hat und beim Herauskriechen unselig stecken geblie- ben ist. -- Es ist ein junger Kopf mit krausem Haar, aufgestrichenem Schnurbärtlein, weißem Hemd- kragen und rothseidenem Halstuche, wie man das sonst in diesen Wäldern selten findet.
Wie er mich gewahr wird, schreit er hell: "Du heiliges Kreuz, aber das ist ein Glück, daß da Einer kommt. Erweiset mir die Gutthat und helfet mir ein wenig nach, es braucht nur ein klein Rukel. Das ist schon ein verflixt Fenster, das!"
"Ja, Freund," sage ich, "da muß ich dich früher wol ein wenig ausfragen. Wissen thät' ich's, wer dich am leichtesten könnt' herauskriegen; der Gevattersmann mit der rothen Pfaid, der thät' dir schön sachte das Stricklein an den Hals legen, ein wenig anziehen -- gleich wärst heraußen in der freien Luft."
"Dummheiten," entgegnet er, "als ob der ehrlich Christenmensch nicht kunnt stecken bleiben, ist das Loch zu eng. Ich bin der Holzmeistersohn von den Lautergräben und geh' heut über die Alm in den Winkelegger Wald hinab. Wie ich da an der Hütten vorbeigeh', seh' ich die Thür angelweit offen, daß sie der Wind allfort hin- und herschlägt. 's ist nichts drin, denk' ich bei mir selber, gar nichts drin, was der Müh' werth wäre, daß sie's forttrügen, aber eine offene Thür in einem stock-
hat und beim Herauskriechen unſelig ſtecken geblie- ben iſt. — Es iſt ein junger Kopf mit krauſem Haar, aufgeſtrichenem Schnurbärtlein, weißem Hemd- kragen und rothſeidenem Halstuche, wie man das ſonſt in dieſen Wäldern ſelten findet.
Wie er mich gewahr wird, ſchreit er hell: „Du heiliges Kreuz, aber das iſt ein Glück, daß da Einer kommt. Erweiſet mir die Gutthat und helfet mir ein wenig nach, es braucht nur ein klein Rukel. Das iſt ſchon ein verflixt Fenſter, das!“
„Ja, Freund,“ ſage ich, „da muß ich dich früher wol ein wenig ausfragen. Wiſſen thät’ ich’s, wer dich am leichteſten könnt’ herauskriegen; der Gevattersmann mit der rothen Pfaid, der thät’ dir ſchön ſachte das Stricklein an den Hals legen, ein wenig anziehen — gleich wärſt heraußen in der freien Luft.“
„Dummheiten,“ entgegnet er, „als ob der ehrlich Chriſtenmenſch nicht kunnt ſtecken bleiben, iſt das Loch zu eng. Ich bin der Holzmeiſterſohn von den Lautergräben und geh’ heut über die Alm in den Winkelegger Wald hinab. Wie ich da an der Hütten vorbeigeh’, ſeh’ ich die Thür angelweit offen, daß ſie der Wind allfort hin- und herſchlägt. ’s iſt nichts drin, denk’ ich bei mir ſelber, gar nichts drin, was der Müh’ werth wäre, daß ſie’s forttrügen, aber eine offene Thür in einem ſtock-
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hat und beim Herauskriechen unſelig ſtecken geblie-
ben iſt. — Es iſt ein junger Kopf mit krauſem
Haar, aufgeſtrichenem Schnurbärtlein, weißem Hemd-
kragen und rothſeidenem Halstuche, wie man das
ſonſt in dieſen Wäldern ſelten findet.
Wie er mich gewahr wird, ſchreit er hell:
„Du heiliges Kreuz, aber das iſt ein Glück, daß
da Einer kommt. Erweiſet mir die Gutthat und
helfet mir ein wenig nach, es braucht nur ein klein
Rukel. Das iſt ſchon ein verflixt Fenſter, das!“
„Ja, Freund,“ ſage ich, „da muß ich dich
früher wol ein wenig ausfragen. Wiſſen thät’ ich’s,
wer dich am leichteſten könnt’ herauskriegen; der
Gevattersmann mit der rothen Pfaid, der thät’ dir
ſchön ſachte das Stricklein an den Hals legen, ein
wenig anziehen — gleich wärſt heraußen in der
freien Luft.“
„Dummheiten,“ entgegnet er, „als ob der
ehrlich Chriſtenmenſch nicht kunnt ſtecken bleiben, iſt
das Loch zu eng. Ich bin der Holzmeiſterſohn von
den Lautergräben und geh’ heut über die Alm in
den Winkelegger Wald hinab. Wie ich da an der
Hütten vorbeigeh’, ſeh’ ich die Thür angelweit
offen, daß ſie der Wind allfort hin- und herſchlägt.
’s iſt nichts drin, denk’ ich bei mir ſelber, gar
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/166>, abgerufen am 21.11.2024.
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