legte eine blaugestreifte Zipfelmütze auf den Kopf- polster des Bettes. Dann gab es mir noch einige Rathschläge bezüglich der Thürschlüssel, sagte: "So, in Gottesnamen, jetzt geh' ich," -- und sie ging.
Die äußere Thür sperrte sie ab, an der inne- ren drehte ich den Schlüssel um, und nun war ich allein in der Wohnung des in Verlust gerathenen Schulmeisters.
Was war das für ein sonderbares Geschick mit diesem Manne, und was waren das für son- derbare Nachreden der Leute? Und wie verschieden waren diese Nachreden! Ein guter, vortrefflicher Mann, ein Narr, ein Hexenmeister, und gar Einer, den zuletzt der Teufel holt! --
Ich sah mich in der Stube um. Da war ein wurmstichiger Tisch und ein brauner Kasten. Da hing eine alte, schwarze Pendeluhr mit völlig erblindetem Zifferblatte, vor welchem der kurze Pendel so emsig hin und herhüpfte, als wollte er nur hastig, hastig aus banger Zeit in eine bessere Zukunft eilen. -- Und meint ihr, ich hätte von draußen herein nicht auch die Unruh der Kirch- thurmuhr gehört?
Neben der Uhr hingen einige aus Wachholder geschnittene Tabakspfeifen mit übermäßig langen Röhren; ferner eine Geige und eine uralte Zither mit drei Saiten. Sonst war überall das gewöhn-
Rosegger: Waldschulmeister. 2
legte eine blaugeſtreifte Zipfelmütze auf den Kopf- polſter des Bettes. Dann gab es mir noch einige Rathſchläge bezüglich der Thürſchlüſſel, ſagte: „So, in Gottesnamen, jetzt geh’ ich,“ — und ſie ging.
Die äußere Thür ſperrte ſie ab, an der inne- ren drehte ich den Schlüſſel um, und nun war ich allein in der Wohnung des in Verluſt gerathenen Schulmeiſters.
Was war das für ein ſonderbares Geſchick mit dieſem Manne, und was waren das für ſon- derbare Nachreden der Leute? Und wie verſchieden waren dieſe Nachreden! Ein guter, vortrefflicher Mann, ein Narr, ein Hexenmeiſter, und gar Einer, den zuletzt der Teufel holt! —
Ich ſah mich in der Stube um. Da war ein wurmſtichiger Tiſch und ein brauner Kaſten. Da hing eine alte, ſchwarze Pendeluhr mit völlig erblindetem Zifferblatte, vor welchem der kurze Pendel ſo emſig hin und herhüpfte, als wollte er nur haſtig, haſtig aus banger Zeit in eine beſſere Zukunft eilen. — Und meint ihr, ich hätte von draußen herein nicht auch die Unruh der Kirch- thurmuhr gehört?
Neben der Uhr hingen einige aus Wachholder geſchnittene Tabakspfeifen mit übermäßig langen Röhren; ferner eine Geige und eine uralte Zither mit drei Saiten. Sonſt war überall das gewöhn-
Roſegger: Waldſchulmeiſter. 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0027"n="17"/>
legte eine blaugeſtreifte Zipfelmütze auf den Kopf-<lb/>
polſter des Bettes. Dann gab es mir noch einige<lb/>
Rathſchläge bezüglich der Thürſchlüſſel, ſagte: „So,<lb/>
in Gottesnamen, jetzt geh’ ich,“— und ſie ging.</p><lb/><p>Die äußere Thür ſperrte ſie ab, an der inne-<lb/>
ren drehte ich den Schlüſſel um, und nun war ich<lb/>
allein in der Wohnung des in Verluſt gerathenen<lb/>
Schulmeiſters.</p><lb/><p>Was war das für ein ſonderbares Geſchick<lb/>
mit dieſem Manne, und was waren das für ſon-<lb/>
derbare Nachreden der Leute? Und wie verſchieden<lb/>
waren dieſe Nachreden! Ein guter, vortrefflicher<lb/>
Mann, ein Narr, ein Hexenmeiſter, und gar Einer,<lb/>
den zuletzt der Teufel holt! —</p><lb/><p>Ich ſah mich in der Stube um. Da war<lb/>
ein wurmſtichiger Tiſch und ein brauner Kaſten.<lb/>
Da hing eine alte, ſchwarze Pendeluhr mit völlig<lb/>
erblindetem Zifferblatte, vor welchem der kurze<lb/>
Pendel ſo emſig hin <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice> herhüpfte, als wollte er<lb/>
nur haſtig, haſtig aus banger Zeit in eine beſſere<lb/>
Zukunft eilen. — Und meint ihr, ich hätte von<lb/>
draußen herein nicht auch die Unruh der Kirch-<lb/>
thurmuhr gehört?</p><lb/><p>Neben der Uhr hingen einige aus Wachholder<lb/>
geſchnittene Tabakspfeifen mit übermäßig langen<lb/>
Röhren; ferner eine Geige und eine uralte Zither<lb/>
mit drei Saiten. Sonſt war überall das gewöhn-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Roſegger: Waldſchulmeiſter. 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[17/0027]
legte eine blaugeſtreifte Zipfelmütze auf den Kopf-
polſter des Bettes. Dann gab es mir noch einige
Rathſchläge bezüglich der Thürſchlüſſel, ſagte: „So,
in Gottesnamen, jetzt geh’ ich,“ — und ſie ging.
Die äußere Thür ſperrte ſie ab, an der inne-
ren drehte ich den Schlüſſel um, und nun war ich
allein in der Wohnung des in Verluſt gerathenen
Schulmeiſters.
Was war das für ein ſonderbares Geſchick
mit dieſem Manne, und was waren das für ſon-
derbare Nachreden der Leute? Und wie verſchieden
waren dieſe Nachreden! Ein guter, vortrefflicher
Mann, ein Narr, ein Hexenmeiſter, und gar Einer,
den zuletzt der Teufel holt! —
Ich ſah mich in der Stube um. Da war
ein wurmſtichiger Tiſch und ein brauner Kaſten.
Da hing eine alte, ſchwarze Pendeluhr mit völlig
erblindetem Zifferblatte, vor welchem der kurze
Pendel ſo emſig hin und herhüpfte, als wollte er
nur haſtig, haſtig aus banger Zeit in eine beſſere
Zukunft eilen. — Und meint ihr, ich hätte von
draußen herein nicht auch die Unruh der Kirch-
thurmuhr gehört?
Neben der Uhr hingen einige aus Wachholder
geſchnittene Tabakspfeifen mit übermäßig langen
Röhren; ferner eine Geige und eine uralte Zither
mit drei Saiten. Sonſt war überall das gewöhn-
Roſegger: Waldſchulmeiſter. 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/27>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.