in den Gassen und öde auf den Feldern und Wiesen. Das Gotteshaus ist die Zuflucht geworden; und wie rasch die Bewohner bereit sind, das Irdische gegen das Himmlische zu vertauschen, zeigen die Früchte der Erde, die verwahrlost verderben, wäh- rend die Leute in den Kirchen beten.
Und selbst die Regierung hat es eingesehen, wie im Lande eine allgemeine und gründliche Be- kehrung Noth thut. Wo doch Einer ist, der zum Sonntag, während in der Kirche Gottesdienst ist, auf dem Dorfplatze sitzt, sich sonnt und seine Pfeife schmaucht, da weisen Wachmänner mit messer- bepflanzten Gewehren den Glaubenslauen in die Kirche.
Das ist eine erfreuliche Zeit gewesen für un- seren Orden, und er ist stark und heimisch gewor- den im Lande, wie er es in dem Grade früher nie gewesen war.
Was aber mich anbelangt: glücklich bin ich nicht. Wenn die Stunden der Begeisterung vorüber, so ist eine Oede in mir und ein Dämon, der mich fortweg abwenden will von dem heiligen Beruf, welcher die große Aufgabe hat, die übermüthige Menschennatur zu bändigen und der Einheit und Allgemeinheit unserer Kirche zuzuführen. Ich habe diesen Dämon bekämpft durch Arbeit und Gebet, denn ich habe ihn für den Teufel gehalten. Er wird
in den Gaſſen und öde auf den Feldern und Wieſen. Das Gotteshaus iſt die Zuflucht geworden; und wie raſch die Bewohner bereit ſind, das Irdiſche gegen das Himmliſche zu vertauſchen, zeigen die Früchte der Erde, die verwahrloſt verderben, wäh- rend die Leute in den Kirchen beten.
Und ſelbſt die Regierung hat es eingeſehen, wie im Lande eine allgemeine und gründliche Be- kehrung Noth thut. Wo doch Einer iſt, der zum Sonntag, während in der Kirche Gottesdienſt iſt, auf dem Dorfplatze ſitzt, ſich ſonnt und ſeine Pfeife ſchmaucht, da weiſen Wachmänner mit meſſer- bepflanzten Gewehren den Glaubenslauen in die Kirche.
Das iſt eine erfreuliche Zeit geweſen für un- ſeren Orden, und er iſt ſtark und heimiſch gewor- den im Lande, wie er es in dem Grade früher nie geweſen war.
Was aber mich anbelangt: glücklich bin ich nicht. Wenn die Stunden der Begeiſterung vorüber, ſo iſt eine Oede in mir und ein Dämon, der mich fortweg abwenden will von dem heiligen Beruf, welcher die große Aufgabe hat, die übermüthige Menſchennatur zu bändigen und der Einheit und Allgemeinheit unſerer Kirche zuzuführen. Ich habe dieſen Dämon bekämpft durch Arbeit und Gebet, denn ich habe ihn für den Teufel gehalten. Er wird
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in den Gaſſen und öde auf den Feldern und Wieſen.
Das Gotteshaus iſt die Zuflucht geworden; und
wie raſch die Bewohner bereit ſind, das Irdiſche
gegen das Himmliſche zu vertauſchen, zeigen die
Früchte der Erde, die verwahrloſt verderben, wäh-
rend die Leute in den Kirchen beten.
Und ſelbſt die Regierung hat es eingeſehen,
wie im Lande eine allgemeine und gründliche Be-
kehrung Noth thut. Wo doch Einer iſt, der zum
Sonntag, während in der Kirche Gottesdienſt iſt,
auf dem Dorfplatze ſitzt, ſich ſonnt und ſeine
Pfeife ſchmaucht, da weiſen Wachmänner mit meſſer-
bepflanzten Gewehren den Glaubenslauen in die
Kirche.
Das iſt eine erfreuliche Zeit geweſen für un-
ſeren Orden, und er iſt ſtark und heimiſch gewor-
den im Lande, wie er es in dem Grade früher nie
geweſen war.
Was aber mich anbelangt: glücklich bin ich
nicht. Wenn die Stunden der Begeiſterung vorüber,
ſo iſt eine Oede in mir und ein Dämon, der mich
fortweg abwenden will von dem heiligen Beruf,
welcher die große Aufgabe hat, die übermüthige
Menſchennatur zu bändigen und der Einheit und
Allgemeinheit unſerer Kirche zuzuführen. Ich habe
dieſen Dämon bekämpft durch Arbeit und Gebet,
denn ich habe ihn für den Teufel gehalten. Er wird
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/290>, abgerufen am 23.11.2024.
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