gen worden. Man sieht es den Leuten ja an, daß sie nicht auf sicherem Boden der Heimat fußen, daß sie aber gleichwol den Drang haben, sich in den Waldboden einzuwurzeln und den Nachkommen ein gesichertes und geregeltes Heim zu bereiten.
Dennoch aber dämmert auch in diesen Men- schen die Waldesgöttermähr der alten Deutschen fort. Sie lassen im Herbste die letzten wilden Früchte auf den Bäumen, oder behängen mit denselben ihre Kreuze und Hausaltäre, um für ein nächstes Jahr Fruchtbarkeit zu erlangen. Sie werfen Brot in das Wasser, wenn eine Ueberschwemmung droht; sie streuen Mehl in den Wind, um träuende Stürme zu sättigen -- so wie die Alten den Göttern haben geopfert. Sie hören zur heiligen Zeit der Zwölfen die wilde Jagd, so wie die Alten schaudernd Vater Woutan's Tosen haben vernommen. Sie erinnern sich an Hochzeitsfesten der schönen Frau mit den zwei Katzen, so wie die Alten die Freya haben gesehen. Und wenn die Winkelwäldler draußen in Holden- schlag Einen begraben, so leeren sie den Becher Methes auf sein Andenken. Ueberall klingt und schimmert sie durch, die alte germanische Sage und Sitte. Im Vordergrunde aber tönt und webt als Herrschendes das hohe Lied vom Kreuze.
Wol die Meisten der Winkelwäldler müssen es empfinden, was hier fehlt; nur die Wenigsten wissen
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gen worden. Man ſieht es den Leuten ja an, daß ſie nicht auf ſicherem Boden der Heimat fußen, daß ſie aber gleichwol den Drang haben, ſich in den Waldboden einzuwurzeln und den Nachkommen ein geſichertes und geregeltes Heim zu bereiten.
Dennoch aber dämmert auch in dieſen Men- ſchen die Waldesgöttermähr der alten Deutſchen fort. Sie laſſen im Herbſte die letzten wilden Früchte auf den Bäumen, oder behängen mit denſelben ihre Kreuze und Hausaltäre, um für ein nächſtes Jahr Fruchtbarkeit zu erlangen. Sie werfen Brot in das Waſſer, wenn eine Ueberſchwemmung droht; ſie ſtreuen Mehl in den Wind, um träuende Stürme zu ſättigen — ſo wie die Alten den Göttern haben geopfert. Sie hören zur heiligen Zeit der Zwölfen die wilde Jagd, ſo wie die Alten ſchaudernd Vater Woutan’s Toſen haben vernommen. Sie erinnern ſich an Hochzeitsfeſten der ſchönen Frau mit den zwei Katzen, ſo wie die Alten die Freya haben geſehen. Und wenn die Winkelwäldler draußen in Holden- ſchlag Einen begraben, ſo leeren ſie den Becher Methes auf ſein Andenken. Ueberall klingt und ſchimmert ſie durch, die alte germaniſche Sage und Sitte. Im Vordergrunde aber tönt und webt als Herrſchendes das hohe Lied vom Kreuze.
Wol die Meiſten der Winkelwäldler müſſen es empfinden, was hier fehlt; nur die Wenigſten wiſſen
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gen worden. Man ſieht es den Leuten ja an, daß
ſie nicht auf ſicherem Boden der Heimat fußen, daß
ſie aber gleichwol den Drang haben, ſich in den
Waldboden einzuwurzeln und den Nachkommen ein
geſichertes und geregeltes Heim zu bereiten.
Dennoch aber dämmert auch in dieſen Men-
ſchen die Waldesgöttermähr der alten Deutſchen fort.
Sie laſſen im Herbſte die letzten wilden Früchte
auf den Bäumen, oder behängen mit denſelben ihre
Kreuze und Hausaltäre, um für ein nächſtes Jahr
Fruchtbarkeit zu erlangen. Sie werfen Brot in das
Waſſer, wenn eine Ueberſchwemmung droht; ſie
ſtreuen Mehl in den Wind, um träuende Stürme
zu ſättigen — ſo wie die Alten den Göttern haben
geopfert. Sie hören zur heiligen Zeit der Zwölfen
die wilde Jagd, ſo wie die Alten ſchaudernd Vater
Woutan’s Toſen haben vernommen. Sie erinnern
ſich an Hochzeitsfeſten der ſchönen Frau mit den zwei
Katzen, ſo wie die Alten die Freya haben geſehen.
Und wenn die Winkelwäldler draußen in Holden-
ſchlag Einen begraben, ſo leeren ſie den Becher
Methes auf ſein Andenken. Ueberall klingt und
ſchimmert ſie durch, die alte germaniſche Sage und
Sitte. Im Vordergrunde aber tönt und webt als
Herrſchendes das hohe Lied vom Kreuze.
Wol die Meiſten der Winkelwäldler müſſen es
empfinden, was hier fehlt; nur die Wenigſten wiſſen
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/189>, abgerufen am 21.11.2024.
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