an den Wänden, funkelnde Kronleuchter an den Decken, und gar der Fußboden glänzt, wo nicht bunte Webematten gebreitet sind, wie Glas und Edelholz. Bauernbursche gehen aus und ein, singen, pfeifen, poltern, rauchen Tabak und sind in Alpen- tracht von den derben Nägelschuhen bis hinauf zum spitzen Hahnenfederhut. Letztlich stehe ich in einer großen Stube; sitzen ein par bäuerliche Männer am Schreibtisch, ein par andere stehen daneben, laden ihre großen Pfeifen mit Tabak, halten baierische Geldnoten über eine brennende Kerze und zünden sich damit das Rauchzeug an.
"Will mit dem Andreas Hofer sprechen," sage ich. Da steht ein Mann in Hemdärmeln mit einem großmächtigen Vollbart auf: "Was willst denn?"
"Ich will zu der Wehr gehen?"
Der bärtige Mann -- es ist der Hofer über und über -- schaut mich an und nicht allzu- laut sagt er: "Bist gleichwohl noch recht jung? Hast Vater und Mutter?"
"Nimmermehr."
"Bist vom Land Tirol?"
"Nicht just eben, aber gleich von der Nach- barschaft her."
"Wol ein Studiosus? willst Geistlich werden?"
"Zur Wehr möcht ich gehen und für's Vater- land streiten."
4*
an den Wänden, funkelnde Kronleuchter an den Decken, und gar der Fußboden glänzt, wo nicht bunte Webematten gebreitet ſind, wie Glas und Edelholz. Bauernburſche gehen aus und ein, ſingen, pfeifen, poltern, rauchen Tabak und ſind in Alpen- tracht von den derben Nägelſchuhen bis hinauf zum ſpitzen Hahnenfederhut. Letztlich ſtehe ich in einer großen Stube; ſitzen ein par bäuerliche Männer am Schreibtiſch, ein par andere ſtehen daneben, laden ihre großen Pfeifen mit Tabak, halten baieriſche Geldnoten über eine brennende Kerze und zünden ſich damit das Rauchzeug an.
„Will mit dem Andreas Hofer ſprechen,“ ſage ich. Da ſteht ein Mann in Hemdärmeln mit einem großmächtigen Vollbart auf: „Was willſt denn?“
„Ich will zu der Wehr gehen?“
Der bärtige Mann — es iſt der Hofer über und über — ſchaut mich an und nicht allzu- laut ſagt er: „Biſt gleichwohl noch recht jung? Haſt Vater und Mutter?“
„Nimmermehr.“
„Biſt vom Land Tirol?“
„Nicht juſt eben, aber gleich von der Nach- barſchaft her.“
„Wol ein Studioſus? willſt Geiſtlich werden?“
„Zur Wehr möcht ich gehen und für’s Vater- land ſtreiten.“
4*
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0061"n="51"/>
an den Wänden, funkelnde Kronleuchter an den<lb/>
Decken, und gar der Fußboden glänzt, wo nicht<lb/>
bunte Webematten gebreitet ſind, wie Glas und<lb/>
Edelholz. Bauernburſche gehen aus und ein, ſingen,<lb/>
pfeifen, poltern, rauchen Tabak und ſind in Alpen-<lb/>
tracht von den derben Nägelſchuhen bis hinauf zum<lb/>ſpitzen Hahnenfederhut. Letztlich ſtehe ich in einer<lb/>
großen Stube; ſitzen ein par bäuerliche Männer<lb/>
am Schreibtiſch, ein par andere ſtehen daneben,<lb/>
laden ihre großen Pfeifen mit Tabak, halten<lb/>
baieriſche Geldnoten über eine brennende Kerze und<lb/>
zünden ſich damit das Rauchzeug an.</p><lb/><p>„Will mit dem Andreas Hofer ſprechen,“ſage<lb/>
ich. Da ſteht ein Mann in Hemdärmeln mit einem<lb/>
großmächtigen Vollbart auf: „Was willſt denn?“</p><lb/><p>„Ich will zu der Wehr gehen?“</p><lb/><p>Der bärtige Mann — es iſt der Hofer<lb/>
über und über —ſchaut mich an und nicht allzu-<lb/>
laut ſagt er: „Biſt gleichwohl noch recht jung?<lb/>
Haſt Vater und Mutter?“</p><lb/><p>„Nimmermehr.“</p><lb/><p>„Biſt vom Land Tirol?“</p><lb/><p>„Nicht juſt eben, aber gleich von der Nach-<lb/>
barſchaft her.“</p><lb/><p>„Wol ein Studioſus? willſt Geiſtlich werden?“</p><lb/><p>„Zur Wehr möcht ich gehen und für’s Vater-<lb/>
land ſtreiten.“</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">4*</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[51/0061]
an den Wänden, funkelnde Kronleuchter an den
Decken, und gar der Fußboden glänzt, wo nicht
bunte Webematten gebreitet ſind, wie Glas und
Edelholz. Bauernburſche gehen aus und ein, ſingen,
pfeifen, poltern, rauchen Tabak und ſind in Alpen-
tracht von den derben Nägelſchuhen bis hinauf zum
ſpitzen Hahnenfederhut. Letztlich ſtehe ich in einer
großen Stube; ſitzen ein par bäuerliche Männer
am Schreibtiſch, ein par andere ſtehen daneben,
laden ihre großen Pfeifen mit Tabak, halten
baieriſche Geldnoten über eine brennende Kerze und
zünden ſich damit das Rauchzeug an.
„Will mit dem Andreas Hofer ſprechen,“ ſage
ich. Da ſteht ein Mann in Hemdärmeln mit einem
großmächtigen Vollbart auf: „Was willſt denn?“
„Ich will zu der Wehr gehen?“
Der bärtige Mann — es iſt der Hofer
über und über — ſchaut mich an und nicht allzu-
laut ſagt er: „Biſt gleichwohl noch recht jung?
Haſt Vater und Mutter?“
„Nimmermehr.“
„Biſt vom Land Tirol?“
„Nicht juſt eben, aber gleich von der Nach-
barſchaft her.“
„Wol ein Studioſus? willſt Geiſtlich werden?“
„Zur Wehr möcht ich gehen und für’s Vater-
land ſtreiten.“
4*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/61>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.