Der Berthold hört's, besinnt sich nicht lange; auf ein so sächlich Lied gehört ein noch sächli- cheres. Er steht auf der Wand und singt dem Mädchen zu:
"Wan dei roth's Hor va Guld wa, Und dei Kröpfl vul Thola, Und dei Miada vul Edlstoan, Dös wa ma recht, dös kunt's thoan!"
Und d'rauf sie:
"Die Thola thatn dih juckn, Die Edlstoan thatn dih druckn, A guldanas Hor war olls z'viel zort Fü dein borstadn Bort."
O, sie bleiben einander nichts schuldig, sie wissen zu fechten.
Wie es aber nur kommen mag, daß im Waldland für Lieb' und Zärtlichkeit nicht so viele und gute Worte wachsen wollen, als für Spott und Posse? Ist schon die Lieb' da unten nicht gar geschwätzig, so ist sie hieroben bei den Leg- fähren und Kohlröschen stumm, wie der Fisch im Wasser. Der Kuß wird hier auch nicht so gepflegt, wie anderswo. Weiß sich aber so ein verlieb- ter Bursch mit seiner Empfindung nicht anders zu helfen, so faßt er sein Mädchen, wie der Müller den Kornsack, und schwingt es hoch in die Luft und thut ein Jauchzen dabei, daß schier
Der Berthold hört’s, beſinnt ſich nicht lange; auf ein ſo ſächlich Lied gehört ein noch ſächli- cheres. Er ſteht auf der Wand und ſingt dem Mädchen zu:
„Wan dei roth’s Hor va Guld wa, Und dei Kröpfl vul Thola, Und dei Miada vul Edlſtoan, Dös wa ma recht, dös kunt’s thoan!“
Und d’rauf ſie:
„Die Thola thatn dih juckn, Die Edlſtoan thatn dih druckn, A guldanas Hor war olls z’viel zort Fü dein borſtadn Bort.“
O, ſie bleiben einander nichts ſchuldig, ſie wiſſen zu fechten.
Wie es aber nur kommen mag, daß im Waldland für Lieb’ und Zärtlichkeit nicht ſo viele und gute Worte wachſen wollen, als für Spott und Poſſe? Iſt ſchon die Lieb’ da unten nicht gar geſchwätzig, ſo iſt ſie hieroben bei den Leg- fähren und Kohlröschen ſtumm, wie der Fiſch im Waſſer. Der Kuß wird hier auch nicht ſo gepflegt, wie anderswo. Weiß ſich aber ſo ein verlieb- ter Burſch mit ſeiner Empfindung nicht anders zu helfen, ſo faßt er ſein Mädchen, wie der Müller den Kornſack, und ſchwingt es hoch in die Luft und thut ein Jauchzen dabei, daß ſchier
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Der Berthold hört’s, beſinnt ſich nicht lange;
auf ein ſo ſächlich Lied gehört ein noch ſächli-
cheres. Er ſteht auf der Wand und ſingt dem
Mädchen zu:
„Wan dei roth’s Hor va Guld wa,
Und dei Kröpfl vul Thola,
Und dei Miada vul Edlſtoan,
Dös wa ma recht, dös kunt’s thoan!“
Und d’rauf ſie:
„Die Thola thatn dih juckn,
Die Edlſtoan thatn dih druckn,
A guldanas Hor war olls z’viel zort
Fü dein borſtadn Bort.“
O, ſie bleiben einander nichts ſchuldig, ſie
wiſſen zu fechten.
Wie es aber nur kommen mag, daß im
Waldland für Lieb’ und Zärtlichkeit nicht ſo viele
und gute Worte wachſen wollen, als für Spott
und Poſſe? Iſt ſchon die Lieb’ da unten nicht
gar geſchwätzig, ſo iſt ſie hieroben bei den Leg-
fähren und Kohlröschen ſtumm, wie der Fiſch im
Waſſer. Der Kuß wird hier auch nicht ſo gepflegt,
wie anderswo. Weiß ſich aber ſo ein verlieb-
ter Burſch mit ſeiner Empfindung nicht anders
zu helfen, ſo faßt er ſein Mädchen, wie der
Müller den Kornſack, und ſchwingt es hoch in
die Luft und thut ein Jauchzen dabei, daß ſchier
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/99>, abgerufen am 23.11.2024.
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