Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

ein Pfeifchen stopft, oder -- wie das bei den
Waldleuten schon eine absonderliche Gewohnheit
ist -- sich gar einen faustgroßen Ballen Tabak
in den Mund steckt, um einen ganzen halben
Tag an ihm zu kauen. Das Tabakkauen ist dem
Holzschläger ein großer Genuß, es ist ihm, wie
er sagt, das halbe Essen und dreiviertel Arznei.

Die Baumstämme werden in diesen Gegenden
zumeist zu Kohlen verwandelt und zu diesem Zwecke
zu Scheitern oder längeren Stücken, den "Drei-
lingen" (drei hackenstiellangen Strünken) zerklei-
nert. Die Kohlen werden entweder zu Wagen,
oder wo der Weg zu elend ist, auf den Rücken der
Pferde und Halbpferde hinausbefördert zu den
Hammerwerken der Vorgegenden. Nur die schönsten
Stämme werden als Bauholz verwendet. Die Bu-
chen und Ahorne und andere Laubhölzer, wie sie
hier wachsen, werden am wenigsten benützt, nur
daß sie ihr Laub für Streu und Lagerstätten lie-
fern; sonst bleiben sie sich selbst überlassen, bis sie
inwendig verfault, ausgehölt, nach und nach
absterben und zusammenbrechen. Dann entstehen
schwammartige Auswüchse auf den vermodernden
Strünken, und es kommt der Pecher oder der
Wurzner, schlägt sich die Auswüchse los, mörsert
sie platt, beizt sie ein und bereitet so den Feuer-
schwamm.


ein Pfeifchen ſtopft, oder — wie das bei den
Waldleuten ſchon eine abſonderliche Gewohnheit
iſt — ſich gar einen fauſtgroßen Ballen Tabak
in den Mund ſteckt, um einen ganzen halben
Tag an ihm zu kauen. Das Tabakkauen iſt dem
Holzſchläger ein großer Genuß, es iſt ihm, wie
er ſagt, das halbe Eſſen und dreiviertel Arznei.

Die Baumſtämme werden in dieſen Gegenden
zumeiſt zu Kohlen verwandelt und zu dieſem Zwecke
zu Scheitern oder längeren Stücken, den „Drei-
lingen“ (drei hackenſtiellangen Strünken) zerklei-
nert. Die Kohlen werden entweder zu Wagen,
oder wo der Weg zu elend iſt, auf den Rücken der
Pferde und Halbpferde hinausbefördert zu den
Hammerwerken der Vorgegenden. Nur die ſchönſten
Stämme werden als Bauholz verwendet. Die Bu-
chen und Ahorne und andere Laubhölzer, wie ſie
hier wachſen, werden am wenigſten benützt, nur
daß ſie ihr Laub für Streu und Lagerſtätten lie-
fern; ſonſt bleiben ſie ſich ſelbſt überlaſſen, bis ſie
inwendig verfault, ausgehölt, nach und nach
abſterben und zuſammenbrechen. Dann entſtehen
ſchwammartige Auswüchſe auf den vermodernden
Strünken, und es kommt der Pecher oder der
Wurzner, ſchlägt ſich die Auswüchſe los, mörſert
ſie platt, beizt ſie ein und bereitet ſo den Feuer-
ſchwamm.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0131" n="121"/>
ein Pfeifchen &#x017F;topft, oder &#x2014; wie das bei den<lb/>
Waldleuten &#x017F;chon eine ab&#x017F;onderliche Gewohnheit<lb/>
i&#x017F;t &#x2014; &#x017F;ich gar einen fau&#x017F;tgroßen Ballen Tabak<lb/>
in den Mund &#x017F;teckt, um einen ganzen halben<lb/>
Tag an ihm zu kauen. Das Tabakkauen i&#x017F;t dem<lb/>
Holz&#x017F;chläger ein großer Genuß, es i&#x017F;t ihm, wie<lb/>
er &#x017F;agt, das halbe E&#x017F;&#x017F;en und dreiviertel Arznei.</p><lb/>
          <p>Die Baum&#x017F;tämme werden in die&#x017F;en Gegenden<lb/>
zumei&#x017F;t zu Kohlen verwandelt und zu die&#x017F;em Zwecke<lb/>
zu Scheitern oder längeren Stücken, den &#x201E;Drei-<lb/>
lingen&#x201C; (drei hacken&#x017F;tiellangen Strünken) zerklei-<lb/>
nert. Die Kohlen werden entweder zu Wagen,<lb/>
oder wo der Weg zu elend i&#x017F;t, auf den Rücken der<lb/>
Pferde und Halbpferde hinausbefördert zu den<lb/>
Hammerwerken der Vorgegenden. Nur die &#x017F;chön&#x017F;ten<lb/>
Stämme werden als Bauholz verwendet. Die Bu-<lb/>
chen und Ahorne und andere Laubhölzer, wie &#x017F;ie<lb/>
hier wach&#x017F;en, werden am wenig&#x017F;ten benützt, nur<lb/>
daß &#x017F;ie ihr Laub für Streu und Lager&#x017F;tätten lie-<lb/>
fern; &#x017F;on&#x017F;t bleiben &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t überla&#x017F;&#x017F;en, bis &#x017F;ie<lb/>
inwendig verfault, ausgehölt, nach und nach<lb/>
ab&#x017F;terben und zu&#x017F;ammenbrechen. Dann ent&#x017F;tehen<lb/>
&#x017F;chwammartige Auswüch&#x017F;e auf den vermodernden<lb/>
Strünken, und es kommt der Pecher oder der<lb/>
Wurzner, &#x017F;chlägt &#x017F;ich die Auswüch&#x017F;e los, mör&#x017F;ert<lb/>
&#x017F;ie platt, beizt &#x017F;ie ein und bereitet &#x017F;o den Feuer-<lb/>
&#x017F;chwamm.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0131] ein Pfeifchen ſtopft, oder — wie das bei den Waldleuten ſchon eine abſonderliche Gewohnheit iſt — ſich gar einen fauſtgroßen Ballen Tabak in den Mund ſteckt, um einen ganzen halben Tag an ihm zu kauen. Das Tabakkauen iſt dem Holzſchläger ein großer Genuß, es iſt ihm, wie er ſagt, das halbe Eſſen und dreiviertel Arznei. Die Baumſtämme werden in dieſen Gegenden zumeiſt zu Kohlen verwandelt und zu dieſem Zwecke zu Scheitern oder längeren Stücken, den „Drei- lingen“ (drei hackenſtiellangen Strünken) zerklei- nert. Die Kohlen werden entweder zu Wagen, oder wo der Weg zu elend iſt, auf den Rücken der Pferde und Halbpferde hinausbefördert zu den Hammerwerken der Vorgegenden. Nur die ſchönſten Stämme werden als Bauholz verwendet. Die Bu- chen und Ahorne und andere Laubhölzer, wie ſie hier wachſen, werden am wenigſten benützt, nur daß ſie ihr Laub für Streu und Lagerſtätten lie- fern; ſonſt bleiben ſie ſich ſelbſt überlaſſen, bis ſie inwendig verfault, ausgehölt, nach und nach abſterben und zuſammenbrechen. Dann entſtehen ſchwammartige Auswüchſe auf den vermodernden Strünken, und es kommt der Pecher oder der Wurzner, ſchlägt ſich die Auswüchſe los, mörſert ſie platt, beizt ſie ein und bereitet ſo den Feuer- ſchwamm.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/131
Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/131>, abgerufen am 14.05.2024.