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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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liebten in einem Gartenpavillon hoffen. Er kommt auch
zum Pavillon, verirrt sich aber in ein anderes Zimmer, muß,
unter ein Sopha gekauert, die Zärtlichkeiten zweier Gatten
mitgenießen, die sich schlafen legen, schleicht, als sie schlafen,
aus der Stube, findet die Treppe, findet das rechte Zimmer,
findet die Geliebte. Kaum aber hat er sich ihr im Bette
zugesellt, als Feuer ausbricht. Es entsteht Lärm, er muß
fliehen, ergreift aber in der Eil die Kleider seiner Geliebten,
flüchtet mit ihnen durch ein Fenster und entkommt glücklich
über die Gartenhecke. Da will er sich anziehen, findet zu
seinem Schrecken das Damengewand, muß nothgedrungen in
dasselbe schlüpfen und erlebt nun in dieser grotesken Ver¬
kleidung auf dem kurzen Wege nach Paris tausend Aben¬
teuer. Nicht die Willkür, aber der Zufall ist hier burlesk.

c) Das Rohe.

Die Gemeinheit überhaupt ist die Erniedrigung der
Freiheit unter eine Nothwendigkeit, die nicht ihre eigene ist.
Als Rohheit ist sie eine Hingebung an eine Abhängigkeit von
der Natur, welche die Freiheit aufhebt, oder ein Hervorbringen
von Zwang gegen die Freiheit, oder ein Verhöhnen des ab¬
soluten Grundes, auf welchem alle Freiheit beruhet, des
Glaubens an Gott. -- Das Majestätische kann auch dem
Leiden verfallen, aber nur von seiner endlichen und sterblichen
Seite, die es der äußern Gewalt preisgeben muß, während
es sich in sich als frei behauptet und daher gerade im Leiden
die durch dasselbe unverkümmerte Unendlichkeit seines Handelns
um so energischer zu bewähren vermag, wie Rückert so
schön sagt:

Es trübt die schmutzge Welle die reine Perle nicht,
Ob sich ihr Schaum auch wüthend an ihrer Schaale bricht.

liebten in einem Gartenpavillon hoffen. Er kommt auch
zum Pavillon, verirrt ſich aber in ein anderes Zimmer, muß,
unter ein Sopha gekauert, die Zärtlichkeiten zweier Gatten
mitgenießen, die ſich ſchlafen legen, ſchleicht, als ſie ſchlafen,
aus der Stube, findet die Treppe, findet das rechte Zimmer,
findet die Geliebte. Kaum aber hat er ſich ihr im Bette
zugeſellt, als Feuer ausbricht. Es entſteht Lärm, er muß
fliehen, ergreift aber in der Eil die Kleider ſeiner Geliebten,
flüchtet mit ihnen durch ein Fenſter und entkommt glücklich
über die Gartenhecke. Da will er ſich anziehen, findet zu
ſeinem Schrecken das Damengewand, muß nothgedrungen in
daſſelbe ſchlüpfen und erlebt nun in dieſer grotesken Ver¬
kleidung auf dem kurzen Wege nach Paris tauſend Aben¬
teuer. Nicht die Willkür, aber der Zufall iſt hier burlesk.

c) Das Rohe.

Die Gemeinheit überhaupt iſt die Erniedrigung der
Freiheit unter eine Nothwendigkeit, die nicht ihre eigene iſt.
Als Rohheit iſt ſie eine Hingebung an eine Abhängigkeit von
der Natur, welche die Freiheit aufhebt, oder ein Hervorbringen
von Zwang gegen die Freiheit, oder ein Verhöhnen des ab¬
ſoluten Grundes, auf welchem alle Freiheit beruhet, des
Glaubens an Gott. — Das Majeſtätiſche kann auch dem
Leiden verfallen, aber nur von ſeiner endlichen und ſterblichen
Seite, die es der äußern Gewalt preisgeben muß, während
es ſich in ſich als frei behauptet und daher gerade im Leiden
die durch daſſelbe unverkümmerte Unendlichkeit ſeines Handelns
um ſo energiſcher zu bewähren vermag, wie Rückert ſo
ſchön ſagt:

Es trübt die ſchmutzge Welle die reine Perle nicht,
Ob ſich ihr Schaum auch wüthend an ihrer Schaale bricht.

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[226/0248] liebten in einem Gartenpavillon hoffen. Er kommt auch zum Pavillon, verirrt ſich aber in ein anderes Zimmer, muß, unter ein Sopha gekauert, die Zärtlichkeiten zweier Gatten mitgenießen, die ſich ſchlafen legen, ſchleicht, als ſie ſchlafen, aus der Stube, findet die Treppe, findet das rechte Zimmer, findet die Geliebte. Kaum aber hat er ſich ihr im Bette zugeſellt, als Feuer ausbricht. Es entſteht Lärm, er muß fliehen, ergreift aber in der Eil die Kleider ſeiner Geliebten, flüchtet mit ihnen durch ein Fenſter und entkommt glücklich über die Gartenhecke. Da will er ſich anziehen, findet zu ſeinem Schrecken das Damengewand, muß nothgedrungen in daſſelbe ſchlüpfen und erlebt nun in dieſer grotesken Ver¬ kleidung auf dem kurzen Wege nach Paris tauſend Aben¬ teuer. Nicht die Willkür, aber der Zufall iſt hier burlesk. c) Das Rohe. Die Gemeinheit überhaupt iſt die Erniedrigung der Freiheit unter eine Nothwendigkeit, die nicht ihre eigene iſt. Als Rohheit iſt ſie eine Hingebung an eine Abhängigkeit von der Natur, welche die Freiheit aufhebt, oder ein Hervorbringen von Zwang gegen die Freiheit, oder ein Verhöhnen des ab¬ ſoluten Grundes, auf welchem alle Freiheit beruhet, des Glaubens an Gott. — Das Majeſtätiſche kann auch dem Leiden verfallen, aber nur von ſeiner endlichen und ſterblichen Seite, die es der äußern Gewalt preisgeben muß, während es ſich in ſich als frei behauptet und daher gerade im Leiden die durch daſſelbe unverkümmerte Unendlichkeit ſeines Handelns um ſo energiſcher zu bewähren vermag, wie Rückert ſo ſchön ſagt: Es trübt die ſchmutzge Welle die reine Perle nicht, Ob ſich ihr Schaum auch wüthend an ihrer Schaale bricht.

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/248>, abgerufen am 22.11.2024.