große Gefälligkeit brauchen. Dieselb' Zeit ist jetzt da. Ich lieg' auf dem Todbett. Den Ehrenwald- Franz hab' ich schon angeredet, daß er mir die Truhen zimmert. Und mit meinem Leib thät's nach- her in Richtigkeit sein; -- aber mit meiner Seel'! Pfarrer, verzeih' mir's Gott, die ist dir schwarz wie der Teufel."
Der Pfarrer sucht zu sänftigen und zu trösten.
"Warum denn?" frägt der Bartelmei, "bin ja gar nicht in Verzweiflung. Weiß gleichwol, daß Alles recht muß werden. -- Was macht denn der Herr Pfarrer für Geschichten mit seiner weißen Pfaid? Nein, das brauch' ich nicht; wir thun die Sach' kurzweg ab. Wenn Einer so auf dem letzten Stroh liegt, ist man zu nichts mehr aufgelegt. Thu' sich der Herr nur setzen. -- Das sag' ich aber gleich, mit dem Glauben steht's bei mir schlecht; glauben thu' ich, wenn ich's recht will sagen, an gar nichts mehr. Der Herrgott ist selber Schuld, daß ich so bin herabgekommen. Er hat auf mich schön sauber ver- gessen. Er hat mir's versagt, und er hätt's in seiner Allmächtigkeit wahrhaftig bei meiner Seel' leicht thun mögen! -- Ich mag davon ja wol reden. Selbunter, wie die Sepp-Marian ist gestorben, die ein wenig mein ist gewesen, hab' ich an ihrem Tod- bett gesagt, Marian, hab' ich gesagt, wenn du jetztund mußt verlöschen, du junges Blut, und ich
große Gefälligkeit brauchen. Dieſelb’ Zeit iſt jetzt da. Ich lieg’ auf dem Todbett. Den Ehrenwald- Franz hab’ ich ſchon angeredet, daß er mir die Truhen zimmert. Und mit meinem Leib thät’s nach- her in Richtigkeit ſein; — aber mit meiner Seel’! Pfarrer, verzeih’ mir’s Gott, die iſt dir ſchwarz wie der Teufel.“
Der Pfarrer ſucht zu ſänftigen und zu tröſten.
„Warum denn?“ frägt der Bartelmei, „bin ja gar nicht in Verzweiflung. Weiß gleichwol, daß Alles recht muß werden. — Was macht denn der Herr Pfarrer für Geſchichten mit ſeiner weißen Pfaid? Nein, das brauch’ ich nicht; wir thun die Sach’ kurzweg ab. Wenn Einer ſo auf dem letzten Stroh liegt, iſt man zu nichts mehr aufgelegt. Thu’ ſich der Herr nur ſetzen. — Das ſag’ ich aber gleich, mit dem Glauben ſteht’s bei mir ſchlecht; glauben thu’ ich, wenn ich’s recht will ſagen, an gar nichts mehr. Der Herrgott iſt ſelber Schuld, daß ich ſo bin herabgekommen. Er hat auf mich ſchön ſauber ver- geſſen. Er hat mir’s verſagt, und er hätt’s in ſeiner Allmächtigkeit wahrhaftig bei meiner Seel’ leicht thun mögen! — Ich mag davon ja wol reden. Selbunter, wie die Sepp-Marian iſt geſtorben, die ein wenig mein iſt geweſen, hab’ ich an ihrem Tod- bett geſagt, Marian, hab’ ich geſagt, wenn du jetztund mußt verlöſchen, du junges Blut, und ich
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große Gefälligkeit brauchen. Dieſelb’ Zeit iſt jetzt
da. Ich lieg’ auf dem Todbett. Den Ehrenwald-
Franz hab’ ich ſchon angeredet, daß er mir die
Truhen zimmert. Und mit meinem Leib thät’s nach-
her in Richtigkeit ſein; — aber mit meiner Seel’!
Pfarrer, verzeih’ mir’s Gott, die iſt dir ſchwarz
wie der Teufel.“
Der Pfarrer ſucht zu ſänftigen und zu tröſten.
„Warum denn?“ frägt der Bartelmei, „bin
ja gar nicht in Verzweiflung. Weiß gleichwol, daß
Alles recht muß werden. — Was macht denn der Herr
Pfarrer für Geſchichten mit ſeiner weißen Pfaid? Nein,
das brauch’ ich nicht; wir thun die Sach’ kurzweg ab.
Wenn Einer ſo auf dem letzten Stroh liegt, iſt
man zu nichts mehr aufgelegt. Thu’ ſich der Herr
nur ſetzen. — Das ſag’ ich aber gleich, mit dem
Glauben ſteht’s bei mir ſchlecht; glauben thu’ ich,
wenn ich’s recht will ſagen, an gar nichts mehr.
Der Herrgott iſt ſelber Schuld, daß ich ſo bin
herabgekommen. Er hat auf mich ſchön ſauber ver-
geſſen. Er hat mir’s verſagt, und er hätt’s in
ſeiner Allmächtigkeit wahrhaftig bei meiner Seel’
leicht thun mögen! — Ich mag davon ja wol reden.
Selbunter, wie die Sepp-Marian iſt geſtorben, die
ein wenig mein iſt geweſen, hab’ ich an ihrem Tod-
bett geſagt, Marian, hab’ ich geſagt, wenn du
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/368>, abgerufen am 21.11.2024.
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