mich zogen mit schweren guldenen Ketten. Und einmal, mitten in der stürmischen Winternacht bin ich fort und heimzu geflohen. Im Rainhäusel hab' ich mich aufgehalten bei meiner alten Base. Und jetzt haben mich meine eigenen Landsleute ver- rathen. Auf einmal sind die Ueberreiter da, daß sie mich fangen. Just, daß ich noch aus dem Häu- sel und in den Wald hinaufhusch' und denk', wenn sie mich überlistet haben, so überlist ich sie wieder. Zwei große Fanghunde haben umher- geschnuppert, aber ich bin durch den Bach gelaufen und in demselben eine gute Läng' hinan, daß die Aeser meine Spur haben verloren. Und die Ueber- reiter im Häusel haben Alles durchstöbert; in's Bettstroh und in's Heu haben sie gestochen mit ihren Messern, die Höllteufel, und die ganze Hütte hätten sie schier umgestürzt. Wie sie mich aber nicht haben gefunden, hat Einer sein Brennscheit meiner alten Base auf die Brust gesetzt: Auf der Stell' sag', wo er ist, oder ich schieß dich nieder wie einen Hund! -- Ja, da ist er gewesen, und wo er jetzt ist, das kann ich nicht sagen. -- Vor die Thür hinaus haben sie drauf das Weibel geschleppt, drei Gewehrläuf' sind auf ihrer Brust gerichtet und insgeheim haben sie ihr zugemunkelt: Aber gleich schrei, so laut du kannst: Geh nur her, Hiesel, die Ueberreiter sind lang' schon wieder davon! Willst
mich zogen mit ſchweren guldenen Ketten. Und einmal, mitten in der ſtürmiſchen Winternacht bin ich fort und heimzu geflohen. Im Rainhäuſel hab’ ich mich aufgehalten bei meiner alten Baſe. Und jetzt haben mich meine eigenen Landsleute ver- rathen. Auf einmal ſind die Ueberreiter da, daß ſie mich fangen. Juſt, daß ich noch aus dem Häu- ſel und in den Wald hinaufhuſch’ und denk’, wenn ſie mich überliſtet haben, ſo überliſt ich ſie wieder. Zwei große Fanghunde haben umher- geſchnuppert, aber ich bin durch den Bach gelaufen und in demſelben eine gute Läng’ hinan, daß die Aeſer meine Spur haben verloren. Und die Ueber- reiter im Häuſel haben Alles durchſtöbert; in’s Bettſtroh und in’s Heu haben ſie geſtochen mit ihren Meſſern, die Höllteufel, und die ganze Hütte hätten ſie ſchier umgeſtürzt. Wie ſie mich aber nicht haben gefunden, hat Einer ſein Brennſcheit meiner alten Baſe auf die Bruſt geſetzt: Auf der Stell’ ſag’, wo er iſt, oder ich ſchieß dich nieder wie einen Hund! — Ja, da iſt er geweſen, und wo er jetzt iſt, das kann ich nicht ſagen. — Vor die Thür hinaus haben ſie drauf das Weibel geſchleppt, drei Gewehrläuf’ ſind auf ihrer Bruſt gerichtet und insgeheim haben ſie ihr zugemunkelt: Aber gleich ſchrei, ſo laut du kannſt: Geh nur her, Hieſel, die Ueberreiter ſind lang’ ſchon wieder davon! Willſt
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mich zogen mit ſchweren guldenen Ketten. Und
einmal, mitten in der ſtürmiſchen Winternacht bin
ich fort und heimzu geflohen. Im Rainhäuſel hab’
ich mich aufgehalten bei meiner alten Baſe. Und
jetzt haben mich meine eigenen Landsleute ver-
rathen. Auf einmal ſind die Ueberreiter da, daß
ſie mich fangen. Juſt, daß ich noch aus dem Häu-
ſel und in den Wald hinaufhuſch’ und denk’,
wenn ſie mich überliſtet haben, ſo überliſt ich ſie
wieder. Zwei große Fanghunde haben umher-
geſchnuppert, aber ich bin durch den Bach gelaufen
und in demſelben eine gute Läng’ hinan, daß die
Aeſer meine Spur haben verloren. Und die Ueber-
reiter im Häuſel haben Alles durchſtöbert; in’s
Bettſtroh und in’s Heu haben ſie geſtochen mit
ihren Meſſern, die Höllteufel, und die ganze Hütte
hätten ſie ſchier umgeſtürzt. Wie ſie mich aber nicht
haben gefunden, hat Einer ſein Brennſcheit meiner
alten Baſe auf die Bruſt geſetzt: Auf der Stell’
ſag’, wo er iſt, oder ich ſchieß dich nieder wie
einen Hund! — Ja, da iſt er geweſen, und wo
er jetzt iſt, das kann ich nicht ſagen. — Vor die
Thür hinaus haben ſie drauf das Weibel geſchleppt,
drei Gewehrläuf’ ſind auf ihrer Bruſt gerichtet und
insgeheim haben ſie ihr zugemunkelt: Aber gleich
ſchrei, ſo laut du kannſt: Geh nur her, Hieſel, die
Ueberreiter ſind lang’ ſchon wieder davon! Willſt
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/142>, abgerufen am 23.11.2024.
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