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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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nur seine burleske Grazie kann ermöglichen, daß dieser Wider¬
spruch nicht ein unerträglich häßlicher werde. Oder man
vergegenwärtige sich jenes Vaudeville, in welchem ein alter
Rentier der Fanny Elsler nachreist, und im Gasthof, als er
Morgens Toilette macht, von der Vorstellung ihrer Nähe
bezaubert, in selige Erinnerung verloren, mit der Barbier¬
serviette um den Hals und dem Rasirmesser in der Hand
der liebenswürdigen Tänzerin ihre anmuthig verführerische
Cachucha auf das Scheußlichste aber Lächerlichste nachtanzt.

Dergleichen ist burlesk. Wenn wir uns mit diesen
Veranschaulichungen in das dramatische Gebiet verloren haben,
so müssen wir bemerken, daß dies nur geschehen ist, weil
dasselbe das Maximum der burlesken Energie möglich macht,
keineswegs jedoch, als ob nicht andern Kunstgattungen das
Burleske eben so wohl möglich wäre. Die Poesie besitzt
sogar gewisse stereotype Mittel, das Burleske zu erzeugen,
wie im gezwungenen Reime, in der Sprachmischerei,
im Jargon, wovon oben schon bei einer andern Gelegenheit
gehandelt worden (45). Worin liegt hier das ästhetisch Er¬
laubte? Offenbar darin, daß in dem, was wir an sich als
häßlich verurtheilen müßten, die Freiheit als ein heiteres
Spiel sich geltend macht und durch die bewußte Maa߬
losigkeit der Willkür das Häßliche ins Lächerliche verklärt.
Einen unrichtigen Reim wird z. B. Niemand schön finden.
Ein gezwungener Reim verzerrt ein Wort, um es zum
richtigen Reim zu machen. Diese Mißhandlung der Sprache
ist auch nicht schön; weil sie aber aus der Freiheit entspringt,
welche die Sprache selber geschaffen hat und aus welcher
heraus das Wort auch so heißen könnte, so müssen wir
lachen. Dasselbe ist der Fall mit den Fischart'schen und
ähnlichen Wortungeheuern. Wenn eine bekannte Parodie

nur ſeine burleske Grazie kann ermöglichen, daß dieſer Wider¬
ſpruch nicht ein unerträglich häßlicher werde. Oder man
vergegenwärtige ſich jenes Vaudeville, in welchem ein alter
Rentier der Fanny Elsler nachreiſt, und im Gaſthof, als er
Morgens Toilette macht, von der Vorſtellung ihrer Nähe
bezaubert, in ſelige Erinnerung verloren, mit der Barbier¬
ſerviette um den Hals und dem Raſirmeſſer in der Hand
der liebenswürdigen Tänzerin ihre anmuthig verführeriſche
Cachucha auf das Scheußlichſte aber Lächerlichſte nachtanzt.

Dergleichen iſt burlesk. Wenn wir uns mit dieſen
Veranſchaulichungen in das dramatiſche Gebiet verloren haben,
ſo müſſen wir bemerken, daß dies nur geſchehen iſt, weil
daſſelbe das Maximum der burlesken Energie möglich macht,
keineswegs jedoch, als ob nicht andern Kunſtgattungen das
Burleske eben ſo wohl möglich wäre. Die Poeſie beſitzt
ſogar gewiſſe ſtereotype Mittel, das Burleske zu erzeugen,
wie im gezwungenen Reime, in der Sprachmiſcherei,
im Jargon, wovon oben ſchon bei einer andern Gelegenheit
gehandelt worden (45). Worin liegt hier das äſthetiſch Er¬
laubte? Offenbar darin, daß in dem, was wir an ſich als
häßlich verurtheilen müßten, die Freiheit als ein heiteres
Spiel ſich geltend macht und durch die bewußte Maa߬
loſigkeit der Willkür das Häßliche ins Lächerliche verklärt.
Einen unrichtigen Reim wird z. B. Niemand ſchön finden.
Ein gezwungener Reim verzerrt ein Wort, um es zum
richtigen Reim zu machen. Dieſe Mißhandlung der Sprache
iſt auch nicht ſchön; weil ſie aber aus der Freiheit entſpringt,
welche die Sprache ſelber geſchaffen hat und aus welcher
heraus das Wort auch ſo heißen könnte, ſo müſſen wir
lachen. Daſſelbe iſt der Fall mit den Fiſchart'ſchen und
ähnlichen Wortungeheuern. Wenn eine bekannte Parodie

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[224/0246] nur ſeine burleske Grazie kann ermöglichen, daß dieſer Wider¬ ſpruch nicht ein unerträglich häßlicher werde. Oder man vergegenwärtige ſich jenes Vaudeville, in welchem ein alter Rentier der Fanny Elsler nachreiſt, und im Gaſthof, als er Morgens Toilette macht, von der Vorſtellung ihrer Nähe bezaubert, in ſelige Erinnerung verloren, mit der Barbier¬ ſerviette um den Hals und dem Raſirmeſſer in der Hand der liebenswürdigen Tänzerin ihre anmuthig verführeriſche Cachucha auf das Scheußlichſte aber Lächerlichſte nachtanzt. Dergleichen iſt burlesk. Wenn wir uns mit dieſen Veranſchaulichungen in das dramatiſche Gebiet verloren haben, ſo müſſen wir bemerken, daß dies nur geſchehen iſt, weil daſſelbe das Maximum der burlesken Energie möglich macht, keineswegs jedoch, als ob nicht andern Kunſtgattungen das Burleske eben ſo wohl möglich wäre. Die Poeſie beſitzt ſogar gewiſſe ſtereotype Mittel, das Burleske zu erzeugen, wie im gezwungenen Reime, in der Sprachmiſcherei, im Jargon, wovon oben ſchon bei einer andern Gelegenheit gehandelt worden (45). Worin liegt hier das äſthetiſch Er¬ laubte? Offenbar darin, daß in dem, was wir an ſich als häßlich verurtheilen müßten, die Freiheit als ein heiteres Spiel ſich geltend macht und durch die bewußte Maa߬ loſigkeit der Willkür das Häßliche ins Lächerliche verklärt. Einen unrichtigen Reim wird z. B. Niemand ſchön finden. Ein gezwungener Reim verzerrt ein Wort, um es zum richtigen Reim zu machen. Dieſe Mißhandlung der Sprache iſt auch nicht ſchön; weil ſie aber aus der Freiheit entſpringt, welche die Sprache ſelber geſchaffen hat und aus welcher heraus das Wort auch ſo heißen könnte, ſo müſſen wir lachen. Daſſelbe iſt der Fall mit den Fiſchart'ſchen und ähnlichen Wortungeheuern. Wenn eine bekannte Parodie

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/246>, abgerufen am 23.11.2024.