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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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Wesen ziehen den Gerippewagen, das eine ganz vermasert,
verhozzelt, ein rechtes Unthier, das andere mit einem ele¬
phantenartigen Fuß und einer Klaue, die eine Krücke hält.
Und über all diesen Ausgeburten der ausgelassensten Phan¬
tasie schwebt oben der Höllendrache und speit Teufelszeu¬
gungen aus, die sich in der Luft sofort wieder vermehren,
wie ein böser Gedanke eine Reihe anderer ins Unendliche
hervorbringt.

Die übermenschliche Gestaltung des Satanischen ist im
Grunde eben so einfach, als die untermenschliche mannigfaltig.
Wie phantastisch aber auch die letztere ausschweife, so kann
sie doch einer Anknüpfung an die menschliche nicht entbehren,
weil es sich immer um die Freiheit des Menschen handelt,
sie zum Abfall von ihrer göttlichen Nothwendigkeit zu be¬
stimmen. Die Malerei hat daher selber der Schlange im
Paradiese, wie sie vom Baum der Erkenntniß herunter den
Protoplasten ihre Sophismen vorträgt, ein menschliches
Haupt mit einer listig schmeichlerischen, boshaft freundlichen
Physiognomie gegeben. Da einmal für uns keine andere
Form, als die menschliche, existirt, die Persönlichkeit des
Geistes anzuschauen, so ist es nur eine unvermeidliche Con¬
sequenz der Kunst, das Diabolische endlich auch in einfach
menschlicher Gestalt darzustellen. Ist doch im Grunde die
des Teufels als eines bösen Engels auch keine andere. In
der Phantasie macht auch die Vorstellung, daß der Teufel
jede, also auch die menschliche Gestalt annehmen könne, den
Uebergang zur Vermenschlichung. Es scheint, als ob in der
Kunst hier zwei verschiedene Ausgangspuncte gewesen wären;
der eine, der das Satanische in der Gestalt eines Mönches,
der andere, der es in der Gestalt eines Jägers darstellte;
jene war die kirchliche, diese die weltlich nationale. Jener

Weſen ziehen den Gerippewagen, das eine ganz vermaſert,
verhozzelt, ein rechtes Unthier, das andere mit einem ele¬
phantenartigen Fuß und einer Klaue, die eine Krücke hält.
Und über all dieſen Ausgeburten der ausgelaſſenſten Phan¬
taſie ſchwebt oben der Höllendrache und ſpeit Teufelszeu¬
gungen aus, die ſich in der Luft ſofort wieder vermehren,
wie ein böſer Gedanke eine Reihe anderer ins Unendliche
hervorbringt.

Die übermenſchliche Geſtaltung des Sataniſchen iſt im
Grunde eben ſo einfach, als die untermenſchliche mannigfaltig.
Wie phantaſtiſch aber auch die letztere ausſchweife, ſo kann
ſie doch einer Anknüpfung an die menſchliche nicht entbehren,
weil es ſich immer um die Freiheit des Menſchen handelt,
ſie zum Abfall von ihrer göttlichen Nothwendigkeit zu be¬
ſtimmen. Die Malerei hat daher ſelber der Schlange im
Paradieſe, wie ſie vom Baum der Erkenntniß herunter den
Protoplaſten ihre Sophismen vorträgt, ein menſchliches
Haupt mit einer liſtig ſchmeichleriſchen, boshaft freundlichen
Phyſiognomie gegeben. Da einmal für uns keine andere
Form, als die menſchliche, exiſtirt, die Perſönlichkeit des
Geiſtes anzuſchauen, ſo iſt es nur eine unvermeidliche Con¬
ſequenz der Kunſt, das Diaboliſche endlich auch in einfach
menſchlicher Geſtalt darzuſtellen. Iſt doch im Grunde die
des Teufels als eines böſen Engels auch keine andere. In
der Phantaſie macht auch die Vorſtellung, daß der Teufel
jede, alſo auch die menſchliche Geſtalt annehmen könne, den
Uebergang zur Vermenſchlichung. Es ſcheint, als ob in der
Kunſt hier zwei verſchiedene Ausgangspuncte geweſen wären;
der eine, der das Sataniſche in der Geſtalt eines Mönches,
der andere, der es in der Geſtalt eines Jägers darſtellte;
jene war die kirchliche, dieſe die weltlich nationale. Jener

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[379/0401] Weſen ziehen den Gerippewagen, das eine ganz vermaſert, verhozzelt, ein rechtes Unthier, das andere mit einem ele¬ phantenartigen Fuß und einer Klaue, die eine Krücke hält. Und über all dieſen Ausgeburten der ausgelaſſenſten Phan¬ taſie ſchwebt oben der Höllendrache und ſpeit Teufelszeu¬ gungen aus, die ſich in der Luft ſofort wieder vermehren, wie ein böſer Gedanke eine Reihe anderer ins Unendliche hervorbringt. Die übermenſchliche Geſtaltung des Sataniſchen iſt im Grunde eben ſo einfach, als die untermenſchliche mannigfaltig. Wie phantaſtiſch aber auch die letztere ausſchweife, ſo kann ſie doch einer Anknüpfung an die menſchliche nicht entbehren, weil es ſich immer um die Freiheit des Menſchen handelt, ſie zum Abfall von ihrer göttlichen Nothwendigkeit zu be¬ ſtimmen. Die Malerei hat daher ſelber der Schlange im Paradieſe, wie ſie vom Baum der Erkenntniß herunter den Protoplaſten ihre Sophismen vorträgt, ein menſchliches Haupt mit einer liſtig ſchmeichleriſchen, boshaft freundlichen Phyſiognomie gegeben. Da einmal für uns keine andere Form, als die menſchliche, exiſtirt, die Perſönlichkeit des Geiſtes anzuſchauen, ſo iſt es nur eine unvermeidliche Con¬ ſequenz der Kunſt, das Diaboliſche endlich auch in einfach menſchlicher Geſtalt darzuſtellen. Iſt doch im Grunde die des Teufels als eines böſen Engels auch keine andere. In der Phantaſie macht auch die Vorſtellung, daß der Teufel jede, alſo auch die menſchliche Geſtalt annehmen könne, den Uebergang zur Vermenſchlichung. Es ſcheint, als ob in der Kunſt hier zwei verſchiedene Ausgangspuncte geweſen wären; der eine, der das Sataniſche in der Geſtalt eines Mönches, der andere, der es in der Geſtalt eines Jägers darſtellte; jene war die kirchliche, dieſe die weltlich nationale. Jener

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/401>, abgerufen am 21.11.2024.