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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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aus grobem Loden, mit grünem Tuche verbräumt;
ganze Bäumchen aus grünem Tuche geschnitten
prangen am Rücken über den Schössen, und an
den Aermeln, und große Messingknöpfe leuchten in
die Ferne, und ein mächtig hoher Stehkragen bildet
die Veste um den Kopf, auf welchem nun der
ebenfalls aus groben Haaren, aber mit einem brei-
ten grünen Bande und funkelnder Messingschnalle,
breitkrempige, oben weit ausgeschweifte Cilinder sitzt.

Bis in die Alpenwildniß herein also die
welsche Mode gedrungen!

Zum größten Theile sind es gutmüthige Men-
schen; gereizt aber können sie unglaublich wild
werden. Da hebt ihr Blut an zu brausen, wie
gischtende Alpenbäche, wie ein Sturmwind im Forst,
und der kleinste Funken leidenschaftlicher Erregung
wird zu einem Waldbrande. Die Augen dieser
Waldmenschen, so tief sie stecken mögen hinter den
buschigen Brauen, sind klar und glühend. Deutlich
ist die Gutherzigkeit darin zu lesen und der Jähzorn.

Aber fromm sind sie, schier verdächtig fromm.
Jeder hat sein Weihwasserfläschchen und sein christlich
Anhängsel an der Brust; jeder betet seinen Rosen-
kranz, mit Einschließung "aller armen Seelen im Feg-
feuer, und zur Erlangung von Geld und Gut, so nutz-
los vergraben ist in der Erde." Und Jeder hat in
seinem Leben zum Mindesten Ein Gespenst gesehen.


aus grobem Loden, mit grünem Tuche verbräumt;
ganze Bäumchen aus grünem Tuche geſchnitten
prangen am Rücken über den Schöſſen, und an
den Aermeln, und große Meſſingknöpfe leuchten in
die Ferne, und ein mächtig hoher Stehkragen bildet
die Veſte um den Kopf, auf welchem nun der
ebenfalls aus groben Haaren, aber mit einem brei-
ten grünen Bande und funkelnder Meſſingſchnalle,
breitkrempige, oben weit ausgeſchweifte Cilinder ſitzt.

Bis in die Alpenwildniß herein alſo die
welſche Mode gedrungen!

Zum größten Theile ſind es gutmüthige Men-
ſchen; gereizt aber können ſie unglaublich wild
werden. Da hebt ihr Blut an zu brauſen, wie
giſchtende Alpenbäche, wie ein Sturmwind im Forſt,
und der kleinſte Funken leidenſchaftlicher Erregung
wird zu einem Waldbrande. Die Augen dieſer
Waldmenſchen, ſo tief ſie ſtecken mögen hinter den
buſchigen Brauen, ſind klar und glühend. Deutlich
iſt die Gutherzigkeit darin zu leſen und der Jähzorn.

Aber fromm ſind ſie, ſchier verdächtig fromm.
Jeder hat ſein Weihwaſſerfläſchchen und ſein chriſtlich
Anhängſel an der Bruſt; jeder betet ſeinen Roſen-
kranz, mit Einſchließung „aller armen Seelen im Feg-
feuer, und zur Erlangung von Geld und Gut, ſo nutz-
los vergraben iſt in der Erde.“ Und Jeder hat in
ſeinem Leben zum Mindeſten Ein Geſpenſt geſehen.


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[125/0135] aus grobem Loden, mit grünem Tuche verbräumt; ganze Bäumchen aus grünem Tuche geſchnitten prangen am Rücken über den Schöſſen, und an den Aermeln, und große Meſſingknöpfe leuchten in die Ferne, und ein mächtig hoher Stehkragen bildet die Veſte um den Kopf, auf welchem nun der ebenfalls aus groben Haaren, aber mit einem brei- ten grünen Bande und funkelnder Meſſingſchnalle, breitkrempige, oben weit ausgeſchweifte Cilinder ſitzt. Bis in die Alpenwildniß herein alſo die welſche Mode gedrungen! Zum größten Theile ſind es gutmüthige Men- ſchen; gereizt aber können ſie unglaublich wild werden. Da hebt ihr Blut an zu brauſen, wie giſchtende Alpenbäche, wie ein Sturmwind im Forſt, und der kleinſte Funken leidenſchaftlicher Erregung wird zu einem Waldbrande. Die Augen dieſer Waldmenſchen, ſo tief ſie ſtecken mögen hinter den buſchigen Brauen, ſind klar und glühend. Deutlich iſt die Gutherzigkeit darin zu leſen und der Jähzorn. Aber fromm ſind ſie, ſchier verdächtig fromm. Jeder hat ſein Weihwaſſerfläſchchen und ſein chriſtlich Anhängſel an der Bruſt; jeder betet ſeinen Roſen- kranz, mit Einſchließung „aller armen Seelen im Feg- feuer, und zur Erlangung von Geld und Gut, ſo nutz- los vergraben iſt in der Erde.“ Und Jeder hat in ſeinem Leben zum Mindeſten Ein Geſpenſt geſehen.

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/135>, abgerufen am 27.11.2024.