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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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heben und zeigen, daß sie sittlich behost ist. Sie nimmt eine
Nichte zu sich. Das junge Mädchen muß sofort vor allen
Dingen Calencons anziehen, denn Hosentragen ist für die
ehrwürdige Dame mit Anstand und Sittlichkeit identisch
geworden und sie hält dem jungen Mädchen weitläufige Aus¬
einandersetzungen über die Wichtigkeit dieses ethischen Princips.
Eines Tags nun sitzt die Nichte mit ihrem Vetter im Garten
auf einer Bank. Die Bank kippt auf, die jungen Leute
fallen herunter und durch diesen Zufall entdeckt der Vetter,
daß seine Cousine allerliebste Hosen trägt. Unglückliche Ent¬
deckung, denn man sieht vorher, daß sie Folgen haben kann,
welche den erhabenen Intentionen der weisen Pädagogin ganz
entgegen laufen. Früher haben wir schon einmal gesagt,
daß Paul de Kock überhaupt durch seine Komik, weil dieselbe
in's Groteske und Burleske tendirt, viel weniger gefährlich
sei, als mancher andere Autor. Diese joviale Laune hat er
mit großem Glück besonders in einem Roman, la maison
blanche
, entfaltet. Von den vielen ächt komischen Situationen
desselben wollen wir zur Beleuchtung unseres Thema's nur
eine einzige anführen. Robineau, ein Parvenu, hat ein
Schloß in der Provinz gekauft und veranstaltet auf demselben
ein ländliches Fest. Unter andern Belustigungen findet sich
auch ein Mat de Cocagne. Allein alle gewinnlustigen Jungen
gleiten von der glatten Kletterstange ab und schon hat es den
Anschein, als ob Niemand den Preis erlangen würde. Da
erscheint die rüstige Köchin, schlägt die Röcke fest zusammen,
klimmt eben so decent als glücklich hinan, ergreift den Preis
und beginnt den Rückrutsch. Allein inzwischen haben sich
ihre Kleider oben verhakt und falten sich ungeahnt über
ihrem Kopf zusammen, so daß das Publicum die derben,
unbehosten Hinterbacken der Siegerin zu schauen bekommt.

heben und zeigen, daß ſie ſittlich behoſt iſt. Sie nimmt eine
Nichte zu ſich. Das junge Mädchen muß ſofort vor allen
Dingen Calençons anziehen, denn Hoſentragen iſt für die
ehrwürdige Dame mit Anſtand und Sittlichkeit identiſch
geworden und ſie hält dem jungen Mädchen weitläufige Aus¬
einanderſetzungen über die Wichtigkeit dieſes ethiſchen Princips.
Eines Tags nun ſitzt die Nichte mit ihrem Vetter im Garten
auf einer Bank. Die Bank kippt auf, die jungen Leute
fallen herunter und durch dieſen Zufall entdeckt der Vetter,
daß ſeine Couſine allerliebſte Hoſen trägt. Unglückliche Ent¬
deckung, denn man ſieht vorher, daß ſie Folgen haben kann,
welche den erhabenen Intentionen der weiſen Pädagogin ganz
entgegen laufen. Früher haben wir ſchon einmal geſagt,
daß Paul de Kock überhaupt durch ſeine Komik, weil dieſelbe
in's Groteske und Burleske tendirt, viel weniger gefährlich
ſei, als mancher andere Autor. Dieſe joviale Laune hat er
mit großem Glück beſonders in einem Roman, la maison
blanche
, entfaltet. Von den vielen ächt komiſchen Situationen
deſſelben wollen wir zur Beleuchtung unſeres Thema's nur
eine einzige anführen. Robineau, ein Parvenu, hat ein
Schloß in der Provinz gekauft und veranſtaltet auf demſelben
ein ländliches Feſt. Unter andern Beluſtigungen findet ſich
auch ein Mât de Cocagne. Allein alle gewinnluſtigen Jungen
gleiten von der glatten Kletterſtange ab und ſchon hat es den
Anſchein, als ob Niemand den Preis erlangen würde. Da
erſcheint die rüſtige Köchin, ſchlägt die Röcke feſt zuſammen,
klimmt eben ſo decent als glücklich hinan, ergreift den Preis
und beginnt den Rückrutſch. Allein inzwiſchen haben ſich
ihre Kleider oben verhakt und falten ſich ungeahnt über
ihrem Kopf zuſammen, ſo daß das Publicum die derben,
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[248/0270] heben und zeigen, daß ſie ſittlich behoſt iſt. Sie nimmt eine Nichte zu ſich. Das junge Mädchen muß ſofort vor allen Dingen Calençons anziehen, denn Hoſentragen iſt für die ehrwürdige Dame mit Anſtand und Sittlichkeit identiſch geworden und ſie hält dem jungen Mädchen weitläufige Aus¬ einanderſetzungen über die Wichtigkeit dieſes ethiſchen Princips. Eines Tags nun ſitzt die Nichte mit ihrem Vetter im Garten auf einer Bank. Die Bank kippt auf, die jungen Leute fallen herunter und durch dieſen Zufall entdeckt der Vetter, daß ſeine Couſine allerliebſte Hoſen trägt. Unglückliche Ent¬ deckung, denn man ſieht vorher, daß ſie Folgen haben kann, welche den erhabenen Intentionen der weiſen Pädagogin ganz entgegen laufen. Früher haben wir ſchon einmal geſagt, daß Paul de Kock überhaupt durch ſeine Komik, weil dieſelbe in's Groteske und Burleske tendirt, viel weniger gefährlich ſei, als mancher andere Autor. Dieſe joviale Laune hat er mit großem Glück beſonders in einem Roman, la maison blanche, entfaltet. Von den vielen ächt komiſchen Situationen deſſelben wollen wir zur Beleuchtung unſeres Thema's nur eine einzige anführen. Robineau, ein Parvenu, hat ein Schloß in der Provinz gekauft und veranſtaltet auf demſelben ein ländliches Feſt. Unter andern Beluſtigungen findet ſich auch ein Mât de Cocagne. Allein alle gewinnluſtigen Jungen gleiten von der glatten Kletterſtange ab und ſchon hat es den Anſchein, als ob Niemand den Preis erlangen würde. Da erſcheint die rüſtige Köchin, ſchlägt die Röcke feſt zuſammen, klimmt eben ſo decent als glücklich hinan, ergreift den Preis und beginnt den Rückrutſch. Allein inzwiſchen haben ſich ihre Kleider oben verhakt und falten ſich ungeahnt über ihrem Kopf zuſammen, ſo daß das Publicum die derben, unbehoſten Hinterbacken der Siegerin zu ſchauen bekommt.

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/270>, abgerufen am 22.11.2024.