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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Ich bin dieser Tage wieder auf dem Zahn
gewesen. Bald werde ich ja an den Glockenstrick
geknüpft sein, wenn andere Leute Feiertag haben.
Es sei, der Glockenstrick ist ein langer Athem, der
sagt mit jedem Zug den Menschen was Gutes und
lobet Gott.

Ich habe von dem hohen Berge aus nach den
Niederungen geschaut, aber das Meer hab ich nicht
gesehen. Ich habe gegen Mitternacht geschaut bis
zu den fernsten Kanten hin, von da aus man viel-
leicht das Flachland könnt' sehen, und die Stadt
und den Giebel des Hauses, und das Gefunkel der
Fenster . . . .

Und wie lang' müßtest du fliegen, du Blick
meines Auges, bis hin in's Sachsenland zum
Grabe! . . . .

Der scharfe Wind hat meine Gedanken abge-
schnitten. Da bin ich wieder niederwärts gestiegen.

An einem Ueberhang des Grates habe ich
etwas recht Freundliches gefunden.

Das habe ich am Gestade des fernen See's
von meiner Ahne schon gehört, und das habe ich
von den Menschen dieses Waldlandes wiederholt
vernommen, daß in der Sonne drin die heilige
Jungfrau Maria am Spinnrade sitzt. Sie spinnt
Wolle von schneeweißen Lämmlein, wie sie im
Paradiese weiden. Da ist ihr einmal, als sie bei

Ich bin dieſer Tage wieder auf dem Zahn
geweſen. Bald werde ich ja an den Glockenſtrick
geknüpft ſein, wenn andere Leute Feiertag haben.
Es ſei, der Glockenſtrick iſt ein langer Athem, der
ſagt mit jedem Zug den Menſchen was Gutes und
lobet Gott.

Ich habe von dem hohen Berge aus nach den
Niederungen geſchaut, aber das Meer hab ich nicht
geſehen. Ich habe gegen Mitternacht geſchaut bis
zu den fernſten Kanten hin, von da aus man viel-
leicht das Flachland könnt’ ſehen, und die Stadt
und den Giebel des Hauſes, und das Gefunkel der
Fenſter . . . .

Und wie lang’ müßteſt du fliegen, du Blick
meines Auges, bis hin in’s Sachſenland zum
Grabe! . . . .

Der ſcharfe Wind hat meine Gedanken abge-
ſchnitten. Da bin ich wieder niederwärts geſtiegen.

An einem Ueberhang des Grates habe ich
etwas recht Freundliches gefunden.

Das habe ich am Geſtade des fernen See’s
von meiner Ahne ſchon gehört, und das habe ich
von den Menſchen dieſes Waldlandes wiederholt
vernommen, daß in der Sonne drin die heilige
Jungfrau Maria am Spinnrade ſitzt. Sie ſpinnt
Wolle von ſchneeweißen Lämmlein, wie ſie im
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[223/0233] Ich bin dieſer Tage wieder auf dem Zahn geweſen. Bald werde ich ja an den Glockenſtrick geknüpft ſein, wenn andere Leute Feiertag haben. Es ſei, der Glockenſtrick iſt ein langer Athem, der ſagt mit jedem Zug den Menſchen was Gutes und lobet Gott. Ich habe von dem hohen Berge aus nach den Niederungen geſchaut, aber das Meer hab ich nicht geſehen. Ich habe gegen Mitternacht geſchaut bis zu den fernſten Kanten hin, von da aus man viel- leicht das Flachland könnt’ ſehen, und die Stadt und den Giebel des Hauſes, und das Gefunkel der Fenſter . . . . Und wie lang’ müßteſt du fliegen, du Blick meines Auges, bis hin in’s Sachſenland zum Grabe! . . . . Der ſcharfe Wind hat meine Gedanken abge- ſchnitten. Da bin ich wieder niederwärts geſtiegen. An einem Ueberhang des Grates habe ich etwas recht Freundliches gefunden. Das habe ich am Geſtade des fernen See’s von meiner Ahne ſchon gehört, und das habe ich von den Menſchen dieſes Waldlandes wiederholt vernommen, daß in der Sonne drin die heilige Jungfrau Maria am Spinnrade ſitzt. Sie ſpinnt Wolle von ſchneeweißen Lämmlein, wie ſie im Paradieſe weiden. Da iſt ihr einmal, als ſie bei

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/233>, abgerufen am 23.11.2024.