Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.Weihnacht 1817. Heute habe ich Heimweh nach den Glocken- Die drei Saiten sind mir genug; die eine ist Nur wenige der Waldleute gehen mit Span- Weihnacht 1817. Heute habe ich Heimweh nach den Glocken- Die drei Saiten ſind mir genug; die eine iſt Nur wenige der Waldleute gehen mit Span- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0220" n="210"/> <p> <date> <hi rendition="#et">Weihnacht 1817.</hi> </date> </p><lb/> <p>Heute habe ich Heimweh nach den Glocken-<lb/> klängen, nach in Wehmuth erlöſenden Orgeltönen.<lb/> Ich ſitze in meiner Stube und ſpiele Krippenlieder<lb/> auf der Zither. Meine Zither hat nur drei Saiten;<lb/> eine vollkommenere habe ich mir nicht zu ſchaffen<lb/> gewußt.</p><lb/> <p>Die drei Saiten ſind mir genug; die eine iſt<lb/> meine Mutter, die andere mein Weib, die dritte<lb/> mein Kind. Stets in ſeiner Familie begeht man<lb/> die Weihnacht.</p><lb/> <p>Nur wenige der Waldleute gehen mit Span-<lb/> lunten hinaus nach Holdenſchlag zur nächtlichen<lb/> Feier. Es iſt auch gar zu weit. Die Uebrigen blei-<lb/> ben in ihren Hütten; aber ſchlafen wollen ſie doch<lb/> nicht. Sie ſitzen beiſammen und erzählen ſich<lb/> Mährchen. Sie haben heute einen ſonderartigen<lb/> Drang, aus ihrer Alltägigkeit herauszutreten und<lb/> ſich eine eigene Welt zu ſchaffen. Mancher übt<lb/> alte, heidniſche Sitten aus, und vermeint durch die-<lb/> ſelben einem unſäglichen Gefühle des Herzens zu<lb/> genügen. Mancher ſtrengt ſeine Augen an und blickt<lb/> hin über die nächtigen Wälder und meint, er müſſe<lb/> irgendwo ein helles Lichtlein ſehen. Er horcht nach<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0220]
Weihnacht 1817.
Heute habe ich Heimweh nach den Glocken-
klängen, nach in Wehmuth erlöſenden Orgeltönen.
Ich ſitze in meiner Stube und ſpiele Krippenlieder
auf der Zither. Meine Zither hat nur drei Saiten;
eine vollkommenere habe ich mir nicht zu ſchaffen
gewußt.
Die drei Saiten ſind mir genug; die eine iſt
meine Mutter, die andere mein Weib, die dritte
mein Kind. Stets in ſeiner Familie begeht man
die Weihnacht.
Nur wenige der Waldleute gehen mit Span-
lunten hinaus nach Holdenſchlag zur nächtlichen
Feier. Es iſt auch gar zu weit. Die Uebrigen blei-
ben in ihren Hütten; aber ſchlafen wollen ſie doch
nicht. Sie ſitzen beiſammen und erzählen ſich
Mährchen. Sie haben heute einen ſonderartigen
Drang, aus ihrer Alltägigkeit herauszutreten und
ſich eine eigene Welt zu ſchaffen. Mancher übt
alte, heidniſche Sitten aus, und vermeint durch die-
ſelben einem unſäglichen Gefühle des Herzens zu
genügen. Mancher ſtrengt ſeine Augen an und blickt
hin über die nächtigen Wälder und meint, er müſſe
irgendwo ein helles Lichtlein ſehen. Er horcht nach
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |