frühe gedacht haben, sie gehen auf den Markt, daß sie Regenschirme kauften.
Kommt zur Mittagszeit jählings ein Wetter- regen; wie weggeschwemmt sind die Leute vom Platz, und mit ihnen meine Schirme. Ein allein- ziger ist mir noch geblieben für mich selber, daß ich trocken bliebe mitsammt meinem gelösten Geld. Was läuft doch über den Platz ein Mann daher, daß alle Lachen spritzen! Meinen Regenschirm will er kaufen.
"Hätt' ich selber keinen!" sage ich.
"Hab schon manchen Schuster barfuß laufen sehen," lacht der Mann, "aber hörst, Junge, wir richten uns die Sach' schlau ein. Bist du aus der Stadt?"
"Ja," sag' ich, "aber kein Schuster."
"Das macht nichts. Ein Wagen ist nicht zu haben; so gehen wir zusammen, Bursche, und be- nützen den Schirm gemeinsam; letztlich magst ihn behalten oder das Geld dafür haben."
Gottesschad' wär's um den feinen Rock, den er an hat, denk ich, und sag: "So ist es mir recht."
Arm in Arm bin ich, der Schirmmacher- bursch mit dem vornehmen Herrn in die Stadt gegangen. Wir haben unterwegs miteinander ge- plaudert. Er hat es so zu fügen gewußt, daß ich
frühe gedacht haben, ſie gehen auf den Markt, daß ſie Regenſchirme kauften.
Kommt zur Mittagszeit jählings ein Wetter- regen; wie weggeſchwemmt ſind die Leute vom Platz, und mit ihnen meine Schirme. Ein allein- ziger iſt mir noch geblieben für mich ſelber, daß ich trocken bliebe mitſammt meinem gelöſten Geld. Was läuft doch über den Platz ein Mann daher, daß alle Lachen ſpritzen! Meinen Regenſchirm will er kaufen.
„Hätt’ ich ſelber keinen!“ ſage ich.
„Hab ſchon manchen Schuſter barfuß laufen ſehen,“ lacht der Mann, „aber hörſt, Junge, wir richten uns die Sach’ ſchlau ein. Biſt du aus der Stadt?“
„Ja,“ ſag’ ich, „aber kein Schuſter.“
„Das macht nichts. Ein Wagen iſt nicht zu haben; ſo gehen wir zuſammen, Burſche, und be- nützen den Schirm gemeinſam; letztlich magſt ihn behalten oder das Geld dafür haben.“
Gottesſchad’ wär’s um den feinen Rock, den er an hat, denk ich, und ſag: „So iſt es mir recht.“
Arm in Arm bin ich, der Schirmmacher- burſch mit dem vornehmen Herrn in die Stadt gegangen. Wir haben unterwegs miteinander ge- plaudert. Er hat es ſo zu fügen gewußt, daß ich
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frühe gedacht haben, ſie gehen auf den Markt, daß
ſie Regenſchirme kauften.
Kommt zur Mittagszeit jählings ein Wetter-
regen; wie weggeſchwemmt ſind die Leute vom
Platz, und mit ihnen meine Schirme. Ein allein-
ziger iſt mir noch geblieben für mich ſelber, daß
ich trocken bliebe mitſammt meinem gelöſten Geld.
Was läuft doch über den Platz ein Mann daher,
daß alle Lachen ſpritzen! Meinen Regenſchirm will
er kaufen.
„Hätt’ ich ſelber keinen!“ ſage ich.
„Hab ſchon manchen Schuſter barfuß laufen
ſehen,“ lacht der Mann, „aber hörſt, Junge, wir
richten uns die Sach’ ſchlau ein. Biſt du aus der
Stadt?“
„Ja,“ ſag’ ich, „aber kein Schuſter.“
„Das macht nichts. Ein Wagen iſt nicht zu
haben; ſo gehen wir zuſammen, Burſche, und be-
nützen den Schirm gemeinſam; letztlich magſt ihn
behalten oder das Geld dafür haben.“
Gottesſchad’ wär’s um den feinen Rock, den
er an hat, denk ich, und ſag: „So iſt es mir
recht.“
Arm in Arm bin ich, der Schirmmacher-
burſch mit dem vornehmen Herrn in die Stadt
gegangen. Wir haben unterwegs miteinander ge-
plaudert. Er hat es ſo zu fügen gewußt, daß ich
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/47>, abgerufen am 21.11.2024.
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