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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Zu den Taufnamen müssen Zunamen erfunden
werden. Das wird nicht schwer gehen, wenn man der
Sache am Kern bleibt. Man benenne die Leute nach
ihren Eigenschaften, oder Beschäftigungen oder
Stellungen; das läßt sich leicht merken und für die
Zukunft beibehalten. Ich nenne den Holzarbeiter
Paul, der die Annamirl geheiratet, nicht mehr
den Hiesel-Franzel-Paul, sondern kurzweg den Paul
Holzer, weil er die Holzstrünke auf den Riesen zu
den Kohlstätten befördert, und die Leute diese Arbeit
"holzen" heißen. Der Schwammschlager Sepp, der
seines Vaters Name vergessen, soll auch nicht mehr
anders heißen, als der Schwammschlager, und er
und seine Nachkommen mögen angehen, was sie
wollen, sie bleiben die Schwammschlager. Eine
Hütte in den Lautergräben nenne ich die Brunn-
hütte, weil vor derselben eine Quelle fließt. Wozu
den Besitzer der Hütte Hiesel-Michel-Hiesel-Hannes
heißen? er ist der Brunnhütter und sein Weib ist
die Brunnhütter, und wenn sein Sohn einmal in die
Welt hinausfährt, Soldat wird oder Fuhr mann oder
was immer, er bleibt der Brunnhütter allerwegen.
So haben wir auch einen Sturmhanns; der hat
oben auf der stürmischen Wolfsgrubenhöhe sein Haus.

Einen alten, sehr dickhalsigen Zwerg, den
Kohlenführer Sepp, heißen sie seit lange schon den
Kropfjodel. Da habe ich letztlich das Männlein

Zu den Taufnamen müſſen Zunamen erfunden
werden. Das wird nicht ſchwer gehen, wenn man der
Sache am Kern bleibt. Man benenne die Leute nach
ihren Eigenſchaften, oder Beſchäftigungen oder
Stellungen; das läßt ſich leicht merken und für die
Zukunft beibehalten. Ich nenne den Holzarbeiter
Paul, der die Annamirl geheiratet, nicht mehr
den Hieſel-Franzel-Paul, ſondern kurzweg den Paul
Holzer, weil er die Holzſtrünke auf den Rieſen zu
den Kohlſtätten befördert, und die Leute dieſe Arbeit
„holzen“ heißen. Der Schwammſchlager Sepp, der
ſeines Vaters Name vergeſſen, ſoll auch nicht mehr
anders heißen, als der Schwammſchlager, und er
und ſeine Nachkommen mögen angehen, was ſie
wollen, ſie bleiben die Schwammſchlager. Eine
Hütte in den Lautergräben nenne ich die Brunn-
hütte, weil vor derſelben eine Quelle fließt. Wozu
den Beſitzer der Hütte Hieſel-Michel-Hieſel-Hannes
heißen? er iſt der Brunnhütter und ſein Weib iſt
die Brunnhütter, und wenn ſein Sohn einmal in die
Welt hinausfährt, Soldat wird oder Fuhr mann oder
was immer, er bleibt der Brunnhütter allerwegen.
So haben wir auch einen Sturmhanns; der hat
oben auf der ſtürmiſchen Wolfsgrubenhöhe ſein Haus.

Einen alten, ſehr dickhalſigen Zwerg, den
Kohlenführer Sepp, heißen ſie ſeit lange ſchon den
Kropfjodel. Da habe ich letztlich das Männlein

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[189/0199] Zu den Taufnamen müſſen Zunamen erfunden werden. Das wird nicht ſchwer gehen, wenn man der Sache am Kern bleibt. Man benenne die Leute nach ihren Eigenſchaften, oder Beſchäftigungen oder Stellungen; das läßt ſich leicht merken und für die Zukunft beibehalten. Ich nenne den Holzarbeiter Paul, der die Annamirl geheiratet, nicht mehr den Hieſel-Franzel-Paul, ſondern kurzweg den Paul Holzer, weil er die Holzſtrünke auf den Rieſen zu den Kohlſtätten befördert, und die Leute dieſe Arbeit „holzen“ heißen. Der Schwammſchlager Sepp, der ſeines Vaters Name vergeſſen, ſoll auch nicht mehr anders heißen, als der Schwammſchlager, und er und ſeine Nachkommen mögen angehen, was ſie wollen, ſie bleiben die Schwammſchlager. Eine Hütte in den Lautergräben nenne ich die Brunn- hütte, weil vor derſelben eine Quelle fließt. Wozu den Beſitzer der Hütte Hieſel-Michel-Hieſel-Hannes heißen? er iſt der Brunnhütter und ſein Weib iſt die Brunnhütter, und wenn ſein Sohn einmal in die Welt hinausfährt, Soldat wird oder Fuhr mann oder was immer, er bleibt der Brunnhütter allerwegen. So haben wir auch einen Sturmhanns; der hat oben auf der ſtürmiſchen Wolfsgrubenhöhe ſein Haus. Einen alten, ſehr dickhalſigen Zwerg, den Kohlenführer Sepp, heißen ſie ſeit lange ſchon den Kropfjodel. Da habe ich letztlich das Männlein

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/199>, abgerufen am 21.11.2024.