rige Curosität. Nur in der Combination mit dem Schönen erlaubt die Kunst dem Häßlichen das Dasein; in dieser Ver¬ bindung aber kann es große Wirkungen hervorbringen. Die Kunst bedarf seiner nicht nur zur Vollständigkeit der Welt¬ erfassung, sondern vorzüglich auch zur Wendung einer Hand¬ lung in's Tragische oder in's Komische.
Wenn nun die Kunst das Häßliche darstellt, so würde es, wie es scheint, gegen den Begriff desselben sein, es zu verschönen, denn in diesem Fall wäre ja das Häßliche nicht mehr häßlich, ganz abgesehen davon, ob nicht ein Verschönen des Häßlichen, als das sophistische Wegkünsteln einer ästheti¬ schen Lüge, nicht noch ein Häßliches mehr durch den innern Widerspruch hervorbringen würde, das Häßliche, also die Ne¬ gation des Schönen, doch wieder schön zu bilden, ihm folg¬ lich etwas Positives anzulügen, was gegen seine Natur ist und schließlich eine Caricatur des Häßlichen, einen Wider¬ spruch des Widerspruchs, zu erzeugen. So scheint es, wie gesagt, und doch ist es wahr, daß die Kunst auch das Hä߬ liche idealisiren, d. h. nach den allgemeinen Gesetzen des Schönen, die es durch seine Existenz verletzt, behandeln muß; nicht, als sollte die Kunst das Häßliche verbergen, verkleiden, verfälschen, mit ihm fremden Ausputz verzieren, wohl aber dasselbe, der Wahrheit unbeschadet, nach dem Maaß seiner ästhetischen Bedeutung gestalten. Dies ist nothwendig, denn die Kunst verfährt in dieser Weise mit aller Wirklichkeit. Die Natur, welche die Kunst uns darstellt, ist die wirkliche und doch nicht die gemein empirische Natur. Sie ist die Natur, wie sie sein würde, wenn ihre Endlichkeit ihr solche Vollendung gestattete. Und so ist die Geschichte, welche die Kunst uns gibt, die wirkliche und doch nicht die gemein empirische Geschichte. Sie ist die Geschichte nach ihrem
rige Curoſität. Nur in der Combination mit dem Schönen erlaubt die Kunſt dem Häßlichen das Daſein; in dieſer Ver¬ bindung aber kann es große Wirkungen hervorbringen. Die Kunſt bedarf ſeiner nicht nur zur Vollſtändigkeit der Welt¬ erfaſſung, ſondern vorzüglich auch zur Wendung einer Hand¬ lung in's Tragiſche oder in's Komiſche.
Wenn nun die Kunſt das Häßliche darſtellt, ſo würde es, wie es ſcheint, gegen den Begriff deſſelben ſein, es zu verſchönen, denn in dieſem Fall wäre ja das Häßliche nicht mehr häßlich, ganz abgeſehen davon, ob nicht ein Verſchönen des Häßlichen, als das ſophiſtiſche Wegkünſteln einer äſtheti¬ ſchen Lüge, nicht noch ein Häßliches mehr durch den innern Widerſpruch hervorbringen würde, das Häßliche, alſo die Ne¬ gation des Schönen, doch wieder ſchön zu bilden, ihm folg¬ lich etwas Poſitives anzulügen, was gegen ſeine Natur iſt und ſchließlich eine Caricatur des Häßlichen, einen Wider¬ ſpruch des Widerſpruchs, zu erzeugen. So ſcheint es, wie geſagt, und doch iſt es wahr, daß die Kunſt auch das Hä߬ liche idealiſiren, d. h. nach den allgemeinen Geſetzen des Schönen, die es durch ſeine Exiſtenz verletzt, behandeln muß; nicht, als ſollte die Kunſt das Häßliche verbergen, verkleiden, verfälſchen, mit ihm fremden Ausputz verzieren, wohl aber daſſelbe, der Wahrheit unbeſchadet, nach dem Maaß ſeiner äſthetiſchen Bedeutung geſtalten. Dies iſt nothwendig, denn die Kunſt verfährt in dieſer Weiſe mit aller Wirklichkeit. Die Natur, welche die Kunſt uns darſtellt, iſt die wirkliche und doch nicht die gemein empiriſche Natur. Sie iſt die Natur, wie ſie ſein würde, wenn ihre Endlichkeit ihr ſolche Vollendung geſtattete. Und ſo iſt die Geſchichte, welche die Kunſt uns gibt, die wirkliche und doch nicht die gemein empiriſche Geſchichte. Sie iſt die Geſchichte nach ihrem
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rige Curoſität. Nur in der Combination mit dem Schönen
erlaubt die Kunſt dem Häßlichen das Daſein; in dieſer Ver¬
bindung aber kann es große Wirkungen hervorbringen. Die
Kunſt bedarf ſeiner nicht nur zur Vollſtändigkeit der Welt¬
erfaſſung, ſondern vorzüglich auch zur Wendung einer Hand¬
lung in's Tragiſche oder in's Komiſche.
Wenn nun die Kunſt das Häßliche darſtellt, ſo würde
es, wie es ſcheint, gegen den Begriff deſſelben ſein, es zu
verſchönen, denn in dieſem Fall wäre ja das Häßliche nicht
mehr häßlich, ganz abgeſehen davon, ob nicht ein Verſchönen
des Häßlichen, als das ſophiſtiſche Wegkünſteln einer äſtheti¬
ſchen Lüge, nicht noch ein Häßliches mehr durch den innern
Widerſpruch hervorbringen würde, das Häßliche, alſo die Ne¬
gation des Schönen, doch wieder ſchön zu bilden, ihm folg¬
lich etwas Poſitives anzulügen, was gegen ſeine Natur iſt
und ſchließlich eine Caricatur des Häßlichen, einen Wider¬
ſpruch des Widerſpruchs, zu erzeugen. So ſcheint es, wie
geſagt, und doch iſt es wahr, daß die Kunſt auch das Hä߬
liche idealiſiren, d. h. nach den allgemeinen Geſetzen des
Schönen, die es durch ſeine Exiſtenz verletzt, behandeln muß;
nicht, als ſollte die Kunſt das Häßliche verbergen, verkleiden,
verfälſchen, mit ihm fremden Ausputz verzieren, wohl aber
daſſelbe, der Wahrheit unbeſchadet, nach dem Maaß ſeiner
äſthetiſchen Bedeutung geſtalten. Dies iſt nothwendig, denn
die Kunſt verfährt in dieſer Weiſe mit aller Wirklichkeit.
Die Natur, welche die Kunſt uns darſtellt, iſt die wirkliche
und doch nicht die gemein empiriſche Natur. Sie iſt die
Natur, wie ſie ſein würde, wenn ihre Endlichkeit ihr ſolche
Vollendung geſtattete. Und ſo iſt die Geſchichte, welche die
Kunſt uns gibt, die wirkliche und doch nicht die gemein
empiriſche Geſchichte. Sie iſt die Geſchichte nach ihrem
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/64>, abgerufen am 27.11.2024.
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