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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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enthusiasten, erhalten hat. Wenn bei uns Deutschen etwas
einmal im Ganzen vollbracht ist, dann wird es bis zur
Schäbigkeit wiederholt, aber einen kleinen Schritt vorwärts
zu gehen und selbst weiter fortzuarbeiten, ist das bei Weitem
Seltnere. Die bequeme Manier, Fragmente zusammen¬
drucken zu lassen und mit solcher Blumenleserei sich doch
auch einen literarischen Namen zu machen, ist wohl bei keiner
Nation so, wie bei der unsrigen, im Schwange. Jener Auf¬
satz, den wir meinen, findet sich in den Werken Band 44.:
über den sogenannten Dilettantismus oder die praktische Lieb¬
haberei in den Künsten. Er enthält eine vollständige, oft
sehr detaillirte Disposition, deren Entwicklung wir hiermit
einer jüngern Kraft empfehlen und an's Herz legen wollen.
Göthe stellt zuerst den Begriff des Dilettantismus im All¬
gemeinen auf, parallelisirt ihn der Pfuscherei im Handwerk,
specificirt ihn in den einzelnen Künsten, gibt seinen Nutzen
und zuletzt seinen Schaden an. Wir wollen aus diesen Be¬
merkungen dasjenige ausheben, was sich auf die Erzeugung
des Häßlichen bezieht. "Die Kunst gebietet der Zeit, der
Dilettantismus folgt der Neigung der Zeit. Wenn die
Meister in der Kunst dem falschen Geschmack folgen, glaubt
der Dilettant desto geschwinder auf dem Niveau der Kunst zu
sein. Weil der Dilettant seinen Beruf zum Selbstproduciren
erst aus den Wirkungen der Kunstwerke auf sich empfängt,
so verwechselt er diese Wirkungen mit den objectiven Ursachen
und Motiven und meint nun den Empfindungszustand, in
den er versetzt ist, auch productiv und praktisch zu machen;
wie wenn man mit dem Geruch einer Blume die Blume selbst
hervorzubringen gedächte. Das an das Gefühl Sprechende,
die letzte Wirkung aller poetischen Organisationen, welche
aber den Aufwand der ganzen Kunst selbst voraussetzt, sieht

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enthuſiaſten, erhalten hat. Wenn bei uns Deutſchen etwas
einmal im Ganzen vollbracht iſt, dann wird es bis zur
Schäbigkeit wiederholt, aber einen kleinen Schritt vorwärts
zu gehen und ſelbſt weiter fortzuarbeiten, iſt das bei Weitem
Seltnere. Die bequeme Manier, Fragmente zuſammen¬
drucken zu laſſen und mit ſolcher Blumenleſerei ſich doch
auch einen literariſchen Namen zu machen, iſt wohl bei keiner
Nation ſo, wie bei der unſrigen, im Schwange. Jener Auf¬
ſatz, den wir meinen, findet ſich in den Werken Band 44.:
über den ſogenannten Dilettantismus oder die praktiſche Lieb¬
haberei in den Künſten. Er enthält eine vollſtändige, oft
ſehr detaillirte Dispoſition, deren Entwicklung wir hiermit
einer jüngern Kraft empfehlen und an's Herz legen wollen.
Göthe ſtellt zuerſt den Begriff des Dilettantismus im All¬
gemeinen auf, paralleliſirt ihn der Pfuſcherei im Handwerk,
ſpecificirt ihn in den einzelnen Künſten, gibt ſeinen Nutzen
und zuletzt ſeinen Schaden an. Wir wollen aus dieſen Be¬
merkungen dasjenige ausheben, was ſich auf die Erzeugung
des Häßlichen bezieht. „Die Kunſt gebietet der Zeit, der
Dilettantismus folgt der Neigung der Zeit. Wenn die
Meiſter in der Kunſt dem falſchen Geſchmack folgen, glaubt
der Dilettant deſto geſchwinder auf dem Niveau der Kunſt zu
ſein. Weil der Dilettant ſeinen Beruf zum Selbſtproduciren
erſt aus den Wirkungen der Kunſtwerke auf ſich empfängt,
ſo verwechſelt er dieſe Wirkungen mit den objectiven Urſachen
und Motiven und meint nun den Empfindungszuſtand, in
den er verſetzt iſt, auch productiv und praktiſch zu machen;
wie wenn man mit dem Geruch einer Blume die Blume ſelbſt
hervorzubringen gedächte. Das an das Gefühl Sprechende,
die letzte Wirkung aller poetiſchen Organiſationen, welche
aber den Aufwand der ganzen Kunſt ſelbſt vorausſetzt, ſieht

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[147/0169] enthuſiaſten, erhalten hat. Wenn bei uns Deutſchen etwas einmal im Ganzen vollbracht iſt, dann wird es bis zur Schäbigkeit wiederholt, aber einen kleinen Schritt vorwärts zu gehen und ſelbſt weiter fortzuarbeiten, iſt das bei Weitem Seltnere. Die bequeme Manier, Fragmente zuſammen¬ drucken zu laſſen und mit ſolcher Blumenleſerei ſich doch auch einen literariſchen Namen zu machen, iſt wohl bei keiner Nation ſo, wie bei der unſrigen, im Schwange. Jener Auf¬ ſatz, den wir meinen, findet ſich in den Werken Band 44.: über den ſogenannten Dilettantismus oder die praktiſche Lieb¬ haberei in den Künſten. Er enthält eine vollſtändige, oft ſehr detaillirte Dispoſition, deren Entwicklung wir hiermit einer jüngern Kraft empfehlen und an's Herz legen wollen. Göthe ſtellt zuerſt den Begriff des Dilettantismus im All¬ gemeinen auf, paralleliſirt ihn der Pfuſcherei im Handwerk, ſpecificirt ihn in den einzelnen Künſten, gibt ſeinen Nutzen und zuletzt ſeinen Schaden an. Wir wollen aus dieſen Be¬ merkungen dasjenige ausheben, was ſich auf die Erzeugung des Häßlichen bezieht. „Die Kunſt gebietet der Zeit, der Dilettantismus folgt der Neigung der Zeit. Wenn die Meiſter in der Kunſt dem falſchen Geſchmack folgen, glaubt der Dilettant deſto geſchwinder auf dem Niveau der Kunſt zu ſein. Weil der Dilettant ſeinen Beruf zum Selbſtproduciren erſt aus den Wirkungen der Kunſtwerke auf ſich empfängt, ſo verwechſelt er dieſe Wirkungen mit den objectiven Urſachen und Motiven und meint nun den Empfindungszuſtand, in den er verſetzt iſt, auch productiv und praktiſch zu machen; wie wenn man mit dem Geruch einer Blume die Blume ſelbſt hervorzubringen gedächte. Das an das Gefühl Sprechende, die letzte Wirkung aller poetiſchen Organiſationen, welche aber den Aufwand der ganzen Kunſt ſelbſt vorausſetzt, ſieht 10 *

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/169>, abgerufen am 21.11.2024.