ausgesprochen habe. Jung, sehr jung bin ich frei- lich gewesen, als ich meinen Fuß hab' gesetzt in die weite Welt.
Heinrich hat mich eine weite Strecke begleitet. Am Scheidewege hat er mich gezwungen, seine Baarschaft anzunehmen. Brust an Brust haben wir uns ewige Treue gelobt, dann sind wir geschieden.
O: Heinrich! du gutes, du goldgetreues Herz, du hast es gut mit mir gehalten. Und ich habe es dir schlecht -- gar höllisch schlecht gelohnt. Heinrich! . . . .
Die Sonne geht von Morgen gegen Abend; sie hat mir meinen Weg gewiesen. "Ade, Welt, ich gehe nach Tirol!" hab ich gesagt; im Tiroler- land thun sich jetztund die Leut' zusammen gegen den Feind. Der Höllenmensch Bonaparte führt die Franzosen ein, will uns das Vaterland zertreten ganz und gar.
Nach etlichen Tagen steig ich zu Innsbruck die Burgtreppen hinan. "Mit dem Andreas Hofer will ich reden!" sag ich zum Thorwart.
"Wer wehrt dir's denn!" sagt der und stößt seinen Spieß auf den Marmelstein, daß es gerade klingt. Ich geh durch Zimmer dreie oder vier, eines vornehmer wie das andere; große Spiegel
ausgeſprochen habe. Jung, ſehr jung bin ich frei- lich geweſen, als ich meinen Fuß hab’ geſetzt in die weite Welt.
Heinrich hat mich eine weite Strecke begleitet. Am Scheidewege hat er mich gezwungen, ſeine Baarſchaft anzunehmen. Bruſt an Bruſt haben wir uns ewige Treue gelobt, dann ſind wir geſchieden.
O: Heinrich! du gutes, du goldgetreues Herz, du haſt es gut mit mir gehalten. Und ich habe es dir ſchlecht — gar hölliſch ſchlecht gelohnt. Heinrich! . . . .
Die Sonne geht von Morgen gegen Abend; ſie hat mir meinen Weg gewieſen. „Ade, Welt, ich gehe nach Tirol!“ hab ich geſagt; im Tiroler- land thun ſich jetztund die Leut’ zuſammen gegen den Feind. Der Höllenmenſch Bonaparte führt die Franzoſen ein, will uns das Vaterland zertreten ganz und gar.
Nach etlichen Tagen ſteig ich zu Innsbruck die Burgtreppen hinan. „Mit dem Andreas Hofer will ich reden!“ ſag ich zum Thorwart.
„Wer wehrt dir’s denn!“ ſagt der und ſtößt ſeinen Spieß auf den Marmelſtein, daß es gerade klingt. Ich geh durch Zimmer dreie oder vier, eines vornehmer wie das andere; große Spiegel
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ausgeſprochen habe. Jung, ſehr jung bin ich frei-
lich geweſen, als ich meinen Fuß hab’ geſetzt in
die weite Welt.
Heinrich hat mich eine weite Strecke begleitet.
Am Scheidewege hat er mich gezwungen, ſeine
Baarſchaft anzunehmen. Bruſt an Bruſt haben wir
uns ewige Treue gelobt, dann ſind wir geſchieden.
O: Heinrich! du gutes, du goldgetreues Herz,
du haſt es gut mit mir gehalten. Und ich habe
es dir ſchlecht — gar hölliſch ſchlecht gelohnt.
Heinrich! . . . .
Die Sonne geht von Morgen gegen Abend;
ſie hat mir meinen Weg gewieſen. „Ade, Welt,
ich gehe nach Tirol!“ hab ich geſagt; im Tiroler-
land thun ſich jetztund die Leut’ zuſammen gegen
den Feind. Der Höllenmenſch Bonaparte führt die
Franzoſen ein, will uns das Vaterland zertreten
ganz und gar.
Nach etlichen Tagen ſteig ich zu Innsbruck
die Burgtreppen hinan. „Mit dem Andreas Hofer
will ich reden!“ ſag ich zum Thorwart.
„Wer wehrt dir’s denn!“ ſagt der und ſtößt
ſeinen Spieß auf den Marmelſtein, daß es gerade
klingt. Ich geh durch Zimmer dreie oder vier,
eines vornehmer wie das andere; große Spiegel
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/60>, abgerufen am 27.11.2024.
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