N001 dem Fürsten angesiedelt haben, und ihm dienstpflich- N002 tig sind.
N001 Fürst Sered-Dschab empfing uns an der Thür N002 seines Schlosses. Es war ein Mann von mittleren N003 Jahren in dunkelgrüner Kutka als russischer Oberst N004 gekleidet und mit allen seinen Orden geziert. In sei- N005 ner Begleitung war sein dritter Bruder Seren-Dan- N006 duk, in ähnlicher tscherkessischer Kleidung, wie sein N007 vierter Bruder Seren-Norwa, der uns von Samä- N008 nowskaja hergeleitet hatte. Sein zweiter Bruder Ba- N009 tur-Ubaschi war, wie wir nachher erfuhren, krank N010 und zeigte sich nicht. Wir traten in einen schmalen N011 tiefen Saal, in dessen Mitte ein Billard stand und des- N012 sen Seiten mit Meublen von Mahagoni, grossen Spie- N013 geln und Spieluhren geschmückt waren. Aus diesem N014 wurden wir rechts in ein kleines Seitenzimmer ge- N015 führt, in welchem sich Herr von Humboldt und N016 Fürst Sered-Dschab auf ein Kanapee von rothem N017 Saffian den Fenstern gegenüber niederliessen; die N018 übrige Gesellschaft setzte sich auf Polsterstühle von N019 Mahagoni, die mit persischem seidenen Zeuge über- N020 zogen waren, und ordneten sich um einen grösseren N021 runden Tisch, der vor dem Kanapee stand. Ueber N022 dem Kanapee an der Wand hingen die wohlgetroffe- N023 nen Oelbilder des Kaisers und der Kaiserin. Der N024 Fürst sprach fertig russisch und unterhielt sich mit N025 Herrn v. Humboldt durch Merrn Menschenin und N026 und Herrn Stranak, welchen letzteren wir auch jetzt N027 noch die Freude hatten bei uns zu sehen, da er uns N028 bis zur Gränze des Gouvernements, wo er uns em- N029 pfangen, zurückgeleitete. Die Unterhaltung hatte N030 aber nicht lange gewährt, als ganz unerwartet ein N031 reichgekleideter junger Mann von mongolischer, doch N032 angenehmer Bildung, der Chan der inneren Kirgisen- N033 horde Dschangir, mit seinem Gefolge hereintrat. Er N034 war, wie wir erfuhren, beim Fürsten Sered-Dschab, N035 seinem Nachbar, zum Besuch gekommen, hatte schon
N001 II. 22
N001 dem Fürsten angesiedelt haben, und ihm dienstpflich- N002 tig sind.
N001 Fürst Sered-Dschab empfing uns an der Thür N002 seines Schlosses. Es war ein Mann von mittleren N003 Jahren in dunkelgrüner Kutka als russischer Oberst N004 gekleidet und mit allen seinen Orden geziert. In sei- N005 ner Begleitung war sein dritter Bruder Seren-Dan- N006 duk, in ähnlicher tscherkessischer Kleidung, wie sein N007 vierter Bruder Seren-Norwa, der uns von Samä- N008 nowskaja hergeleitet hatte. Sein zweiter Bruder Ba- N009 tur-Ubaschi war, wie wir nachher erfuhren, krank N010 und zeigte sich nicht. Wir traten in einen schmalen N011 tiefen Saal, in dessen Mitte ein Billard stand und des- N012 sen Seiten mit Meublen von Mahagoni, grossen Spie- N013 geln und Spieluhren geschmückt waren. Aus diesem N014 wurden wir rechts in ein kleines Seitenzimmer ge- N015 führt, in welchem sich Herr von Humboldt und N016 Fürst Sered-Dschab auf ein Kanapee von rothem N017 Saffian den Fenstern gegenüber niederliessen; die N018 übrige Gesellschaft setzte sich auf Polsterstühle von N019 Mahagoni, die mit persischem seidenen Zeuge über- N020 zogen waren, und ordneten sich um einen grösseren N021 runden Tisch, der vor dem Kanapee stand. Ueber N022 dem Kanapee an der Wand hingen die wohlgetroffe- N023 nen Oelbilder des Kaisers und der Kaiserin. Der N024 Fürst sprach fertig russisch und unterhielt sich mit N025 Herrn v. Humboldt durch Merrn Menschenin und N026 und Herrn Stranak, welchen letzteren wir auch jetzt N027 noch die Freude hatten bei uns zu sehen, da er uns N028 bis zur Gränze des Gouvernements, wo er uns em- N029 pfangen, zurückgeleitete. Die Unterhaltung hatte N030 aber nicht lange gewährt, als ganz unerwartet ein N031 reichgekleideter junger Mann von mongolischer, doch N032 angenehmer Bildung, der Chan der inneren Kirgisen- N033 horde Dschangir, mit seinem Gefolge hereintrat. Er N034 war, wie wir erfuhren, beim Fürsten Sered-Dschab, N035 seinem Nachbar, zum Besuch gekommen, hatte schon
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dem Fürsten angesiedelt haben, und ihm dienstpflich- N002
tig sind.
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Fürst Sered-Dschab empfing uns an der Thür N002
seines Schlosses. Es war ein Mann von mittleren N003
Jahren in dunkelgrüner Kutka als russischer Oberst N004
gekleidet und mit allen seinen Orden geziert. In sei- N005
ner Begleitung war sein dritter Bruder Seren-Dan- N006
duk, in ähnlicher tscherkessischer Kleidung, wie sein N007
vierter Bruder Seren-Norwa, der uns von Samä- N008
nowskaja hergeleitet hatte. Sein zweiter Bruder Ba- N009
tur-Ubaschi war, wie wir nachher erfuhren, krank N010
und zeigte sich nicht. Wir traten in einen schmalen N011
tiefen Saal, in dessen Mitte ein Billard stand und des- N012
sen Seiten mit Meublen von Mahagoni, grossen Spie- N013
geln und Spieluhren geschmückt waren. Aus diesem N014
wurden wir rechts in ein kleines Seitenzimmer ge- N015
führt, in welchem sich Herr von Humboldt und N016
Fürst Sered-Dschab auf ein Kanapee von rothem N017
Saffian den Fenstern gegenüber niederliessen; die N018
übrige Gesellschaft setzte sich auf Polsterstühle von N019
Mahagoni, die mit persischem seidenen Zeuge über- N020
zogen waren, und ordneten sich um einen grösseren N021
runden Tisch, der vor dem Kanapee stand. Ueber N022
dem Kanapee an der Wand hingen die wohlgetroffe- N023
nen Oelbilder des Kaisers und der Kaiserin. Der N024
Fürst sprach fertig russisch und unterhielt sich mit N025
Herrn v. Humboldt durch Merrn Menschenin und N026
und Herrn Stranak, welchen letzteren wir auch jetzt N027
noch die Freude hatten bei uns zu sehen, da er uns N028
bis zur Gränze des Gouvernements, wo er uns em- N029
pfangen, zurückgeleitete. Die Unterhaltung hatte N030
aber nicht lange gewährt, als ganz unerwartet ein N031
reichgekleideter junger Mann von mongolischer, doch N032
angenehmer Bildung, der Chan der inneren Kirgisen- N033
horde Dschangir, mit seinem Gefolge hereintrat. Er N034
war, wie wir erfuhren, beim Fürsten Sered-Dschab, N035
seinem Nachbar, zum Besuch gekommen, hatte schon
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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842/355>, abgerufen am 24.11.2024.
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