige Kut- <lbn="N020"/>
sche, sowie eine Menge Reit-Pferde, die uns Fürst <lbn="N021"/>
Sered-Dschab entgegen geschickt hatte, in der <lbn="N022"/>
Meinung, dass Herr von Humboldt in einem viel <lbn="N023"/>
grösseren Gefolge ankommen würde.</p><p><lbn="N001"/>
Tumeniewka, die Residenz des Fürsten, liegt von <lbn="N002"/>
unserem Landungsplatze noch 12 Werste weiter auf- <lbn="N003"/>
wärts an der Wolga. Sie hat schon ziemlich das <lbn="N004"/>
Ansehen eines russischen Dorfes und besteht aus ei- <lbn="N005"/>
ner Menge unregelmässig stehender hölzerner Häuser <lbn="N006"/>
und Kibitken, über welchen allen das hölzerne Schloss <lbn="N007"/>
des Fürsten hervorragt, ein etwa 30 Schritt langes <lbn="N008"/>
Gebäude von 2 Stockwerken, dessen zweites Stock- <lbn="N009"/>
werk gegen das untere etwas zurücktritt, und hier <lbn="N010"/>
mit einem Geländer umgeben, in der Mitte aber mit <lbn="N011"/>
einer gläsernen Kuppel versehen ist. Die umgebenden <lbn="N012"/>
Kibitken werden von Kalmücken, die hölzernen Häu- <lbn="N013"/>
ser aber meistens von Russen bewohnt, die sich bei</p></div></body></text></TEI>
[336/0354]
N001
die Luft nur eine Temperatur von 3° R. Viel weni- N002
ger war das Wasser der Wolga erkaltet, es hatte N003
noch eine Temperatur von 7°,5, und bewirkte durch N004
Erwärmung der über ihm stehenden Luftschicht eine N005
Luftspiegelung, die so ausgezeichnet war, wie wir N006
sie nur mitten im Sommer in den Steppen des Altai N007
gesehen hatten. Die höhern Gegenstände des gegen- N008
überliegenden Ufers schienen uns dadurch gehoben N009
und nach unten zu verkehrt, wie wenn sich ein Ge- N010
genstand im Wasser spiegelt. Wir fuhren bei meh- N011
ren mit Pappeln und Weiden besetzten Inseln vorüber N012
und hielten endlich in ziemlicher Entfernung vom jen- N013
seitigen Ufer still, denn bis zum Ufer selbst konnten N014
wir in dem Boote, wegen der Seichtigkeit des Was- N015
sers an dem Landungsplätze nicht gelangen. Die N016
Kalmücken, unsere Ruderer sprangen daher ins Was- N017
ser, und trugen uns, je zwei einen Sessel mit ihren N018
Händen bildend, ans Ufer. Hier erwartete unserer N019
schon eine vierspännige und eine zweispännige Kut- N020
sche, sowie eine Menge Reit-Pferde, die uns Fürst N021
Sered-Dschab entgegen geschickt hatte, in der N022
Meinung, dass Herr von Humboldt in einem viel N023
grösseren Gefolge ankommen würde.
N001
Tumeniewka, die Residenz des Fürsten, liegt von N002
unserem Landungsplatze noch 12 Werste weiter auf- N003
wärts an der Wolga. Sie hat schon ziemlich das N004
Ansehen eines russischen Dorfes und besteht aus ei- N005
ner Menge unregelmässig stehender hölzerner Häuser N006
und Kibitken, über welchen allen das hölzerne Schloss N007
des Fürsten hervorragt, ein etwa 30 Schritt langes N008
Gebäude von 2 Stockwerken, dessen zweites Stock- N009
werk gegen das untere etwas zurücktritt, und hier N010
mit einem Geländer umgeben, in der Mitte aber mit N011
einer gläsernen Kuppel versehen ist. Die umgebenden N012
Kibitken werden von Kalmücken, die hölzernen Häu- N013
ser aber meistens von Russen bewohnt, die sich bei
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
OCR-D: Bereitstellung der Texttranskription.
(2019-10-24T14:59:58Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Dennis Dietrich, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2019-10-24T14:59:58Z)
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR ohne Nachkorrektur.
Die Transkription erfolgte nach den unter
http://www.ocr-d.de/gt_guidelines
formulierten Richtlinien und wurde in Richtung des Zielformats DTABf angepasst. Der Textinhalt einzelner Tabellen wurde von der OCR nur teilweise erfasst.
Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842/354>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.