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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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so närrisch zu schwätzen? Zähl' deine Eisfäden auf
dem Haupte, zähle sie, wenn du kannst! du alter
Mann!

Ich meine, der Pfarrer hat mich mitgenommen.



Mai 1832.

Von unserem jungen Herrn hört man wieder
seltsame Dinge. Und diesmal sind sie amtlich er-
härtet. Hermann hat die Güter des Vaters über-
nommen und ist demnach unser Herr.

Als Angebinde hat er den Winkelstegern alle
rückständigen Arbeitsleistungen und die Grundein-
zahlungen auf zehn Jahre hinaus nachgesehen. Das
ist ein guter Anfang. Die Winkelsteger wissen ihre
Dankbarkeit nicht anders zum Ausdrucke zu bringen,
als daß sie in der Kirche eine zwölfstündige An-
dacht halten, um für die Gesundheit des jungen
Herrn zu beten.

Hermann soll kränklich sein.

Gestern ist der Berthold zu mir gekommen.
Seit jenem Tage, da er sein vermißtes Kind unter
den Thieren des Waldes gefunden, wildert er nicht
mehr, sondern arbeitet mit Fleiß und Schick in
den Holzschlägen, und seine Kinder erwerben sich
ihr Brot durch Sammeln von Waldfrüchten, Wur-
zeln und Kräutern.


ſo närriſch zu ſchwätzen? Zähl’ deine Eisfäden auf
dem Haupte, zähle ſie, wenn du kannſt! du alter
Mann!

Ich meine, der Pfarrer hat mich mitgenommen.



Mai 1832.

Von unſerem jungen Herrn hört man wieder
ſeltſame Dinge. Und diesmal ſind ſie amtlich er-
härtet. Hermann hat die Güter des Vaters über-
nommen und iſt demnach unſer Herr.

Als Angebinde hat er den Winkelſtegern alle
rückſtändigen Arbeitsleiſtungen und die Grundein-
zahlungen auf zehn Jahre hinaus nachgeſehen. Das
iſt ein guter Anfang. Die Winkelſteger wiſſen ihre
Dankbarkeit nicht anders zum Ausdrucke zu bringen,
als daß ſie in der Kirche eine zwölfſtündige An-
dacht halten, um für die Geſundheit des jungen
Herrn zu beten.

Hermann ſoll kränklich ſein.

Geſtern iſt der Berthold zu mir gekommen.
Seit jenem Tage, da er ſein vermißtes Kind unter
den Thieren des Waldes gefunden, wildert er nicht
mehr, ſondern arbeitet mit Fleiß und Schick in
den Holzſchlägen, und ſeine Kinder erwerben ſich
ihr Brot durch Sammeln von Waldfrüchten, Wur-
zeln und Kräutern.


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[381/0391] ſo närriſch zu ſchwätzen? Zähl’ deine Eisfäden auf dem Haupte, zähle ſie, wenn du kannſt! du alter Mann! Ich meine, der Pfarrer hat mich mitgenommen. Mai 1832. Von unſerem jungen Herrn hört man wieder ſeltſame Dinge. Und diesmal ſind ſie amtlich er- härtet. Hermann hat die Güter des Vaters über- nommen und iſt demnach unſer Herr. Als Angebinde hat er den Winkelſtegern alle rückſtändigen Arbeitsleiſtungen und die Grundein- zahlungen auf zehn Jahre hinaus nachgeſehen. Das iſt ein guter Anfang. Die Winkelſteger wiſſen ihre Dankbarkeit nicht anders zum Ausdrucke zu bringen, als daß ſie in der Kirche eine zwölfſtündige An- dacht halten, um für die Geſundheit des jungen Herrn zu beten. Hermann ſoll kränklich ſein. Geſtern iſt der Berthold zu mir gekommen. Seit jenem Tage, da er ſein vermißtes Kind unter den Thieren des Waldes gefunden, wildert er nicht mehr, ſondern arbeitet mit Fleiß und Schick in den Holzſchlägen, und ſeine Kinder erwerben ſich ihr Brot durch Sammeln von Waldfrüchten, Wur- zeln und Kräutern.

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/391>, abgerufen am 21.11.2024.