Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

streiche wieder lebendig gemacht. Händel hat er ge-
stiftet, bis das helle Blut ist geronnen. Nieder-
geschlagen haben sie ihn und geschrieen: So, Hiese-
lein, jetztund stiftest leicht keinen Unfried mehr! --
aber das Hieselein ist aufgestanden. Dasselb' ist
aber wahr, nüchtern geworden, hat er Jedem Alles
wieder abgebeten. -- Zuletzt aber, du meine heilige
Mutter Gottes, da ist das Abbitten nicht mehr
angegangen. -- Die Holzschläger sind All' zum
Kranabethannes gekommen, daß sie dem Raufer,
gleichwol er ihr Meisterknecht, im Wirthshaus den
Herrn einmal zeigen. Erstlich, wie sie sehen, daß er
Branntwein trinkt, ein Glas um's andere, haben
sie angefangen, ihn zu necken und zu höhnen, bis
er wild wird und dreinfährt. Sie sind All' über
ihn her, haben ihn niedergeworfen, haben ihm
Haar und Bart gerauft. Und zur selbigen Stund'
hat ihn der Schutzengel verlassen; eine Hand frei,
fährt er nach dem Messer, stößt es dem Köhler
Bastian in die Brust. -- Jetzt haben sie den
Mathes geschlagen, daß er liegen geblieben auf der
Erden. Zwei Wurzner haben ihn heimgetragen.
Leicht bin ich morgen Witwe, und die armen
Kinder --"

Das Weib bricht in Schluchzen aus. Da
richtet sich der Mathes noch einmal auf: "Mit
euch hat's der Herrgott recht gemacht. Etwan hätt'

ſtreiche wieder lebendig gemacht. Händel hat er ge-
ſtiftet, bis das helle Blut iſt geronnen. Nieder-
geſchlagen haben ſie ihn und geſchrieen: So, Hieſe-
lein, jetztund ſtifteſt leicht keinen Unfried mehr! —
aber das Hieſelein iſt aufgeſtanden. Dasſelb’ iſt
aber wahr, nüchtern geworden, hat er Jedem Alles
wieder abgebeten. — Zuletzt aber, du meine heilige
Mutter Gottes, da iſt das Abbitten nicht mehr
angegangen. — Die Holzſchläger ſind All’ zum
Kranabethannes gekommen, daß ſie dem Raufer,
gleichwol er ihr Meiſterknecht, im Wirthshaus den
Herrn einmal zeigen. Erſtlich, wie ſie ſehen, daß er
Branntwein trinkt, ein Glas um’s andere, haben
ſie angefangen, ihn zu necken und zu höhnen, bis
er wild wird und dreinfährt. Sie ſind All’ über
ihn her, haben ihn niedergeworfen, haben ihm
Haar und Bart gerauft. Und zur ſelbigen Stund’
hat ihn der Schutzengel verlaſſen; eine Hand frei,
fährt er nach dem Meſſer, ſtößt es dem Köhler
Baſtian in die Bruſt. — Jetzt haben ſie den
Mathes geſchlagen, daß er liegen geblieben auf der
Erden. Zwei Wurzner haben ihn heimgetragen.
Leicht bin ich morgen Witwe, und die armen
Kinder —“

Das Weib bricht in Schluchzen aus. Da
richtet ſich der Mathes noch einmal auf: „Mit
euch hat’s der Herrgott recht gemacht. Etwan hätt’

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0148" n="138"/>
&#x017F;treiche wieder lebendig gemacht. Händel hat er ge-<lb/>
&#x017F;tiftet, bis das helle Blut i&#x017F;t geronnen. Nieder-<lb/>
ge&#x017F;chlagen haben &#x017F;ie ihn und ge&#x017F;chrieen: So, Hie&#x017F;e-<lb/>
lein, jetztund &#x017F;tifte&#x017F;t leicht keinen Unfried mehr! &#x2014;<lb/>
aber das Hie&#x017F;elein i&#x017F;t aufge&#x017F;tanden. Das&#x017F;elb&#x2019; i&#x017F;t<lb/>
aber wahr, nüchtern geworden, hat er Jedem Alles<lb/>
wieder abgebeten. &#x2014; Zuletzt aber, du meine heilige<lb/>
Mutter Gottes, da i&#x017F;t das Abbitten nicht mehr<lb/>
angegangen. &#x2014; Die Holz&#x017F;chläger &#x017F;ind All&#x2019; zum<lb/>
Kranabethannes gekommen, daß &#x017F;ie dem Raufer,<lb/>
gleichwol er ihr Mei&#x017F;terknecht, im Wirthshaus den<lb/>
Herrn einmal zeigen. Er&#x017F;tlich, wie &#x017F;ie &#x017F;ehen, daß er<lb/>
Branntwein trinkt, ein Glas um&#x2019;s andere, haben<lb/>
&#x017F;ie angefangen, ihn zu necken und zu höhnen, bis<lb/>
er wild wird und dreinfährt. Sie &#x017F;ind All&#x2019; über<lb/>
ihn her, haben ihn niedergeworfen, haben ihm<lb/>
Haar und Bart gerauft. Und zur &#x017F;elbigen Stund&#x2019;<lb/>
hat ihn der Schutzengel verla&#x017F;&#x017F;en; eine Hand frei,<lb/>
fährt er nach dem Me&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;tößt es dem Köhler<lb/>
Ba&#x017F;tian in die Bru&#x017F;t. &#x2014; Jetzt haben &#x017F;ie den<lb/>
Mathes ge&#x017F;chlagen, daß er liegen geblieben auf der<lb/>
Erden. Zwei Wurzner haben ihn heimgetragen.<lb/>
Leicht bin ich morgen Witwe, und die armen<lb/>
Kinder &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
          <p>Das Weib bricht in Schluchzen aus. Da<lb/>
richtet &#x017F;ich der Mathes noch einmal auf: &#x201E;Mit<lb/>
euch hat&#x2019;s der Herrgott recht gemacht. Etwan hätt&#x2019;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0148] ſtreiche wieder lebendig gemacht. Händel hat er ge- ſtiftet, bis das helle Blut iſt geronnen. Nieder- geſchlagen haben ſie ihn und geſchrieen: So, Hieſe- lein, jetztund ſtifteſt leicht keinen Unfried mehr! — aber das Hieſelein iſt aufgeſtanden. Dasſelb’ iſt aber wahr, nüchtern geworden, hat er Jedem Alles wieder abgebeten. — Zuletzt aber, du meine heilige Mutter Gottes, da iſt das Abbitten nicht mehr angegangen. — Die Holzſchläger ſind All’ zum Kranabethannes gekommen, daß ſie dem Raufer, gleichwol er ihr Meiſterknecht, im Wirthshaus den Herrn einmal zeigen. Erſtlich, wie ſie ſehen, daß er Branntwein trinkt, ein Glas um’s andere, haben ſie angefangen, ihn zu necken und zu höhnen, bis er wild wird und dreinfährt. Sie ſind All’ über ihn her, haben ihn niedergeworfen, haben ihm Haar und Bart gerauft. Und zur ſelbigen Stund’ hat ihn der Schutzengel verlaſſen; eine Hand frei, fährt er nach dem Meſſer, ſtößt es dem Köhler Baſtian in die Bruſt. — Jetzt haben ſie den Mathes geſchlagen, daß er liegen geblieben auf der Erden. Zwei Wurzner haben ihn heimgetragen. Leicht bin ich morgen Witwe, und die armen Kinder —“ Das Weib bricht in Schluchzen aus. Da richtet ſich der Mathes noch einmal auf: „Mit euch hat’s der Herrgott recht gemacht. Etwan hätt’

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/148
Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/148>, abgerufen am 14.05.2024.